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Schluss- und Aufgabebilanz bei einer Betriebsaufgabe

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 5.5.2015, X R 48/13

 

Bei einer Betriebsaufgabe ist sowohl eine Schluss- als auch eine Aufgabebilanz zu erstellen. Dabei kann es zu unterschiedlichen Wertansätzen der Vermögensgegenstände und Schulden kommen.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine GmbH stellte ihren Betrieb ein. In der Aufgabebilanz wurde eine Rückstellung für „Haftung aus Grundschuld“ gebildet. Diese durfte nach Ansicht des Finanzamts nicht mehr gebildet werden, da die Grundstücke bereits vor Aufstellung der Aufgabebilanz verkauft wurden. Darüber hinaus war die Bewertung der Grundstücke zwischen Finanzamt und GmbH strittig.

Bei den Bewertungsfragen gab das erstinstanzliche Finanzgericht der GmbH teilweise recht; die Bildung einer Rückstellung war jedoch auch aus Sicht des Finanzgerichts nicht möglich.

 

 

Lösung

Nach Auffassung des BFH hat das Finanzgericht eine Unterscheidung zwischen Schluss- und Aufgabebilanz versäumt:

  • Eine Schlussbilanz schließt die laufende gewerbliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen ab. Sie ist zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zu erstellen. In der Schlussbilanz ist das Betriebsvermögen nach den Vorschriften des § 4 Abs. 1 EStG oder des § 5 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 EStG). Mittels Vergleich mit dem Betriebsvermögen des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (bereinigt um Einlagen und Entnahmen) wird anschließend der Gewinn des Rumpfgeschäftsjahres ermittelt und der normalen Ertragsbesteuerung unterworfen.
  • Die Aufgabebilanz ist auf den Zeitpunkt der Aufgabeerklärung (an das Finanzamt) aufzustellen. In der Aufgabebilanz sind die Vermögensgegenstände und Schulden (gemäß § 16 Abs. 3 EStG) mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Aus dem Vergleich des Betriebsvermögens der Schlussbilanz mit dem Betriebsvermögen der Aufgabebilanz (vermindert um die Aufgabekosten) ergibt sich der Aufgabegewinn bzw. -verlust.

Große Bedeutung kommt der Bestimmung des Zeitpunkts der Betriebsaufgabe zu. Eine Betriebsaufgabe liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine „betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbstständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen“. Die Betriebsaufgabe beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, welche objektiv zur Auflösung des Betriebs dient. Dabei kann auch die Veräußerung von nicht betriebsnotwendigem Vermögen einen ersten Schritt zur Auflösung des Betriebs darstellen.

Im Ausgangsfall ist die Rückstellung für Haftung aus Grundschuld in der Schlussbilanz zu bilden. Ob ein Ansatz auch in der Aufgabebilanz zulässig ist, muss nun vom Finanzgericht geprüft werden.

 

 

Praxishinweis:

  • Im Rahmen einer Betriebsaufgabe sollten Steuerpflichtige genau dokumentieren, zu welchem Zeitpunkt der Entschluss zur Betriebsaufgabe gefasst wurde. So lassen sich spätere Streitigkeiten mit dem Finanzamt vermeiden.
  • Steuerlich kann es einen Unterschied machen, ob Sachverhalte wie der Verkauf von Vermögensgegenständen in die Gewinnermittlung des Rumpfgeschäftsjahres oder in den Aufgabegewinn einfließen. Hier kommt es wiederum auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe an.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

 

BC 9/2015

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