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Bilanzsteuerliche Behandlung von Gesellschafter-Darlehen in der Krise

Christian Thurow

FG Köln, Urteil vom 18.3.2014, 1 K 3127/11

 

Unter bestimmten Voraussetzungen werden Gesellschafter-Darlehen in der Krise wie Eigenkapital behandelt. Je nach Zweck der Umqualifizierung bestehen allerdings unterschiedliche Voraussetzungen. So macht es einen Unterschied, ob die Umqualifizierung im Rahmen der Überschuldungsbilanz erfolgt oder ob sie zur Umqualifizierung des Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten dient.

In einem aktuell veröffentlichten Urteil hat das Finanzgericht Köln nun ausführlich zu den verschiedenen Szenarien Stellung genommen.

 

 

Praxis-Info!

Kommt es zu einer Unternehmenskrise, bleibt die Finanzierung durch die Gesellschafter häufig die einzige Finanzierungsalternative. Dabei werden auch Gesellschafter-Darlehen wie Eigenkapital behandelt, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen (zu den verschiedenen Arten der Gewährung von Gesellschafter-Darlehen siehe die Abbildung).

 

Abb.: Arten der Gewährung von Gesellschafter-Darlehen

 

 

 

1. Krisenbestimmtes Darlehen

Hierunter versteht man ein Darlehen, welches der Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise gewährt und das eigenkapitalersetzenden Charakter hat. Von einem eigenkapitalersetzenden Charakter ist auszugehen, wenn der Gesellschafter das Darlehen erst nach Eintritt der Krise gewährt hat, da ein ordentlicher Kaufmann ab diesem Zeitpunkt Eigenkapital zugeführt hätte. Hier kommt es also darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Gesellschafter Kenntnis vom Eintritt der Krise erlangt hat (oder bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte erlangen müssen).

Das krisenbestimmte Darlehen ist als Eigenkapital in der Überschuldungsbilanz anzusetzen. Es stellt auf Ebene des Gesellschafters nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung dar.

 

 

2. Rangrücktritt-Darlehen

Die Prüfung, ab wann die Krise eingetreten bzw. ab wann der Gesellschafter hiervon Kenntnis bekommen hat, kann unterbleiben, wenn der Gesellschafter bereits im Vorfeld erklärt hat, er werde das Darlehen auch in der Krise stehen lassen. Die Erklärung des Darlehens als Mittel zur Krisenfinanzierung kann auch durch die objektiven Umstände der Darlehenshingabe erfolgen. Hierzu zählt der Rangrücktritt, durch den das außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers außer Kraft gesetzt wird.

Gemäß der BFH-Rechtsprechung und den durch das MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen) eingeführten Änderungen der Insolvenzordnung (vgl. § 19 Abs. 2 InsO) bedarf es eines qualifizierten Rangrücktritts, um ein Gesellschafter-Darlehen in der Überschuldungsbilanz als Eigenkapital anzusetzen. Ein qualifizierter Rangrücktritt liegt vor, wenn der Darlehensgeber nicht nur im Rang hinter alle anderen Gesellschaftsgläubiger zurücktritt, sondern auch im Rang nicht vor die anderen Gesellschafter tritt. Das heißt: Er kann im Insolvenzfall seine Darlehensansprüche nicht vor, sondern nur zugleich mit den Eigenkapitalansprüchen der übrigen Gesellschafter geltend machen.

Ein einfacher Rangrücktritt, d.h. ein Rücktritt hinter die übrigen Gläubiger, aber vor die übrigen Gesellschafter reicht für eine Umqualifizierung des Darlehens in der Überschuldungsbilanz nicht aus. Für Zwecke der Einkommensteuer auf Ebene des Gesellschafters genügt jedoch der einfache Rangrücktritt (laut dem oben genannten Urteil des Finanzgerichts Köln), um das Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung zu werten.

 

 

3. Finanzplan-Darlehen

Auf eine Untersuchung des Zeitpunkts des Kriseneintritts kann ebenfalls verzichtet werden, wenn das Darlehen von vornherein in der Finanzplanung als notwendige Kapitalausstattung der Gesellschaft erfasst wurde. Nach der Rechtsprechung des BFH werden solche „finanzplanmäßigen” Kredite zur Finanzierung des Unternehmenszwecks den Einlagen gleichgestellt. Somit kann ein Ansatz als Eigenkapital in der Überschuldungsbilanz erfolgen, und das Darlehen stellt auf Ebene des Gesellschafters nachträgliche Anschaffungskosten dar.

Das Urteil des Finanzgerichts Köln befasst sich auch mit dem sog. Kleinanlegerprivileg (im Sinne des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F.). Dieses trat am 24.4.1998 in Kraft und besagte: Die Regelungen für den Eigenkapitalersatz sind nicht anwendbar, wenn der Gesellschafter zu 10% oder weniger an der Gesellschaft beteiligt war. Das Darlehen im Ausgangsfall wurde vor Inkrafttreten des Kleinanlegerprivilegs ausgereicht. Aus Sicht des Finanzamts waren die Regelungen jedoch auch auf bestehende Darlehen anwendbar. Dem widerspricht das Finanzgericht Köln. Die Regelungen des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F. waren nur auf die Darlehen anwendbar, die nach Inkrafttreten der Regelung ausgereicht wurden bzw. bei denen die eigenkapitalersetzende Wirkung (also der Eintritt der Krise) erst nach Inkrafttreten stattgefunden hat.

 

 

Praxishinweise:

  • Durch das am 1.11.2008 in Kraft getretene MoMiG wurden auch die Regelungen zum Gesellschafter-Darlehen in der Krise neu geregelt (vgl. ausführlich Bode/Herzing, BC 2009, 227 ff., Heft 5). So ist nunmehr auch eine Rückzahlung der Gesellschafter-Darlehen in der Krise möglich.
  • Bei der Umwandlung eines Gesellschafter-Darlehens in nachträgliche Anschaffungskosten ist darauf zu achten, ob eine Wertminderung vorliegt. Beispiel: Die Gesellschaft befindet sich in der Krise. Im Insolvenzfall könnten die Verbindlichkeiten nur zu 50% bedient werden. Somit sind die Forderungen der Gläubiger nicht in voller Höhe werthaltig. Entsprechend darf der Gesellschafter seine Forderung nicht in voller Höhe als nachträgliche Anschaffungskosten bewerten.
 
 
 
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 5/2014

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