BFH-Urteil vom 25.5.2016, I R 64/13
Steht das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eines unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers nach einem Doppelbesteuerungsabkommen dem ausländischen Staat zu, wird die Freistellung bei der Veranlagung zur Einkommensteuer in Deutschland dennoch nur gewährt, wenn der Arbeitnehmer nachweist, dass der ausländische Staat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet oder die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzte ausländische Steuer entrichtet worden ist. Die Einkünfte unterliegen in diesem Fall aber dennoch in Deutschland dem Progressionsvorbehalt. Wird der Nachweis nicht erbracht, fällt das Besteuerungsrecht an Deutschland zurück (sog. nationale Rückfallklausel; § 50d Abs. 8 EStG).
Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits vor einigen Monaten überraschend deutlich entschieden, dass die nationale Rückfallklausel des Besteuerungsrechts zugunsten des deutschen Fiskus im Einkommensteuergesetz verfassungsrechtlich zulässig ist (BVerfG-Beschluss vom 15.12.2015, 2 BvL 1/12). Nach Auffassung der Karlsruher Richter haben völkerrechtliche Verträge in der Ordnung des Grundgesetzes in der Regel den Rang einfacher Bundesgesetze, die durch spätere, ihnen widersprechende Bundesgesetze verdrängt werden können.
Laut der jüngsten Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist die nationale Rückfallklausel selbst dann anzuwenden, wenn ein der gesetzlichen Regelung im Einkommensteuergesetz zeitlich nachfolgendes Doppelbesteuerungsabkommen die geforderten Nachweise (Verzicht des ausländischen Staates oder Entrichtung der ausländischen Steuer) für eine Steuerfreistellung des Arbeitslohns nicht vorsieht.
Dipl.-Finanzw. (FH) Jürgen Plenker, Krefeld
BC 10/2016
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