BFH-Urteil vom 12.11.2014, X R 39/13
Sind zu Unrecht erstattete Vorsteuern den Betriebseinnahmen oder der privaten Lebensführung zuzuordnen? Diese Frage hat der BFH in einem am 11.2.2015 veröffentlichten Urteil nun abschließend geklärt. Entscheidend ist das „auslösende Element“.
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Problemstellung
Die Kläger beziehen Einkünfte aus Gewerbetrieb. Den Gewinn ermitteln sie auf Basis der Einnahmen-Überschussrechnung. In den Streitjahren stellten die Kläger ihren Sohn als freien Mitarbeiter ein. Der Sohn stellte seine Stunden in Rechnung. Die auf den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von den Klägern als Vorsteuer geltend gemacht und vom Finanzamt erstattet.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Schluss, dass der Vertrag mit dem Sohn einem Drittvergleich nicht standhält und die in Rechnung gestellten Beträge somit nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Das Finanzamt änderte daraufhin die bereits ergangenen Einkommensteuerbescheide, wobei die erstatteten Vorsteuerbeträge weiterhin als Betriebseinnahmen erfasst wurden.
Hiergegen erhoben die Kläger Einspruch, Klage und Revisionsklage. Aus ihrer Sicht bewirke die fehlende steuerliche Anerkennung des Vertrags mit ihrem Sohn, dass die Vorsteuererstattungen und deren Rückgängigmachung keine betrieblich veranlassten Vorgänge sind. Demzufolge müssten sie zu dem Zeitpunkt eliminiert werden, in welchem sie das Betriebsergebnis beeinflussen.
Das erstinstanzliche Finanzgericht schloss sich der Auffassung des Finanzamts an. Entscheidend für die Erfassung als Betriebseinnahmen sei der Zeitpunkt der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht. Unerheblich ist dagegen, ob der Zufluss zu Unrecht erfolgt ist.
Lösung
Obwohl der BFH die Revision der Kläger als begründet ansieht, kommt er doch zu einem ähnlichen Ergebnis wie das Finanzgericht. Eine Umsatzsteuererstattung führt bei der Einnahmen-Überschussrechnung (nach ständiger BFH-Rechtsprechung) zu Betriebseinnahmen. Auch wenn den Zahlungen zu einem späteren Zeitpunkt die steuerliche Anerkennung versagt wurde, ändert dies hieran nichts.
Auslösendes Moment für die Steuererstattungen war die im Rahmen des Gewerbebetriebs erfolgte Abgabe der Umsatzsteuererklärungen. Somit ist die Erstattung eindeutig der betrieblichen Sphäre zuzuordnen. Dieser unmittelbare Zusammenhang wird auch durch die fehlende steuerliche Anerkennung nicht unterbrochen. Dass die Kläger die zu Unrecht erhaltene Vorsteuer zu einem späteren Zeitpunkt zurückzahlen mussten, führt auch zu keiner Veränderung der Erfassung als Betriebseinnahmen. Die Vorsteuern waren im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung zugeflossen und müssen zu diesem Zeitpunkt als Betriebseinnahme erfasst werden.
Die Rückzahlung zu einem späteren Zeitpunkt stellt demnach eine Betriebsausgabe dar. Da Erstattung und Rückzahlung jedoch in unterschiedlichen Steuerjahren erfolgten, sind sie in der Einnahmen-Überschussrechnung auch getrennt zu erfassen. |
Der BFH kann allerdings im vorliegenden Streitfall kein abschließendes Urteil fällen, da das Finanzgericht nicht ermittelt hat, zu welchem Zeitpunkt die Vorsteuererstattung erfolgt ist. Möglich wären eine Erstattung im laufenden Steuerjahr im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldungen sowie eine Erstattung im Folgejahr im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung. Somit ist unklar, in welchem Steuerjahr die Vorsteuererstattung als Betriebseinnahme zu erfassen ist.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 3/2015
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