FG Köln, Urteil vom 24.6.2015, 2 K 2466/12
Für den Vorsteuervergütungsantrag eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers gilt Folgendes: Beläuft sich das Entgelt für den Umsatz oder die Einfuhr auf mindestens 1.000 € – bei Rechnungen über den Bezug von Kraftstoff mindestens 250 € –, so sind die zugehörigen Rechnungen und Einfuhrbelege auf elektronischem Weg beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) einzureichen. Der Erstattungsantrag muss spätestens (Ausschlussfrist!) am 30. September des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahres vorliegen.
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Problemstellung
Ein in Großbritannien ansässiges Dienstleistungsunternehmen beantragte eine Vorsteuervergütung (gemäß §§ 59 ff. UStDV) für Januar bis Dezember 2010. Der Antrag ist beim BZSt am 30.9.2011 eingegangen.
Das BZSt lehnte den Vorsteuervergütungsantrag ab, da ein Teil der abgerechneten sonstigen Leistungen nicht in Deutschland steuerpflichtig sei und somit ein Vorsteuerabzug ausscheide. Die Leistungen seien (gemäß § 3a Abs. 2 UStG) an dem Ort ausgeführt worden, von dem aus der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt. Des Weiteren seien einige Rechnungen innerhalb der Antragsfrist nicht elektronisch übermittelt worden, obwohl dies wegen Überschreitens der Grenzwerte (Rechnungsbeträge von netto 1.000 € bzw. 250 €) erforderlich gewesen sei.
Daraufhin bat das britische Unternehmen die in Deutschland ansässigen Aussteller der Rechnungen, aus denen die Vorsteuervergütung geltend macht wurde, neue Rechnungen ohne Ausweis von Umsatzsteuer zu erstellen. Insbesondere ein deutsches Unternehmen lehnte die Rechnungskorrektur ab, da seiner Ansicht nach die Umsatzsteuer in den streitgegenständlichen Rechnungen zu Recht ausgewiesen worden seien. Aufgrund der Verzögerungen im Zusammenhang mit den Gesprächen mit dem deutschen Rechnungsaussteller konnte das britische Unternehmen erst nach Ablauf der Einspruchsfrist von einem Monat (beim BZSt) reagieren.
Nach Auffassung des BZSt wäre ein fristgerechter Einspruch gegen den Bescheid auch bei einer noch ausstehenden Antwort des deutschen Rechnungsausstellers möglich gewesen. Außerdem seien die fraglichen Rechnungen nicht in elektronischer Form beim BZSt eingereicht worden. Dies ist (gemäß § 61 Abs. 2 UStDV) bei Rechnungen, die an im Ausland ansässige Unternehmer gerichtet sind, ab einem Betrag von 1.000 € (netto) erforderlich.
Lösung
Das BZSt hat die vom britischen Unternehmen beantragte Vorsteuervergütung (nach §§ 59 ff. UStDV) zu Recht abgelehnt. Unabhängig davon, ob der Einspruch rechtzeitig eingelegt worden ist (bzw. der Bescheid bereits bestandskräftig und unabänderbar war), sind die fraglichen Rechnungen nicht innerhalb der Antragsfrist in elektronischer Form beim BZSt eingereicht worden. Denn die Antragsfrist im Vorsteuervergütungsverfahren ist eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist.
Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV ist der Vergütungsantrag eines im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers binnen neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Der Erstattungsantrag muss spätestens (Ausschlussfrist!) am 30. September des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahres vorliegen.
Darüber hinaus sind (gemäß § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV) dem Vergütungsantrag auf elektronischem Weg die Rechnungen und Einfuhrbelege in Kopie beizufügen, wenn das Entgelt für den Umsatz oder die Einfuhr mindestens 1.000 €, bei Rechnungen über den Bezug von Kraftstoff mindestens 250 € beträgt. Die Frist für die Antragseinreichung gilt auch für die Einreichung der Rechnungen (siehe den Gesetzeswortlaut „beizufügen“).
Da die Belege auf elektronischem Wege einzureichen sind, ist es lediglich erforderlich die Rechnungskopien (nicht Originalrechnungen bzw. Einfuhrdokumente) vorzulegen.
- § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV wurde mit Wirkung vom 31.12.2014 insoweit geändert, als nunmehr eine „eingescannte Originalrechnung” verlangt wird. Gemeint sein dürften Originalbelege in Papierform, die einzuscannen sind. E-Rechnungen bzw. elektronische Belege müssten demzufolge direkt elektronisch übermittelt werden; sie dürfen nicht zuvor ausgedruckt und dann wieder eingescannt werden (vgl. Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 18 Besteuerungsverfahren, Rn. 203).
- Achtung! Der Antrag auf Vorsteuer-Vergütung gilt nur dann als fristgerecht eingereicht, wenn alle geforderten Angaben gemacht worden sind. Abweichend vom besprochenen Urteil des FG Köln sowie dem Urteil des FG Köln vom 15.4.2015 (2 K 2705/12) wird auch die Auffassung vertreten, dass die elektronischen Belege zur Fristwahrung dem Vorsteuer-Vergütungsantrag noch nicht beigefügt sein müssen (siehe Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 18 Besteuerungsverfahren, Rn. 204). Darauf deutet auch die mit Wirkung vom 31.12.2014 geltende Regelung in § 61 Abs. 5 Satz 3 UStDV zum Zinslauf hin („Werden die Rechnungen oder Einfuhrbelege als eingescannte Originale vom im Ausland ansässigen Unternehmer nicht zusammen mit dem Vergütungsantrag übermittelt, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, …“). Auf der sicheren Seite sind Antragsteller in jedem Fall dann, wenn sie auch die elektronischen Belege noch vor Ablauf der Antragsfrist auf Vorsteuervergütung (neun Monate nach Ablauf des Kalenderjahres) einreichen.
- Bei einer Versäumung der Ausschlussfrist kann unter den Voraussetzungen des § 110 AO eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (Abschn. 18.13 Abs. 3 Satz 2 UStAE). Bedingung ist insbesondere, dass kein Verschulden vorliegt. Dies wird nur bei einem gewissenhaft und sachgemäß handelnden Verfahrensbeteiligten angenommen, der die nach den Umständen zumutbare Sorgfalt beachtet. Das heißt: Bereits bei leichter Fahrlässigkeit liegt ein Verschulden für ein Fristversäumnis vor; dazu dürfte auch ein unvollständig ausgefüllter Antrag zählen.
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[Anm. d. Red.]
BC 6/2016
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