Dr. Hans-Jürgen Hillmer
BFH-Urteil vom 21.10.2014, VIII R 11/12
Werden Zahlungen von Kunden einer GmbH auf das private Bankkonto des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers dieser GmbH geleistet, ist eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) bei dessen Einkünften aus Kapitalvermögen anzusetzen. Dies gilt zumindest dann, wenn klar dokumentierte Vereinbarungen über die Einbeziehung des Privatkontos in die Geschäftsabläufe fehlen.
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Problemstellung
Geklagt hatte ein alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Anlässlich einer steuerlichen Außenprüfung bei der GmbH für die Jahre 2003 bis 2005 war festgestellt worden, dass eine spanische Firma ihr von der GmbH in Rechnung gestellte Beträge in Höhe von insgesamt 64.986 € nicht auf das in den Rechnungen angegebene Bankkonto der GmbH, sondern auf das gemeinsam mit seiner Ehefrau geführte Konto des Gesellschafter-Geschäftsführers bei einer anderen Bank überwiesen hatte. Die GmbH ihrerseits hatte diese – auf dem Konto des Gesellschafter-Geschäftsführers verbliebenen – Zahlungseingänge als Bareinzahlungen in der Kasse gebucht.
Auf dieser Grundlage ging der Prüfer hinsichtlich der Zahlungseingänge auf dem Privatkonto im Zusammenhang mit Forderungen der GmbH von einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe von insgesamt 64.986 € aus. Die Begleichung von Verbindlichkeiten der GmbH, die über dasselbe Privatkonto veranlasst wurde, stufte der Prüfer als verdeckte Einlagen in Höhe von 37.604 € ein. Diese erhöhen die Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers.
Das damit befasste Finanzgericht (FG) wies die Klage ab, soweit sie sich gegen den Ansatz der vGA im Zusammenhang mit den auf Rechnungen der GmbH beruhenden Zahlungseingängen auf dem Privatkonto des Gesellschafter-Geschäftsführers richtete.
Lösung
„Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps!“ Diese Redewendung sollten Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH beherzigen. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass betriebliche Zahlungsforderungen nicht mit privaten Zahlungseingängen vermischt werden. Auf diese Kurzformel lässt sich die Entscheidung des BFH bringen. Hiermit hat der BFH die Revision des Gesellschafter-Geschäftsführers gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 8.2.2012 (Az.: 4 K 3064/10) als unbegründet zurückgewiesen. Nach ausführlichen allgemeinen Erläuterungen des BFH zum Vorliegen von vGA wenden die Münchener Richter diese Rechtsansicht insbesondere auf den Fall an, wenn der begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführer (wie vorliegend) ein beherrschender ist: Die Vermögensminderung könne bereits dann ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt (ständige Rechtsprechung).
Wichtig ist für den BFH der Umstand, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer mit dem Eingang der Zahlungen auf seinem Privatkonto die Verfügungsgewalt über die Beträge und damit einen Vermögensvorteil zulasten der GmbH erlangt habe. Sowohl formal als auch materiell ließ der BFH die Behauptung des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht gelten, diese Zahlungen beruhten auf einer klar und eindeutig vorab getroffenen Vereinbarung mit der GmbH. Das gilt auch für die Aussage, mit den eingegangenen Beträgen habe der Gesellschafter-Geschäftsführer Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber Dritten tilgen sollen.
Aus formaler Sicht stellte sich dies im Streitfall als neuer Tatsachenvortrag dar, der im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigt werden kann. Auch davon abgesehen mochte der BFH dem Vortrag des Gesellschafter-Geschäftsführers, eine Zahlung von Kunden der GmbH auf ihr Konto selbst nicht veranlasst zu haben, keinen Glauben schenken. Denn nach den Feststellungen des FG war nur die Kontoverbindung der GmbH auf deren Rechnungen angegeben. Wie also hätte der spanische Kunde – so die richterliche Schlussfolgerung – anders als durch den Geschäftsführer selbst bzw. auf dessen Anweisung an Ehefrau oder Mitarbeiter hin von der Privatkontoverbindung erfahren sollen?
- Zwar hatte sogar der Betriebsprüfer festgestellt, dass vom Privatkonto des Gesellschafter-Geschäftsführers an die GmbH gerichtete Rechnungen bezahlt worden waren. Daraus allein kann aber nicht auf eine entsprechende klar und eindeutig im Voraus getroffene Vereinbarung geschlossen werden – zumindest dann nicht, wenn die im Streitfall vom Privatkonto aus vorgenommenen Tilgungen von Verbindlichkeiten der GmbH nur etwa die Hälfte des Betrags ausmachen, der zuvor eingezahlt wurde.
- Ein freizügiger Umgang mit Konten aus der Privatsphäre könnte allenfalls dann richterliche Akzeptanz finden, wenn dies mit eindeutigen Dokumentationen entsprechender Vereinbarungen belegt werden kann.
- Fehlen solche Dokumentationen, können diesen Mangel auch äußerlich erkennbare Beweisanzeichen in der Buchhaltung der GmbH (Buchung des Eingangs der Zahlungen durch die spanische Firma) nicht heilen. Vor diesem Hintergrund konnte der BFH die streitige Frage offenlassen, ob die Tilgungen von Verbindlichkeiten der GmbH durch deren Gesellschafter verdeckte Einlagen sind, weil ein solcher Vorteilsausgleich nach der Rechtsprechung des BFH bei einem beherrschenden Gesellschafter nur in Betracht kommt, wenn das Vorliegen von Vereinbarungen über den gegenseitigen Charakter von Leistung und Gegenleistung nachgewiesen werden kann.
- Dem betroffenen Geschäftsführer, der ja vorgab, die Zahlungen auf das Privatkonto nicht angewiesen zu haben, hätte es deshalb auch wenig geholfen, wenn er sich mit schnapsbedingten Erinnerungslücken zu entschuldigen versucht hätte.
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Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld
BC 9/2015
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