FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.10.2017, 3 K 1565/15 (Revision zugelassen)
Den Gesellschaftern einer Personengesellschaft sind Gewinn und Verlust der Gesellschaft zuzurechnen. Doch kann bei einem unterjährigen Gesellschafterwechsel auch das bisher erwirtschaftete Ergebnis dem neuen Gesellschafter zustehen? Mit dieser Frage setzt ich das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz auseinander.
Praxis-Info!
Problemstellung
Der Gesellschafter einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) verkaufte seine Beteiligung an eine dritte Person. Die GbR erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Kaufvertrag sah vor, dass dem Erwerber Gewinn und Verlust des Geschäftsjahres, in dem der Kaufvertrag unterschrieben wurde, zustehen. Durch diverse Verzögerungen wurde der Kaufpreis erst im folgenden Geschäftsjahr gezahlt.
Nach Auffassung des Finanzamts war dem Käufer erst mit Zahlung des Kaufpreises ein anteiliger Verlust zuzuweisen.
Lösung
Aus Sicht des FG Rheinland-Pfalz ist der Erwerber vor Zahlung des Kaufpreises weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer des GbR-Anteils geworden. Gleichwohl stellt die Regelung im Kaufvertrag eine steuerrechtlich wirksame Vereinbarung zur Verlusttragung dar.
Das Finanzgericht weist darauf hin, dass es in Literatur und Rechtsprechung umstritten ist, ob ein Gesellschafter bei unterjährigem Eintritt in die Gesellschaft mit steuerrechtlicher Wirkung an dem bis zu seinem Eintritt erwirtschafteten Ergebnis beteiligt werden kann. Die bisherige BFH-Rechtsprechung lässt aber den Schluss zu, dass eine Beteiligung des Neugesellschafters am bisher erwirtschafteten Gewinn oder Verlust steuerrechtlich wirksam ist, wenn die geänderte Gewinn- bzw. Verlustverteilung im Vorfeld von den Gesellschaftern vereinbart wurde. Die im Ausgangsfall vorliegende Regelung des Kaufvertrags, wonach dem Erwerber Gewinn und Verlust des Geschäftsjahres des Vertragsschlusses zustehen, stellt eine solche Vorab-Regelung dar.
Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zugelassen, um diese Frage, die grundsätzliche Bedeutung hat, höchstrichterlich zu klären. Schließlich wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet, unter welchen Voraussetzungen eine Teilnahme an Verlusten, die vor dem Beitritt eines Gesellschafters entstanden sind, steuerlich berücksichtigt werden kann.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 12/2017
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