BFH-Urteil vom 20.3.2014, VI R 29/13
Reparaturaufwendungen infolge der Falschbetankung eines Pkw auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind nicht als Werbungskosten abziehbar.
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Rechtslage
Für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (bis 31.12.2013 = regelmäßige Arbeitsstätte) kann der Arbeitnehmer eine Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 € je vollen Entfernungskilometer als Werbungskosten geltend machen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG). Hierdurch sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte entstehen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EStG; z.B. auch Parkgebühren für das Abstellen des Fahrzeugs während der Arbeitszeit).
Abgeltungswirkung auch für außergewöhnliche Kosten
Die vorstehend beschriebene Abgeltungswirkung gilt auch für außergewöhnliche Kosten, wie z.B. Reparaturkosten infolge einer Falschbetankung des Fahrzeugs; diese beliefen sich im entschiedenen Streitfall auf 4.248 € wegen der Betankung des Fahrzeugs auf dem Weg zur Arbeitsstätte mit Benzin anstatt mit Diesel.
Der Bundesfinanzhof ist der Ansicht, dass Reparaturaufwendungen nicht als Werbungskosten neben der Entfernungspauschale abziehbar sind, da auch außergewöhnliche Kosten durch die Entfernungspauschale abgegolten sind. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des Einkommensteuergesetzes, wonach „sämtliche Aufwendungen“ durch die Entfernungspauschale abgegolten sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EStG), sowie aus der Systematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Denn die Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale hatte neben umwelt- und verkehrspolitischen Erwägungen auch und vor allem die Steuervereinfachung durch Typisierung zum Ziel.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Abgeltungswirkung haben die Münchner Richter nicht. Der Gesetzgeber dürfe sich nämlich am Regelfall orientieren und sei nicht verpflichtet, allen Besonderheiten durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen.
Sonderfall Unfallkosten
Allerdings lässt die Finanzverwaltung Unfallkosten, die auf der Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte entstehen, neben der Entfernungspauschale zum Werbungskostenabzug zu (H 9.10 Stichwort „Unfallschäden“ Lohnsteuer-Handbuch 2014). Auch wenn der Bundesfinanzhof im Streitfall über Unfallkosten nicht entscheiden brauchte, so macht er in der Urteilsbegründung dennoch deutlich, dass sämtliche Aufwendungen – unabhängig von ihrer Art und Höhe – unter die Abgeltungswirkung fallen und die Gesetzesmaterialien bezüglich der zusätzlichen Berücksichtigung von Unfallkosten letztlich sogar widersprüchlich seien.
Es bleibt abzuwarten, ob diese Ausführungen schließlich zu einer Änderung der Verwaltungsauffassung betreffend der Unfallkosten führen.
Dipl. Finanzwirt (FH) Jürgen Plenker
BC 7/2014
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