OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 29.9.2015, S 1501 – 2015/0004 – St 417, S 2133b – 2014/0009 – St 143
Mit Verfügung vom 18.12.2014 (S 2133b – 2014/0009 – St 145, BC 2015, 105 ff., Heft 3) wurde auf die Übermittlungspflichten, den Übermittlungsumfang sowie Möglichkeiten der elektronischen Übermittlung von Bilanzdaten gemäß § 5b EStG (E-Bilanz) hingewiesen.
Bisher wurden in der Praxis vielfach – auch ohne gesetzliche Verpflichtung – sowohl ein sog. Kontennachweis als auch ein Anlagespiegel, Anlageverzeichnis sowie weitere für die Beurteilung des Steuerfalls relevante Unterlagen wie z.B. eine Kapitalkontenentwicklung oder Angaben zum Investitionsabzugsbetrag den einzureichenden Steuererklärungen beigefügt. Aufgrund der damit zusätzlich vorliegenden Informationen konnten in der Vergangenheit in vielen Fällen Nachfragen der Finanzämter bei den Steuerpflichtigen bzw. ihren steuerlichen Beratern vermieden werden. An dieser Praxis sollte sich durch die Umstellung auf das elektronische Verfahren aus Sicht der Finanzverwaltung nichts ändern.
Veranlagungsstelle
Abhängig von der Bearbeitung einer Steuererklärung (je nach Risikoklasse, Prüffeld, Hinweisen u.Ä.) kann die Vorlage fehlender Unterlagen für den Veranlagungsbereich gegebenenfalls unerlässlich sein. Sie können im Rahmen des allgemeinen Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 88 AO nach Maßgabe des Einzelfalls vom Steuerpflichtigen bzw. seinem Vertreter angefordert werden. Für diese Zwecke steht der landeseinheitliche Vordruck Nr. 101/018 zur Verfügung. Die nachgeforderten Unterlagen sollen nach Möglichkeit ebenfalls elektronisch übermittelt werden. Das Datenschema enthält für diesen Zweck eine entsprechende Erläuterungsposition in den Grunddaten (detailliertere Darstellung zu Erläuterungszwecken). Es ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, welche Konsequenzen bei Nichtvorlage der Unterlagen zu ziehen sind (etwa Zuschätzung von Einnahmen, Kürzung bestimmter Aufwandspositionen, Nicht-Anerkennung bzw. Auflösung eines Investitionsabzugsbetrags). In den Fällen der Risikoklasse BP (RK BP) sind fehlende Unterlagen (insbesondere Anlageverzeichnis, Kapitalkontenentwicklung, Kontennachweise und gegebenenfalls geänderte Gesellschaftsverträge) regelmäßig durch einen entsprechenden Hinweis im SB 49 nachzufordern. Eine gesonderte Überwachung durch den Veranlagungsbereich ist insoweit nicht erforderlich.
Außenprüfung
In den Fällen, die der steuerlichen Außenprüfung unterliegen, kann eine schlüssige Einschätzung der Prüfungsbedürftigkeit ohne eine Einsichtnahme in ein Mindestmaß an Unterlagen nicht vorgenommen werden. Für die Betriebsprüfung bedeutet dies, dass in Steuerfällen, bei denen trotz Aufforderung zur Übersendung weiterer Daten durch die Veranlagungsstelle (siehe oben) kein entsprechender Eingang verzeichnet werden kann, regelmäßig keine abschließende rechtliche Einschätzung zur Prüfungswürdigkeit möglich ist. In derartigen Fällen wird die Prüfungsbedürftigkeit indiziert. Nur wenn die Informationslage für die Beantwortung der Frage nach der Prüfungswürdigkeit ausreichend ist, kommt eine Absetzung vom Prüfungsgeschäftsplan bzw. die Nichtaufnahme auf den Plan in Betracht.
Den Steuerberaterkammern und Steuerberaterverbänden wird diese Verfügung zur Kenntnis übersandt.
Praxis-Info!
Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen verschärft mit dieser Verfügung die Gangart bei der Nachforderung von nicht mit der E-Bilanz übermittelten Unterlagen (z.B. Kontennachweise, Anlagenverzeichnisse). Gemäß den allgemeinen Mitwirkungspflichten der AO (§ 93 und § 97 AO) sind die Finanzämter denn auch befugt, Nachweise nachzufordern (vgl. Herrfurth, BC 2011, 438, Heft 10, sowie Wittkowski/Knopf, BC 2011, 443, Heft 10).
Doch der Reihe nach: Zu der oben genannten Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2014 (S 2133b – 2014/0009 – St 145) wurden in BC 2015, 105 ff. (Heft 3), bereits entsprechende Erläuterungen und Praxisempfehlungen gegeben. Demnach beruht die Beifügung des Kontennachweises (im XBRL-Format) auf freiwilliger Basis (vgl. Jansen/Polka, BC 2014, 423, Heft 10). Das besagt denn auch das „Mussfeld, Kontennachweis erwünscht“: Hier ist lediglich die Übermittlung der Position des Datensatzes an sich zwingend vorgeschrieben, nicht der Kontennachweis. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Wortlaut „kann” im finalen BMF-Schreiben vom 28.9.2011 (IV C 6 – S 2133-b/11/10009, Rn. 17; Anwendungsschreiben zur E-Bilanz). Demzufolge dürfen dem Steuerpflichtigen keine Nachteile erwachsen, sofern er den Kontennachweis zunächst nicht mitliefert. Betroffen sind z.B. die Mussfelder:
- „entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutz- und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten“,
- „Geschäfts-, Firmen- oder Praxiswert”,
- „geleistete Anzahlungen (immaterielle Vermögensgegenstände)“,
- „unbebaute Grundstücke“,
- „andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung“,
- „geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau“,
- „Kasse“,
- „Sonstige Rückstellungen”,
- „in Umsatzerlöse (GKV) verrechnete Erlösschmälerungen“,
- „Vergütungen an angestellte Mitunternehmer § 15 EStG“,
- „Verluste aus dem Abgang von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens”.
Laut der aktuellen Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen sollen (d.h. soweit als möglich) die nachgeforderten Unterlagen ebenfalls elektronisch übermittelt werden. Für die Praxis wurde jedoch in BC 2015, 105 ff. (Heft 3), die Empfehlung ausgesprochen, die Kontennachweise in Papierform nachzureichen. Die ist nach wie vor zulässig (siehe OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 18.12.2014, S 2133b – 2014/0009 – St 145, BC 2015, 106, Heft 3, Kapitel „Übermittlungsmöglichkeiten“). Denn aufgrund der erneuten umfassenden Übermittlung der E-Bilanz-Daten kann die Finanzverwaltung gegebenenfalls neue Tatsachen (die z.B. zu einer höheren Steuer führen) ans Licht bringen; dies kann dann die Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids zur Folge haben (§ 173 AO). |
[Anm. d. Red.]
BC 11/2015
becklink372805