OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 4.5.2015, 10 U 1352/14
Die Übernahme der Erstellung der Buchführung stellt einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichem Charakter dar.
Die Abrechnung der Buchführungsarbeiten auf der Grundlage von § 33 StBVV (Steuerberatervergütungsverordnung; bis 19.12.2012 StBGebV – Steuerberatergebührenverordnung) ist auch dann zulässig, wenn der Auftragnehmer lediglich Buchführungsarbeiten verrichtet, ohne selbst Steuerberater zu sein.
[Leitsätze d. Red.]
Praxis-Info!
Problemstellung
Eine Arztpraxis in finanziellen Schwierigkeiten benötigte eine geordnete Buchführung, um bei ihrer Bank die aktuelle Vermögenslage und Einkommenssituation bezüglich der laufenden Kredite darstellen zu können. Durch eine Finanzberaterin der MLP Finanzdienstleistungen AG wurde hierzu ein Buchführungshelfer vermittelt. Nach Erhalt der steuerlichen Unterlagen hat der Buchführungshelfer diese buchhalterisch erfasst und eine betriebswirtschaftliche Auswertung angefertigt. Die Steuererklärung wurde schließlich von einer Rechtsanwältin erstellt. Daraufhin hat die Bank von einer angedrohten Darlehenskündigung Abstand genommen.
Ohne nähere Begründung hat die Arztpraxis die Vollständigkeit und Richtigkeit der vorgelegten Buchführungsunterlagen beanstandet. Zudem hat sie die Abrechnung der Leistungen des Buchführungshelfers unter Heranziehung der Steuerberatervergütungsverordnung für unangemessen erklärt und daher die Zahlung der erbrachten Leistungen verweigert.
Lösung
Zwischen den Parteien ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichem Charakter über die Erstellung der Buchführung zustande gekommen.
Der Buchführungshelfer hat die Steuerberatervergütungsverordnung zur Grundlage seiner Berechnung gemacht. Zwar regelt diese Verordnung den Vergütungsanspruch des Steuerberaters, der Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften. Dem Vergütungsanspruch des Buchführungshelfers steht jedoch nicht entgegen, dass er nicht Steuerberater ist und lediglich Buchführungsarbeiten vorgenommen hat. Denn die Abrechnung der Buchführungsarbeiten richtet sich nach § 33 StBVV („Buchführung“).
Hat der Buchführungshelfer, ohne Steuerberater zu sein, die nach § 33 StGVV abzurechnenden Buchführungsarbeiten übernommen, so kann er nach Beendigung des Mandats hierfür die Vergütung gemäß § 612 Abs. 1 und 2 BGB wie ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter verlangen.
- Das Landgericht hat dem Buchführungshelfer eine Mittelgebühr von 7/10 für die Erstellung der Buchführung zugesprochen. § 33 Abs. 1 StBVV regelt hierzu: „Für die Buchführung oder das Führen steuerlicher Aufzeichnungen einschließlich des Kontierens der Belege beträgt die Monatsgebühr 2/10 bis 12/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle C (Anlage 3).“
- Aber Achtung! Selbstständige (Bilanz-)Buchhalter sind gemäß § 6 Nr. 4 StBerG nur zum Buchen laufender Geschäftsvorfälle befugt. Laut § 33 Abs. 2 StBVV beträgt die Monatsgebühr für das Kontieren der Belege lediglich 1/10 bis 6/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle C (Anlage 3). Insofern ist es fraglich, ob die Mittelgebühr von 7/10 beim Buchen laufender Geschäftsvorfälle angemessen ist. Denn mit dieser Gebühr wird (gemäß § 33 Abs. 1 StBVV) auch die Erstellung und Versendung der Umsatzsteuer-Voranmeldung abgegolten; diese Aufgabe ist bislang selbstständigen (Bilanz-)Buchhaltern verwehrt. Gleichermaßen gilt dies für das Einrichten der Buchführung sowie für vorbereitende Abschlussbuchungen.
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In der Praxis ist es üblich, dass die Buchführung nicht von den Steuerberatern selbst, sondern von ihnen zuarbeitenden Buchhaltern bzw. Fachkräften für Buchführung oder Steuerfachangestellten erstellt wird. Die Steuerberatervergütungsverordnung fordert nicht, dass sämtliche dort aufgeführten Tätigkeiten, insbesondere die Finanzbuchhaltungs- und Buchführungstätigkeiten, ausschließlich von dem in § 1 Abs. 2 StBVV genannten Personenkreis – Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Steuerberatungsgesellschaften – ausgeführt werden.
Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Buchführungshelfer die vereinbarte Dienstleistung erbracht hat. Die hierfür zu entrichtende Vergütung ist gemäß § 271 BGB fällig. Inwieweit die übernommenen Buchführungsarbeiten zu beanstanden sind, also nicht ordnungsgemäß und abschließend durchgeführt worden sind, konnte die Arztpraxis nicht substanziell darlegen.
- Der Beschluss des OLG Koblenz bezieht sich auf die frühere (vom 1.1.2000 bis 19.12.2012 geltende) Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV). Die Grundsätze können jedoch entsprechend auf die aktuell geltende Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) übertragen werden, die zum 20.12.2012 in Kraft getreten ist.
- Für selbstständige Bilanzbuchhalter/innen bietet der BVBC bereits seit mehreren Jahren eine Gebührentabelle, die im Rahmen der jährlichen Arbeitskreistreffen der Selbstständigen im BVBC entwickelt worden ist (vgl. Jüssen, BC 2015, 27, Heft 1). Aufgebaut ist diese Übersicht (Stand: 20.9.2015) in Bezug auf die Buchführungstätigkeiten ähnlich wie die Tabelle C (Anlage 3) der Steuerberatervergütungsverordnung (z.B. abgestufte Gegenstandswerte von 15.000 € bis 500.000 €). Die Gebührensätze je Abrechnungszeitraum werden jedoch anders bemessen:
– Bei zwei Gegenstandswerten (15.000 € und 17.500 €) fallen die Gebührensätze (55,- € und 64,- €) niedriger aus als in der Tabelle C (Anlage 3) der Steuerberatervergütungsverordnung (61,- € und 67,- €). – Bezüglich der anderen Gegenstandswerte wurden in der BVBC-Gebührentabelle höhere Gebührensätze festgelegt als in der Steuerberatervergütungsverordnung.
In Anlehnung an § 33 StBVV wird auch bei der Vergütung für das Buchen laufender Geschäftsvorfälle in der BVBC-Gebührentabelle dahingehend differenziert, ob der Auftraggeber Vorleistungen erbringt (z.B. wenn dieser die Belege bereits kontiert oder die Daten der Geschäftsvorfälle vorab elektronisch erfasst hat). Die Gebührensätze (Bruchteile) weichen allerdings zum Teil voneinander ab.
Abweichende Preise sind auch bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung einschließlich Lohnsteuer-Anmeldung festzustellen (§ 34 StBVV versus BVBC-Gebührentabelle). Bei den Beratungsgebühren (z.B. betriebswirtschaftliche Beratung) setzt die BVBC-Gebührentabelle eine Zeitgebühr von 28,50 € bis 80,- € je angefangene halbe Stunde an, während die Steuerberatervergütungsverordnung hier nach Gebührensätzen unterscheidet (§ 21 StBVV). Die Zeitgebühr in der BVBC-Gebührentabelle beläuft sich auf 21,- € bis 60,- € je angefangene halbe Stunde, während die Steuerberatervergütungsverordnung hierfür 30,- € bis 70,- € je angefangene halbe Stunde festlegt (§ 13 Satz 2 StBVV).
Die Gebührentabelle kann über den BVBC angefordert werden (kontakt@bvbc.de).
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[Anm. d. Red.]
BC 3/2016
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