BMF-Schreiben vom 8.11.2017, III C 2 – S 7100/13/10007; DOK 2017/0920527
Im Falle der Kreditgewährung im Zusammenhang mit einer Lieferung oder sonstigen Leistung erbringt der leistende Unternehmer grundsätzlich jeweils eigene selbständige Leistungen. Die naturgemäße Verbindung des Kreditgeschäfts zu der Lieferung oder sonstigen Leistung reicht für sich genommen für die Annahme einer einheitlichen Leistung nicht aus.
I. Grundsätze des BFH-Urteils vom 13.11.2013, XI R 24/11
Der BFH hat mit Urteil vom 13.11.2013, XI R 24/11, entschieden, dass ein Unternehmer, der an ein Studentenwerk im Rahmen eines Public-Private-Partnership-Projekts eine Bauleistung (Werklieferung) ausführt, die mit einer 20-jährigen Finanzierung des Bauvorhabens durch ihn verbunden ist, neben einer umsatzsteuerpflichtigen Werklieferung eine eigenständige nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Kreditgewährung an das Studentenwerk erbringt.
Unter Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 17.1.2013, C-224/11, BGZ Leasing, führt der BFH aus, dass eine Werklieferung und eine Finanzierung derselben grundsätzlich nicht als derart eng miteinander verbunden angesehen werden können, dass sie einen einheitlichen Umsatz bilden. Auch wenn die Finanzierung die Realisierung des angestrebten Bauvorhabens erleichtere, sei davon auszugehen, dass sie im Wesentlichen einen eigenen Zweck erfüllt und nicht nur das Mittel darstellt, um die Werklieferung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Gleichwohl bleibe nach den allgemeinen Grundsätzen im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Leistungen jeweils umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilen oder als eine einheitliche Leistung zu betrachten sind. Eine gesonderte Rechnungsstellung und eine eigenständige Bildung des Leistungspreises sprechen dabei für das Vorliegen eigenständiger Leistungen.
Sei in Anbetracht der Umstände des Einzelfalles die Kreditierung des Werklieferungsentgelts bereits als eigenständige Leistung zu beurteilen, könne es – entgegen den Ausführungen in UStAE 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 – auf einen zahlenmäßig feststehenden Jahreszins nicht mehr ankommen.
Das BFH-Urteil vom 13.11.2013, XI R 24/11, wird im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht.
II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Unter Bezugnahme auf das genannte BFH-Urteil wird der UStAE 3.11 wie folgt geändert (hier verkürzt wiedergegeben):
Die Kreditgewährung im Zusammenhang mit einer erbrachten Lieferung oder sonstigen Leistungen stellt in der Regel eine eigenständige Leistung dar (UStAE 3.11 Abs. 1 Satz 1).
Anhaltspunkte, die für die Annahme mehrerer selbständiger Leistungen sprechen, sind dabei u.a.:
- gesonderte Vereinbarung von Lieferung oder sonstiger Leistung und Kreditgewährung;
- eigenständige Bildung von Leistungspreisen;
- gesonderte Rechnungsstellung (UStAE 3.11 Abs. 1 Satz 4).
- Gemäß § 4 Nr. 8 UStG sind Finanzierungsanteile umsatzsteuerbefreit.
- Wird im Zusammenhang mit anderen Leistungen ein Kredit gewährt, ist nunmehr genau zu prüfen, ob eine einheitliche (steuerpflichtige) Leistung vorliegt oder ob die Kreditgewährung eine eigenständige steuerfreie Leistung darstellt. Auch wenn das gewählte Finanzierungsmodell die angestrebte Leistungserbringung erst ermöglichen sollte, kann es dennoch einen eigenen Zweck (Umgehung Kreditaufnahme) erfüllen. In einem solchen Fall ist die Kreditgewährung nicht nur das Mittel, um die Leistung (z.B. Werklieferung) unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Folglich liegt in der Finanzierung auch keine (steuerpflichtige) Nebenleistung, sondern eine eigenständige steuerfreie (Haupt-)Leistung.
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[Anm. d. Red.]
BC 12/2017
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