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Vorsteuerabzug nach einer Rechnungsberichtigung: Erneute Entscheidung des EuGH

Robert Hammerl

EuGH-Urteil vom 8.5.2013, Rs. C-271/12 – Petroma Transports u.a.

 

In seinem aktuellen Urteil in der Rechtssache (Rs.) Petroma Transports u.a. nimmt der EuGH zur Frage des Vorsteuerabzugs nach einer Rechnungsberichtigung Stellung. Rechnungsberichtigungen sind nach dessen Ausführungen vor Entscheidung über die Versagung des Vorsteuerabzugs an die zuständige Veranlagungsstelle in der Finanzverwaltung zu übersenden.

Aus dieser Entscheidung kann man ableiten, dass ein Vorsteuerabzug aus einer berichtigten Rechnung mit Rückwirkung möglich sein dürfte. Die Unternehmer sind dann aber gezwungen, Rechnungen frühzeitig und korrekt berichtigen zu lassen sowie die berichtigten Rechnungen rechtzeitig der Finanzverwaltung zuzuleiten.

 

 

Praxis-Info!

 

1. Ausgangsfall

Die belgische Gesellschaft Petroma Transports SA berechnete auf Basis der geleisteten Arbeitsstunden Personaldienstleistungen an Konzerngesellschaften. Die belgische Finanzverwaltung versagte in einer Steuerprüfung den Vorsteuerabzug mit der Begründung, die Rechnungen seien unvollständig; zudem könne nicht festgestellt werden, ob die Leistungen tatsächlich ausgeführt wurden. Die Mehrzahl der Rechnungen wiesen weder die Stundensätze noch die Anzahl des Personals, sondern lediglich einen Gesamtbetrag aus. Nach Meinung der Finanzverwaltung verhindert dies eine Kontrolle der genauen Erhebung der Umsatzsteuer.

Den nachgereichten Unterlagen versagte die belgische Finanzverwaltung die Anerkennung – u.a. mit der Begründung, diese seien erst verspätet nach der Durchführung der Steuerprüfung und der Verwaltungsentscheidung über die Ablehnung des Vorsteuerabzugs vorgelegt worden.

 

 

2. Entscheidung des EuGH

Der EuGH hatte in seiner Entscheidung vom 8.5.2013 (siehe oben) über den Vorsteuerabzug nach Berichtigung einer zunächst fehlerhaften Rechnung zu entscheiden. Der Vorsteuerabzug kann einem Unternehmen verweigert werden, wenn dieses unvollständige Rechnungen besitzt, auch wenn diese durch die Vorlage von Informationen zum Beweis des tatsächlichen Vorliegens, der Natur und des Betrags der berechneten Umsätze nach Erlass einer solchen ablehnenden Entscheidung vervollständigt werden. Er führt in seiner aktuellen Entscheidung aus, dass das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht verbiete, fehlerhafte Rechnungen zu berichtigen, und stellt in Tz. 34 für die Frage des Vorsteuerabzugs erneut auf den Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung ab.

Liegen der Behörde vor Erlass ihrer Entscheidung über den Vorsteuerabzug berichtigte Rechnungen vor und sind folglich alle für das Recht auf Vorsteuerabzug erforderlichen materiell-rechtlichen Voraussetzungen erfüllt (z.B. Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer), so kann einem Unternehmer der Vorsteuerabzug nicht mit der Begründung versagt werden, die ursprünglichen Rechnungen enthielten einen Fehler. Der EuGH nimmt dabei auch auf die Tz. 43 bis 45 der Entscheidung in der Rechtssache C-271/12 – Pannon Gép vom 15.7.2010 Bezug. Darin hatte der EuGH bereits wie folgt ausgeführt: Der Vorsteuerabzug sei mit Eingang der ursprünglichen unvollständigen Rechnung möglich, wenn die Finanzbehörde im Zeitpunkt der ablehnenden Verwaltungsentscheidung über den Vorsteuerabzug bereits über eine berichtigte Rechnung verfüge.

Die deutsche Finanzverwaltung hat sich nach der Entscheidung Pannon Gép mit BMF-Schreiben vom 16.3.2011 (IV D 2 – S 7500/0 :003) zur Frage des Zeitpunkts der Wirkung einer Rechnungsberichtigung geäußert. Nach deren Auffassung habe der EuGH in seiner Entscheidung vom 15.7.2010 nicht entschieden, dass eine Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurückwirkt.

 

 

3. Fazit

Im Ergebnis bleibt der EuGH seiner Linie für die Frage des Zeitpunkts des Vorsteuerabzugs bei einer berichtigten Rechnung treu. Ein Vorsteuerabzug aus einer fehlerhaften Rechnung soll demnach immer dann möglich sein, wenn die Rechnungsberichtigung der Finanzverwaltung vor Erlass der ablehnenden Verwaltungsentscheidung zugeht.

 

 

Praxisempfehlungen:

  • Die Unternehmer sind angehalten, fehlerhafte Rechnungen zu bemängeln und entsprechende Rechnungsberichtigungen durch ergänzende Dokumente zu verlangen. Es ist unumgänglich, die fehlerhaften Rechnungen nur um die fehlenden Angaben zu ergänzen: Dies kann
    – entweder durch ein zusätzliches Dokument
    – oder durch eine Ergänzung der fehlenden Angaben auf der ursprünglichen Rechnung
    erfolgen. Eine Stornorechnung und die Ausstellung einer neuen Rechnung führen dagegen zum Verlust des ursprünglichen Vorsteuerabzugs, da die ursprüngliche Rechnung ihre Existenz verliert. Zur Berichtigung ist nur der Aussteller der ursprünglichen Rechnung berechtigt.
  • Hat ein Unternehmer im Gutschriftsverfahren abgerechnet, so sind die fehlerhaften Gutschriften zu berichtigen und dem Gutschriftempfänger zu übersenden. Die erfolgreiche Zustellung ist Voraussetzung für eine wirksame Berichtigung.
  • Die berichtigten Rechnungen sind gerade mit Blick auf bevorstehende steuerliche Betriebsprüfungen und Umsatzsteuer-Sonderprüfungen gesondert zu archivieren. Sollte in einer Prüfung der Vorsteuerabzug aufgrund fehlerhafter Rechnungen versagt werden, so sind diese Rechnungen – nach dem Wortlaut in der Entscheidung des EuGH – unverzüglich an die für den Erlass der Umsatzsteuer-Festsetzungen zuständige Veranlagungsstelle weiterzuleiten. Nur so dürfte ggf. eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich sein. Die Übergabe an den Prüfer dürfte nach unserem Verständnis nicht ausreichend sein, da die Veranlagungsstellen für die Festsetzung der Umsatzsteuer zuständig sind.
  • Wenn die Finanzverwaltung den rückwirkenden Vorsteuerabzug versagt, sollten die geänderten Umsatzsteuer-Festsetzungen bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung offengehalten werden. Diesbezüglich ist ein Verfahren vor dem XI. Senat des BFH anhängig.
  • Parallel sollte immer auch ein Antrag auf Gewährung des Vorsteuerabzugs im sog. Billigkeitsverfahren im Sinne des § 163 AO gestellt werden.

 

 

Dipl.-FW (FH), StB Robert Hammerl ist Managing Associate der auf Umsatzsteuerrecht spezialisierten Kanzlei KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER, München

 

 

BC 7/2013

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