BFH-Urteil vom 22.10.2015, VI R 22/14
Wird bei einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung der Arbeitnehmer am Wochenende von seinem Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner besucht, treten deren Fahrtkosten an die Stelle der Kosten für eine Familienheimfahrt des Arbeitnehmers. Auch die Kosten für diese sog. umgekehrten Familienheimfahrten können vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet oder vom Arbeitnehmer als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen an der Familienheimfahrt gehindert ist. Steuerfrei erstattungsfähig oder als Werbungskosten abziehbar sind die Entfernungspauschale von 0,30 € je Entfernungskilometer oder die höheren Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel.
Eine steuerfreie Arbeitgebererstattung oder ein Werbungskostenabzug kommt aber nicht in Betracht, wenn die sog. umgekehrten Familienheimfahrten letztlich privat veranlasste Besuchsreisen des Partners sind.
BFH-Auffassung
Nunmehr hat der Bundesfinanzhof einen Werbungskostenabzug der Aufwendungen für Besuchsfahrten eines Ehepartners zur auswärtigen Tätigkeitsstätte des anderen Ehepartners im Rahmen einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit abgelehnt. Die berufliche Veranlassung für solche Fahrten sei selbst dann nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer eine Fahrt vom auswärtigen Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz nicht durchführen kann, weil seine Anwesenheit am Beschäftigungsort aufgrund einer Weisung bzw. Empfehlung des Arbeitgebers oder aus anderen beruflichen Gründen erforderlich ist. Die berufliche Veranlassung der an sich privaten Besuchsfahrt des Ehegatten kann daraus nicht hergeleitet werden.
Im Streitfall waren während der siebenwöchigen Auswärtstätigkeit zwei Heimfahrten vom Arbeitnehmer (= Werbungskosten) und drei Besuchsreisen des Ehegatten durchgeführt worden. Bei diesen Besuchsreisen ging der Bundesfinanzhof von typischen privaten Wochenendreisen des Ehegatten aus und lehnte einen Werbungskostenabzug ab.
Das Gericht hat nicht über besonders gelagerte Ausnahmefälle entschieden, in denen bei sog. umgekehrten Familienheimfahrten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung eine steuerfreie Arbeitgebererstattung bzw. ein Werbungskostenabzug möglich ist. Demnach kann die Notwendigkeit, private Dinge durch einen Besuch des Ehepartners beim Steuerpflichtigen (an dessen auswärtiger Tätigkeitsstätte) zu regeln, in einem solchen Maße beruflich veranlasst sein, dass private Veranlassungsbeiträge dahinter zurücktreten. In diesem Fall wäre die Fahrt des Ehepartners nicht als private Besuchsfahrt, sondern ausnahmsweise als beruflich veranlasst anzusehen. Ein solcher Ausnahmefall war im Urteilsfall nicht gegeben. |
Dipl.-Finanzw. (FH) Jürgen Plenker, Krefeld
BC 2/2016
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