Sächsisches FG, Urteil vom 3.3.2005, 2 K 1262/00 (Revision eingelegt, Az. BFH: VI R 27/05)
- Erstellt der Steuerpflichtige auf Grund täglich gefertigter Klebezettel mit Reiseziel, Abfahrt- und Ankunftszeiten und gefahrenen Kilometern regelmäßig und zeitnah Monatsübersichten, ist dies zur Ermittlung des privaten Nutzungsanteils als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch anzuerkennen. Das gilt zumindest dann, wenn aus den einzelnen Aufzeichnungen im Einzelnen nachvollzogen werden kann, an welchem Tag der Steuerpflichtige aus welchem Grund den Wagen dienstlich genutzt hat und in welchem Umfang die dienstliche Nutzung erfolgt ist.
- Wenn auf Grund der zeitnah erstellten Monatsaufzeichnungen ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorhanden ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob das Fahrtenbuch selbst zeitnah oder erst einige Zeit später (hier: sechs Jahre) angelegt wurde.
Praxis-Info!
Erfahrungsgemäß fällt es Unternehmen schwer, die formellen Anforderungen an ein Fahrtenbuch zu erfüllen. Überzogenen Forderungen der Finanzverwaltung ist nunmehr das Sächsische FG – wie die Leitsätze verdeutlichen – entgegengetreten: Entscheidend sei, mit Hilfe der Aufzeichnungen – ggf. in Verbindung mit anderen Belegen – den Umfang der unternehmerischen Nutzung genau nachvollziehen zu können.
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um die Berechnung des geldwerten Vorteils für die Privatnutzung eines betrieblichen Kfz. Der Pkw des Arbeitgebers wurde vom angestellten Geschäftsführer – bedingt durch seine berufliche Tätigkeit – in großem Umfang genutzt, um verschiedene Städte Deutschlands zu bereisen. Für die Privatfahrten (insbesondere zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) des Geschäftsführers sowie für die Dienstfahrten mit dem Betriebs-Kfz wurden zeitnahe Aufzeichnungen gemacht. Auf einem Abrissblock sind nach jeder Fahrt folgende Angaben notiert worden, wobei pro Tag ein eigener Zettel verwendet wurde:
- Datum,
- Abfahrts- und Ankunftszeiten,
- Ortsbezeichnungen (als Kürzel),
- zurückgelegte Kilometer,
- Kilometerstände bei Ankunft an der Privatwohnung,
- Anlass der jeweiligen Reise (stichwortartig).
Spätestens am Ende derselben Woche wurden die Angaben in eine selbst gefertigte Monatsübersicht eingetragen, auf deren Grundlage ein Fahrtenbuch erstellt wurde.
Das Finanzamt beanstandete u.a. die Art und Weise der Erfassung von beruflichen und privaten Fahrten: Nicht der Kilometerstand zu Beginn und Ende der jeweiligen Fahrt wurde aufgezeichnet, sondern die beruflich und privat gefahrenen Kilometer sind jeweils als Tagessummen zusammengefasst worden.
Beurteilung
Das Fahrtenbuch wurde nach Auffassung des FG ordnungsgemäß geführt (Nachweis des Verhältnisses der privaten Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und den übrigen Fahrten). Was unter dem Begriff des „ordnungsgemäßen Fahrtenbuches“ (gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht definiert. Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form der Führung vor.
Aus den Aufzeichnungen des Geschäftsführers ist ersichtlich,
- an welchem Tag,
- aus welchem Grund,
- in welchem Umfang,
- an welchen Orten,
- zu wie vielen Kilometern
das betriebliche Kfz genutzt wurde.
Auch wenn es zu den Mindestanforderungen der Finanzverwaltung (z.B. Reiseziel, -route, -zweck) gehört, bezüglich jeder einzelnen Fahrt die Kilometerstände zu Beginn und am Ende der jeweiligen Fahrt zu notieren, kann hiervon abgewichen werden. Dies ist der Fall, wenn sich die Führung eines Fahrtenbuchs auf Grund des Umfangs und der Vielzahl der Fahrten in der Praxis als schwierig und als reine Förmelei erweist. Aus den Aufzeichnungen sollte sich zudem ohne erhebliche Bedenken abgeleiten lassen, in welchem Umfang die Privatnutzung erfolgt. Da es sich bei den Aufzeichnungen immer um Eigenbelege handelt, können Unrichtigkeiten hinsichtlich einzelner Notizen nie mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus äußert sich § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht dazu, zu welchem Zeitpunkt das Fahrtenbuch erstellt sein muss. Entscheidend ist, ob es dem Steuerpflichtigen auf Grund zeitnaher Aufzeichnungen jederzeit möglich ist, nachträglich ein solches Fahrtenbuch zu erstellen.
Praxishinweis: - Das Urteil des Sächsischen FG hat Bedeutung im Blick auf die geplante Neuregelung im Gesetzentwurf zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen (vgl. auch BC 1/2006, S. VI, hier: Danach soll die pauschale Bemessung des privaten Nutzungsanteils für Kfz (1%-Regelung) nur noch für Fahrzeuge des notwendigen Betriebsvermögens anwendbar sein (d.h. Kfz, die zu mindestens 50% betrieblich genutzt werden). Folge: Fahrzeuge mit hoher Privatnutzung (zwischen 50% und 90%) müssen voraussichtlich für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2005 beginnen, einen Nachweis führen können, in welchem Verhältnis das Fahrzeug tatsächlich für den Betrieb genutzt wird. Da der Gesetzgeber nicht ausdrücklich die Führung eines Fahrtenbuchs fordert, könnten auch Aufzeichnungen in der oben dargestellten Form als zulässig gelten.
- Die „Zettel-Wirtschaft“ im vorliegenden Streitfall lässt sich allerdings auch durch die Integration eines elektronischen Fahrtenbuchs in das Kfz-Navigationssystem vermeiden: Durch die Digitalisierung können Datum, Kilometerstand zu Beginn/am Ende der Fahrt, Reiseziel mit Reiseroute, Abfahrts-/Ankunftszeiten automatisch erfasst werden, während der Reisezweck mit Angabe des aufgesuchten Geschäftspartners nachträglich einzugeben ist. Praxishinweise zum Führen eines Fahrtenbuches (u.a. mit Softwareunterstützung, Mindestangaben) finden Sie in BC 2/2005, S. XII, sowie in aktualisierter Form hier.
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[Anm. d. Red.]
BC 2/2006
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