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Vertragsverhältnisse zwischen Einzelunternehmen und Kapitalgesellschaft des Einzelunternehmers: Strenge Anforderungen

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BFH-Urteil vom 20.1.2015, X R 49/13

 

Bei vertraglichen Vereinbarungen über die Übernahme von Managementaufgaben gilt der Fremdvergleichsgrundsatz insbesondere dann, wenn die Tätigkeiten eines parallel als GmbH-Geschäftsführer tätigen Einzelunternehmers auf ähnlichen Gebieten erfolgen. Unklare Vereinbarungen in Anstellungsverträgen können zur Qualifizierung des Vergütungsaufwands als verdecke Gewinnausschüttung führen.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Ausübung von Doppel- oder Mehrfachfunktionen kommt in der Praxis recht häufig vor, löst aber dann oft die Frage danach aus, ob geleistete Zahlungen einen steuerrechtlich anzuerkennenden vertraglichen Hintergrund haben oder aber eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung zugrunde liegt. So liegt es auch in dem zum BFH gelangten Praxisfall:

Ein Einzelunternehmer W (Wärmelieferservice ohne weitere Arbeitnehmer) ist zugleich Gesellschafter-Geschäftsführer der K-GmbH. Gegenstand dieses Unternehmens sind Tätigkeiten auf dem Gebiet des Heizungsbaus, der Sanitär- und Elektroinstallationen und aller damit zusammenhängenden Geschäfte. Die K-GmbH wartete die Heizzentralen des Einzelunternehmens und übernahm Verwaltungs- und Managementaufgaben. Diese wurden durch Arbeitnehmer der K-GmbH sowie den W als Geschäftsführer der K-GmbH ausgeführt.

Im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass die K-GmbH dem W (Einzelunternehmen) für die Streitjahre 1999 und 2001 das Geschäftsführergehalt anteilig in Rechnung gestellt hatte. Der Betriebsprüfer sah hierin eine zu Unrecht vorgenommene Vergütung des Einzelunternehmers und erhöhte den Gewinn aus Gewerbebetrieb des Einzelunternehmens um den weiterberechneten Arbeitslohn des Klägers als GmbH-Geschäftsführer. Im Gegenzug minderte er in derselben Höhe dessen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.

Die dagegen eingereichte Klage wurde mit Urteil des Sächsischen FG vom 10.1.2013, 6 K 1822/10, abgewiesen – zu Unrecht?

 

 

Lösung

Im Ergebnis wies der BFH die Sache an das FG zurück, weil es den Sachverhalt nicht ausreichend erforscht (§ 76 FGO) habe. Die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen lassen deshalb kein abschließendes Urteil in der Sache zu. Es sei insbesondere nicht erkennbar, ob die anteilige Übernahme des Geschäftsführergehalts des W durch sein Einzelunternehmen auf einer steuerlich anzuerkennenden Vertragsbeziehung beruht oder ob sie nicht vielmehr gesellschaftsrechtlich veranlasst ist.

Entscheidend ist in solchen Fällen der Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers. Für die Zuwendung eines Vermögensvorteils unmittelbar durch den Gesellschafter ist das Gesellschaftsverhältnis ursächlich, wenn ein Nichtgesellschafter bzw. eine dem Gesellschafter nicht nahe stehende Person bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte. 

Besonders strenge Maßstäbe gelten hier für einen Alleingesellschafter-Geschäftsführer, da er aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Dispositionsbefugnis in der Kapitalgesellschaft seine Interessen wegen des fehlenden Interessengegensatzes zwischen ihm und der Gesellschaft ohne Weiteres durchsetzen kann. Insbesondere führt der BFH insoweit die Möglichkeit an, den Gewinn der Gesellschaft mehr oder weniger beliebig festzusetzen und ihn zugunsten des Gesellschafters und zuungunsten der Gesellschaft zu beeinflussen. Daher nimmt der BFH in ständiger Rechtsprechung bei beherrschenden Gesellschaftern eine gesellschaftsrechtliche und keine schuldrechtliche Veranlassung einer Leistung auch dann an, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an den beherrschenden Gesellschafter erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Das gilt selbst dann, wenn Leistung und Gegenleistung tatsächlich ausgewogen sein sollten.

Den Nachweis einer vertraglichen Veranlassung hält der BFH im Streitfall für umso notwendiger, weil der W die Erfüllung fast aller Aufgaben seines Einzelunternehmens der GmbH übertragen haben will. Eine so umfassende Übertragung von Management- und Strategieaufgaben auf einen Vertragspartner, der zudem auf einem verwandten Gebiet tätig ist, erscheint dem BFH – vorsichtig ausgedrückt – als „eher ungewöhnlich“. Unerlässlich sei eine vorherige und nachprüfbare Festlegung, wann und unter welchen Voraussetzungen der Steuerpflichtige als Einzelunternehmer oder als Vertragspartner für das Einzelunternehmen tätig wird.

Das gilt insbesondere auch für den Anstellungsvertrag mit dem beherrschenden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer: Der BFH verlangt, dass er im Vorhinein abgeschlossen worden sein und klare Regelungen zum Entgelt sowie (in der Regel) zur geschuldeten Dienstleistung enthalten muss. Ein Arbeitsvertrag, der das Maß der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Leistungen nicht definiert, ist jedenfalls dann nicht anzuerkennen, wenn sich die zu erbringende Arbeitszeit auch nicht aufgrund anderer Umstände bestimmen lässt. Der Vergütungsaufwand ist damit als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen.

 

 

Praxishinweise:

  • Im Streitfall wurde umfänglich die Frage behandelt, ob von einer Betriebsaufspaltung auszugehen ist: Dies bejahte der BFH im Unterschied zum FG zwar, maß dem jedoch keine Bedeutung zu. Es komme nicht darauf an, dass im Rahmen einer Betriebsaufspaltung der Gesellschafter-Geschäftsführer der Betriebskapitalgesellschaft aufgrund seines Angestelltenverhältnisses Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen kann. Dies gilt nämlich nur, sofern dieses Arbeitsverhältnis steuerlich anzuerkennen ist. Entscheidend ist für den BFH hier aber nur, inwieweit den Zahlungen an den Einzelunternehmer als Gesellschafter-Geschäftsführer eine vertragliche oder eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung zugrunde liegt.
  • Wer vertragliche Abreden wie im Streitfall zu gestalten hat, sollte sich im Zweifel davon leiten lassen, ob sich „ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter“ auf eine solche Vereinbarung eingelassen hätte. Dem BFH zufolge ist dieser Fremdvergleichsgrundsatz schon dann verletzt, wenn der Geschäftsführer in nicht unerheblichem Ausmaß Nebentätigkeiten in einem gleichartigen Bereich ausüben darf. Liegt es nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen im Ermessen des Gesellschafter-Geschäftsführers, den Schwerpunkt seiner Tätigkeit nach eigenem Gutdünken auf die Tätigkeit für die GmbH oder die Tätigkeit für sein eigenes Unternehmen festzulegen, hat er die Möglichkeit, den Gewinn der GmbH zu beeinflussen. Er kann jeweils bestimmen, ob er dem Gehalt einen hohen Arbeitseinsatz und damit hohe Umsätze und Gewinne oder einen niedrigen Arbeitseinsatz und damit niedrige Umsätze und Gewinne gegenüberstellen will. So breite Einflussbereiche hält der BFH für nicht akzeptabel.
  • Woran aber erkennt man einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter? Diese Frage kann hier nur gestellt, aber nicht weiter vertieft, geschweige denn erschöpfend beantwortet werden. Bekanntlich ist manches oft „nicht auf die Stirn geschrieben“, und so mancher, der sich als ordentlich und gewissenhaft vorgibt, entpuppt sich wenig später als das genaue Gegenteil. Ins Bild passt, dass im Rahmen der Managementliteratur nach manchen Auswüchsen auf der Basis einer ungezügelten Shareholder-Value-Kultur das Leitbild des „ehrbaren Kaufmanns“ derzeit eine Renaissance erlebt. Relativ strenge Anforderungen beispielsweise an Aufgabenbeschreibungen in Anstellungsverträgen dürfen daher nicht vorschnell als überzogen kritisiert werden.

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

 

BC 5/2015

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