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Firmen-Kfz-Nutzung durch einen Unternehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 5.6.2014, XI R 36/12

 

Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte erfolgt nicht für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, und ist mithin nicht als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen.

 

 

Praxis-Info!

Problemstellung

Ein Einzelunternehmer war zugleich alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Der Sitz der GmbH lag am Wohnsitz des Einzelunternehmers in A, deren Niederlassung (Produktionsstätte) befand sich hingegen in einem anderen Ort (B). Zwischen dem Einzelunternehmer (als Organträger) und der GmbH (als Organgesellschaft) bestand eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft. Der Einzelunternehmer hatte Anspruch auf Benutzung eines der GmbH gehörenden Pkw auch für private Zwecke. Die GmbH nutzte im Wohnhaus des Einzelunternehmers in A einen Kellerraum aufgrund vertraglicher Gestattung zur Unterbringung eines Serverschranks. Nach Angaben des Einzelunternehmers habe dieser im Kellerraum regelmäßig Daten der GmbH gesichert. Deshalb hätten die Fahrten ausschließlich unternehmerischen Zwecken gedient.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, bei dem beruflich genutzten Kellerraum handle es sich um ein häusliches Arbeitszimmer des Einzelunternehmers. Deshalb seien nicht – wie vom Einzelunternehmer angenommen – Dienstreisen zwischen A und B, sondern vielmehr Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gegeben. Das Finanzamt erfasste dementsprechend beim Einzelunternehmer einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil. Ferner unterwarf das Finanzamt – was streitig war – die Fahrten des Einzelunternehmers zwischen seinem Wohnsitz in A und der GmbH-Niederlassung in B als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer.

 

 

Lösung

Der BFH vertrat eine andere Auffassung als das Finanzamt. Die streitbefangene Pkw-Verwendung ist nicht als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern.

 

 

Nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt „die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen“.

 

 

Ein Arbeitnehmer ist (arbeitsrechtlich) verpflichtet, während der vereinbarten Zeit an der Arbeitsstätte zu sein. Aus diesem Grund gibt es keinen unternehmerischen (betrieblichen) Grund, den Arbeitnehmer vom Wohnort zum Unternehmen (Betrieb) und zurück zu befördern. Eine unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück mit einem betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber dient somit regelmäßig dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und damit unternehmensfremden Zwecken.

Unter besonderen Umständen kann es jedoch für den Arbeitgeber erforderlich sein, selbst die Beförderung der Arbeitnehmer von ihrer Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück sicherzustellen bzw. zu übernehmen. Dies gilt beispielsweise dann, wenn nur der Arbeitgeber ein geeignetes Verkehrsmittel bieten kann oder wenn es sich nicht um eine feste, sondern um eine wechselnde Arbeitsstätte handelt. Unter solchen besonderen Umständen erfolgt die Organisation der Beförderung durch den Arbeitgeber zu unternehmerischen Zwecken. Der persönliche Vorteil, den der Arbeitnehmer dadurch hat, erscheint gegenüber dem Bedarf des Unternehmens nur als nebensächlich.

Entsprechende Fahrten des Unternehmers sind demgegenüber anders zu beurteilen: Im Unterschied zum Arbeitnehmer sucht ein Unternehmer – wie im Streitfall der Einzelunternehmer als Organträger der GmbH – seinen Betrieb auf, um dort unternehmerisch tätig zu sein. Seine Fahrten zwischen Wohnort und Unternehmen (Betrieb) dienen der Ausführung von Umsätzen. Angesichts des klaren Überwiegens der unternehmerischen Verwendung ist es unbeachtlich, inwieweit die Heimfahrten auch privaten Charakter haben. Diese Fahrten sind demzufolge als unternehmerisch veranlasste Fahrten einzustufen.

Die Beurteilung, ob der Kellerraum eine Betriebsstätte oder ein häusliches Arbeitszimmer darstellt, ist somit unerheblich. Da die Fahrten – wie ausgeführt – maßgeblich der Ausführung von Umsätzen dienen, kommt es von vornherein nicht auf die räumlichen Begebenheiten am Wohnsitz eines Unternehmers an.

 

 

Praxishinweise:

Wird demgegenüber ein dem Unternehmen zugeordneter Pkw an einen Gesellschafter-Geschäftsführer zur privaten Nutzung überlassen, unterliegt diese Überlassung der Umsatzsteuer (Regelsteuersatz 19%). Das gilt auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Dies hat der BFH jüngst in seinem Urteil vom 5.6.2014 (XI R 2/12) entschieden.

Wegen der Höhe der Bemessungsgrundlage ist danach zu unterscheiden,

  • ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Nutzungsüberlassung und der Arbeitsleistung besteht (tauschähnlicher Umsatz gemäß § 3 Abs. 12 Satz 2, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) oder
  • ob die Nutzungsüberlassung ohne eine Gegenleistung hierfür erfolgt (unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG).

Steht der Pkw-Überlassung ein Entgelt in Gestalt einer anteiligen Arbeitsleistung gegenüber, liegt ein tauschähnlicher Umsatz vor, bei dem der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz gilt. Ausschlaggegend ist hierbei die Arbeitsleistung des Gesellschafter-Geschäftsführers in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer (Arbeitnehmer). Dieser Wert kann anhand der Kosten bzw. Ausgaben für die Überlassung des Pkw geschätzt werden. Bei einem tauschähnlichen Umsatz gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG).

Für die unentgeltliche Wertabgabe sind als Bemessungsgrundlage die Kosten bzw. Ausgaben anzusetzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG). Die nichtunternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw ist (unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH einen dem Unternehmen zugeordneten Pkw in seiner Eigenschaft als Gesellschafter zu privaten Zwecken nutzt, ohne dass er hierfür eine Gegenleistung erbringt.

Aus Vereinfachungsgründen kann die anzusetzende Bemessungsgrundlage nach Wahl des Unternehmers aufgrund entsprechender Verwaltungsvorschriften – sowohl bei einem tauschähnlichen Umsatz als auch bei einer unentgeltlichen Wertabgabe – nach lohn- bzw. ertragsteuerrechtlichen Werten geschätzt werden. Solche Vereinfachungsregelungen ergeben sich aus dem BMF-Schreiben vom 5.6.2014 (IV D 2 – S 7300/07/10002 001, BStBl. I 2014, 896, unter II. 2. a) – lohnsteuerrechtliche Werte – bzw. unter I. 5. a) aa) – sog. 1%-Regelung abzüglich Abschlag von 20%), das in allen offenen Fällen anwendbar ist. Die Vereinfachungsregelung ist eine einheitliche Schätzung, die von einem Unternehmer nur insgesamt oder gar nicht in Anspruch genommen werden kann.

 

[Anm. d. Red.] 

 

 

 

BC 11/2014

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