Der BFH bestätigt, dass Zuschüsse für eine fremdbewirtschaftete Kantine unter bestimmten Voraussetzungen entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung kein Entgelt Dritter darstellen. Die Unternehmen beziehen vielmehr direkt Leistungen in Form der Kantinenbewirtschaftung. Allerdings verneint der BFH einen Vorsteuerabzug, da die Leistungen im Zusammenhang mit unentgeltlichen Wertabgaben an die Arbeitnehmer stünden.
Der BFH sieht damit im Urteilsfall einen Leistungsbezug für das Unternehmen, aber kein überwiegendes betriebliches Interesse an der Kantinenbewirtschaftung. Betroffene Unternehmen sollten nun prüfen, ob in ihrem Fall nicht doch ein überwiegend betriebliches Interesse und damit das Recht auf Vorsteuerabzug bestehen.
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1. Hintergrund
Zuschüsse zu fremdbewirtschafteten Kantinen werden von der Finanzverwaltung nicht als Entgelt für die Kantinenbewirtschaftung angesehen (Abschn. 1.8 Abs. 12 Nr. 3 Beispiel 3 UStAE). Sie sollen vielmehr Entgelt von dritter Seite an den Caterer für den Verkauf der Mahlzeiten an die Arbeitnehmer sein. Den die Zuschüsse zahlenden Unternehmen steht kein Vorsteuerabzug zu, da diese nicht als Leistungsempfänger gelten. Die Caterer verzichten deshalb in ihren Zuschuss-Abrechnungen entweder auf einen offenen Umsatzsteuerausweis oder weisen darauf hin, dass kein Vorsteuerabzug möglich ist. Andernfalls würde eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG drohen.
An dieser Sichtweise bestanden erhebliche Zweifel. Der BFH hatte z.B. bereits entschieden, dass Zuschüsse der öffentlichen Hand an den privaten Betreiber eines Schwimmbades Entgelt für die Aufrechterhaltung des Badebetriebs darstellen und damit kein Entgelt von dritter Seite für die Benutzung durch die Badegäste (Urteil vom 19.11.2009, V R 29/08).
2. FG und BFH widersprechen Regelung im UStAE
Der BFH hat der Auffassung der Finanzverwaltung mit Urteil vom 29.1.2014 (XI R 4/12) widersprochen und die vorinstanzliche Entscheidung des FG Nürnberg bestätigt, zumindest für die Frage des Leistungsaustauschs zwischen Caterer und zuschusszahlenden Unternehmen.
Das FG Nürnberg (Urteil vom 22.11.2011, 2 K 1408/08) hatte den Zuschuss als Entgelt für die Kantinenbewirtschaftung eingeordnet. Das Unternehmen habe seinen Beschäftigten eine Kantine zur Verfügung stellen können, die zu günstigen Konditionen eine breite Palette an Speisen und Getränken angeboten habe. Das FG ging davon aus, dass es sich bei der Kantinenbewirtschaftung um einen eigenen, dem Unternehmen unmittelbar zugutekommenden Vorteil gehandelt habe, weil das Kantinenangebot einen Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach qualifizierten Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt darstelle.
Die Finanzverwaltung wird damit nicht an den bisherigen Grundsätzen festhalten können und den UStAE entsprechend ändern müssen.
3. Kein Vorsteuerabzug wegen unentgeltlicher Wertabgabe
Allerdings hat der BFH letztlich doch den Vorsteuerabzug verwehrt, da das Unternehmen die vom Caterer bezogene Leistung der Kantinenbewirtschaftung für unentgeltliche Wertabgaben an die Arbeitnehmer verwendet habe. Die Kantinenbewirtschaftung diene dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und sei nicht durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt. Der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer aus der mit der Bewirtschaftung verbundenen verbilligten Abgabe von Mahlzeiten ziehen, erscheine gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens nicht als untergeordnet. Ein Vorsteuerabzug wegen überwiegend betrieblichen Interesses entsprechend dem Urteil des EuGH vom 11.12.2008 (Danfossund AstraZeneca, C-371/07) scheide daher aus.
4. Fazit
Zunächst ist festzustellen: Caterer dürften in allen mit dem Urteilsfall vergleichbaren Konstellationen kein Risiko eines unberechtigten Steuerausweises nach § 14c UStG mehr haben. Einem offenen Steuerausweis in der Zuschuss-Abrechnung steht damit auch nichts mehr im Wege.
Die Zweifel bezüglich der Frage, ob eine kostenlose Überlassung von Küchen- und Kantinenräumen, Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen sowie Koch- und Küchengeräten u.Ä. nicht eine unentgeltliche Wertabgabe darstellt, sind damit ebenfalls ausgeräumt. Je nach Ausgestaltung könnte dies eine kostenlose Leistungsbeistellung bedeuten. Es ist auch ein steuerbarer tauschähnlicher Umsatz denkbar (Abschn. 1.1 Abs. 6 UStAE). Dann wäre für den korrespondierenden Vorsteuerabzug ein Belegaustausch mit Steuerausweis erforderlich.
Für die Unternehmen stellt sich zudem die Frage, ob die Kantinenbewirtschaftung unter den besonderen Umständen des Einzelfalls überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst sein könnte. Gemäß Rechtsprechung von EuGH und BFH sowie Abschn. 1.8 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 UStAE sind solche Leistungen nicht steuerbar. Sie liegen vor, wenn betrieblich veranlasste Maßnahmen zwar auch die Befriedigung eines privaten Bedarfs der Arbeitnehmer zur Folge haben, diese Folge aber durch die mit den Maßnahmen angestrebten betrieblichen Zwecke überlagert wird. Das ist z.B. dann der Fall, wenn unentgeltlich
- Parkplätze überlassen werden (Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 5 UStAE),
- Betriebskindergärten unterhalten werden (Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 7 UStAE) oder
- Arbeitnehmer befördert werden, die nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln in angemessener Zeit zum Arbeitsplatz gelangen (Abschn. 1.8 Abs. 15 Satz 2 Nr. 1 UStAE).
Warum aber soll z.B. eine Kantinenbewirtschaftung an einem Standort ohne geeignete Verpflegungsmöglichkeiten in ausreichender Nähe nicht auch überwiegend betrieblich veranlasst sein? Wenn die private Mitveranlassung der Beförderung zum Arbeitsplatz unter ungünstigen Bedingungen von untergeordneter Bedeutung sein soll, muss dies auch für die Verpflegung unter ungünstigen Umständen (Entfernung, Preis, Qualität) gelten. Ein Vorsteuerabzug aus Kantinenzuschüssen – der in der Regel nicht unbeträchtlich ist – könnte daher in bestimmten Fällen möglich sein.
Dipl.-Finanzw. (FH) Ronny Langer, Steuerberater und Partner der auf Umsatzsteuerrecht spezialisierten Kanzlei küffner maunz langer zugmaier, München
BC 6/2014
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