CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
JuS_Logobasis_Linsenreflex
Menü

News & Beiträge

Entstehung eines Auflösungsverlusts bei nachträglichen Anschaffungskosten

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 10.5.2016, IX R 16/15

 

Der Konkurs einer Gesellschaft führt in der Regel bei den Gesellschaftern zu Verlusten. Fraglich ist allerdings, zu welchem Zeitpunkt diese Verluste steuerlich berücksichtigt werden können. Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung zu diesem Thema nun noch einmal zusammengefasst und präzisiert.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Kläger war einer von vier Gesellschaftern der A-GmbH, über deren Vermögen im Jahr 1995 die Insolvenz eröffnet wurde. Bereits im Jahr 1994 hatte der Kläger eine Bürgschaft für die A-GmbH gegenüber Fremdgläubigern abgegeben. Das Nennkapital der Gesellschaft war zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht vollständig eingezahlt.

In der Folgezeit wehrte sich der Kläger gerichtlich gegen die Inanspruchnahme aus Bürgschaften, unterlag hiermit jedoch im Jahr 1999 vor Gericht. Da einer der Mitgesellschafter zahlungsunfähig war, wurde der Kläger im Jahr 2001 außerdem im Rahmen der Ausfallhaftung zur Einzahlung der Stammeinlage des insolventen Gesellschafters verurteilt. Das Insolvenzverfahren wurde im Jahr 2005 eingestellt. In seiner Steuerklärung für das Jahr 2005 machte der Kläger daraufhin einen Auflösungsverlust in Höhe von rund 170.000 € geltend.

Finanzamt und erstinstanzliches Finanzgericht vertraten dagegen die Auffassung, der Verlust sei bereits im Jahr 1995 entstanden. Grund: Die Umstände, die zur Entstehung des Auflösungsverlusts geführt haben, standen bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens fest. Auch mit der Ausfallhaftung musste gerechnet werden. Somit haben sich nachträglich keine wesentlichen Änderungen mehr ergeben.

Aus Sicht des Klägers stand jedoch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Höhe der Inanspruchnahme aus Bürgschaft und Ausfallhaftung noch nicht fest.

 

 

Lösung

Der BFH folgt der Auffassung des Klägers und hebt das erstinstanzliche FG-Urteil auf. Nach Auffassung des BFH ist ein Auflösungsverlust erst dann gewiss, wenn der gemeine Wert des dem Gesellschafter zurückgezahlten Vermögens und die Liquidations- und Anschaffungskosten inklusive der nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters feststehen. Es dürfen dabei keine wesentlichen Änderungen mehr eintreten. Bei der Liquidation einer Gesellschaft ist dies in der Regel erst mit Abschluss der Liquidation der Fall.

 

 

Beispiel:

Hat der Insolvenzverwalter eine zivilrechtliche Klage gegen einen Gesellschafter erhoben, die im Falle einer Niederlage zu nachträglichen Anschaffungskosten bei diesem führen würde, so ist der Auflösungsverlust nicht vor Abschluss des Klageverfahrens realisiert.

 

  

Im Ausgangsfall war der Kläger in mehrere gerichtliche Verfahren – u.a. wegen der Ausfallhaftung und der Bürgschaftsinanspruchnahme – verwickelt. Somit stand im Jahr 1995 nicht definitiv fest, in welcher Höhe weitere nachträgliche Anschaffungskosten anfallen würden. Erst mit dem Abschlussbericht des Insolvenzverwalters im Jahr 2005 konnte der Kläger die Höhe seiner nachträglichen Anschaffungskosten und damit auch die Höhe seines Auflösungsverlusts endgültig bestimmen. Zu Recht hat er daher den Verlust erst im Jahr 2005 steuerlich geltend gemacht.

 

 

Praxishinweis:

Der zahlungsunfähige Gesellschafter scheint sich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Gesellschafter-Geschäftsführer an der Gesellschaft privat bereichert zu haben. So habe es erhebliche Differenzen zwischen Ein- und Auszahlungen und in der Barkasse gegeben. Rechnungen und andere Unterlagen wurden vernichtet. Der Gesellschafter war nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst untergetaucht. Trotz dieser kriminellen Handlungen musste der Kläger seine Bürgschaftsverpflichtungen erfüllen und für die nicht eingebrachte Stammeinlage des kriminellen Gesellschafters haften.

Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig die Auswahl der Geschäftspartner ist. Zudem gilt auch weiterhin der Spruch „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit, Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 


BC 11/2016

becklink382148

Rubriken

Anzeigen

BC Newsletter

beck-online Bilanzrecht PLUS

wiwicareer-vahlen

Teilen

Menü