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Teilwertabschreibung auf Wertpapiere im Anlagevermögen

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BFH-Urteile vom 21.9.2011, I R 89/10 und I R 7/11

 

  1. Von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ist bei börsennotierten Aktien grundsätzlich dann auszu­gehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter denjenigen im Zeitpunkt des Aktienerwerbs gesunken ist und der Kursver­lust die Bagatellgrenze von 5% der Notierung bei Erwerb über­schreitet. Auf die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag kommt es hierbei nicht an.
  2. Ob Investmentanteile aufgrund einer voraussichtlich dauernden Minderung ihres Werts auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden können, ist nach den für börsennotierte Aktien gel­tenden Grundsätzen zu entscheiden, wenn das Vermögen des In­vestmentfonds überwiegend in an Börsen gehandelten Aktien an­gelegt ist (sog. Aktienfonds).

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Strittig war in den dem BFH vorgelegten Fällen, ob die Voraussetzungen einer voraussichtlich dauernden Wertminderung bei börsennotierten Aktien bzw. bei Investmentanteilen vorliegen, die im Anlagevermögen gehalten werden. Unter Bezug auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 ist der BFH hierbei von der strengen Auffassung der Finanzverwaltung abgewichen. Denn hiernach ist nur dann von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn

–  der Börsenkurs der Aktien oder der Rücknahmepreis der Fondsanteile zum jeweiligen Bilanzstichtag um mehr als 40% oder

–  an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen um jeweils mehr als 25% unter die Anschaffungskosten

gesunken ist. Diese hohen Schwellenwerte werden in der Praxis nur in Ausnahmefällen erfüllt. Der derzeitigen Verunsicherung auf den Finanzmärkten wird eine solch strenge Regelung insbesondere auch unter dem im Bilanzrecht maßgeblichen Vorsichtsprinzip nicht gerecht. In welcher Bandbreite Kursverluste als nur vorübergehende Wertschwankungen zu beurteilen sind, war bislang höchstrichterlich nicht abschließend geklärt.

 

 

Lösung

Der BFH geht davon aus, dass eine einzelfallbezogene Prüfung der voraussichtlichen Dauer von Kursdifferenzen sowohl die Finanzbehörden als auch die Steuerpflichtigen überfordern würde, und entwickelt deshalb eine pragmatisch handhabbare Bagatellgrenze. Hierbei darf von dem grundsätzlich maßgeblichen Börsenkurs zum Bilanzstichtag nur ausnahmsweise abgerückt werden, z.B. wenn in Fällen eines sog. Insiderhandels oder aufgrund äußerst geringer Handelsumsätze konkrete und objektiv nachprüfbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Börsenkurs nicht den tatsächlichen Anteilswert widerspiegelt.

Zum Hintergrund: Statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Teilwert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Der BFH beurteilt die Frage, ob Kursverluste innerhalb einer gewissen Bandbreite als nur vorübergehende Wertschwankungen zu beurteilen sind, nun dahin, dass dem Grunde nach jede Minderung des Kurswerts die Annahme einer – gegenüber dem Kurswert im Zeitpunkt des Aktienerwerbs – voraussichtlich dauernden Wertminderung rechtfertigt und damit weder die im BMF-Schreiben vom 26.3.2009 (BStBl. 2009 I, S. 514 – siehe hier) vertretenen noch die von der Vorinstanz in Anlehnung an die Auffassung des IDW befürworteten Schwellenwerte unterschritten sein müssen. Lediglich minimale und deshalb vernachlässigbare Kursverluste seien mit Blick auf die gebotene Vereinfachung außer Ansatz zu lassen.

Konkret wendet der BFH hierfür die Bagatellgrenze wie folgt an: Typisierend ist eine Teilwertabschreibung zulässig, wenn der Kurs am Bilanzstichtag um mehr als 5% unter dem Börsenwert im Anschaffungszeitpunkt liegt.

 

 

 

Praxishinweise:

  • Insbesondere für die jetzt unmittelbar anstehende Aufstellung der Abschlüsse für 2011 eröffnet der BFH die Inanspruchnahme niedrigerer Schwellenwerte als bisher von der Finanzverwaltung zugelassen.
  • Für festverzinsliche Wertpapiere (im Umlaufvermögen) vertritt der BFH eine andere Auffassung, die in BC in der Besprechung des Urteils vom 8.6.2011 (I R 98/10, vgl. Hoffmann, BC 12/2011, S. 525 f.) erläutert wurde: Hier sei zu berücksichtigen, dass diese Wertpapiere regelmäßig eine Forderung in Höhe des Nominalwerts des Papiers verbriefen. Der Inhaber eines solchen Papiers habe mithin das gesicherte Recht, am Ende der Laufzeit diesen Nominalwert zu erhalten. Der BFH schloss sich deshalb im Streitfall der schon vom Finanzamt vertretenen Auffassung an, wonach Kursrückgänge bei festverzinslichen Wertpapieren unter ihren Nennbetrag eine gewinnmindernde Teilwertabschreibung grundsätzlich nicht rechtfertigen.
  • Zuvor hatte der BFH im Urteil vom 26.9.2007, I R 58/06 (siehe hier), entschieden: Eine Teilwertabschreibung bei Aktien, die als Finanzanlage gehalten werden, ist immer dann zulässig, wenn der Börsenkurs zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und keine konkreten Anhaltspunkte für ein alsbaldiges Ansteigen vorliegen. An dieser Rechtsprechung hält der BFH fest und präzisiert sie mit Rücksicht auf die im Urteil vom 26.9.2007 offengebliebene Frage, ob Kursverluste innerhalb einer gewissen Bandbreite als nur vorübergehende Wertschwankungen zu beurteilen sind, dahin, dass grundsätzlich jede Minderung des Kurswerts die Annahme einer (gegenüber dem Kurswert im Zeitpunkt des Aktienerwerbs) voraussichtlich dauernden Wertminderung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 n.F. rechtfertigt.
  • Der BFH geht damit weit über die Schwelle von 20% hinaus, die das FG Köln im Urteil vom 24.8.2011, 13 K 1567/07 (BC 10/2011, S. 431, mit ausführlichen Berechnungsbeispielen erläutert von Thurow), genannt hatte.
  • Die oben beschriebene, restriktive Position der Finanzverwaltung wurde zuletzt im BMF-Schreiben vom 5.7.2011, IV C 1 – S 1980-1/10/10011 :006 (siehe hier) erläutert; mit einer alsbaldigen Reaktion auf die neue BFH-Rechtsprechung darf gerechnet werden.

 

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

 

BC 1/2012

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