BMF-Schreiben vom 18.5.2017 an die Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft, III C 2 – S 7109/15/10001; DOK 2017/0442978
Die nachstehenden Antworten auf zwei Anwendungsfragen zu Betriebsveranstaltungen beziehen sich auf eine Eingabe der Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft vom 30.8.2016 an das Bundesfinanzministerium.
Hintergrund
Mit dem BMF-Schreiben vom 14.10.2015 (IV C 5 – S 2332/15/10001; III C 2 – S 7109/15/10001, vgl. Markgraf/Weber, BC 2015, 501 ff., Heft 11) hat die Finanzverwaltung Folgendes deutlich gemacht:
- Lohnsteuerlich wird für maximal zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr je ein Freibetrag von 110 € gewährt. Bislang galt eine Freigrenze in dieser Höhe. Der Freibetrag ist ein Betrag, welcher im Rahmen der Besteuerung immer „frei” bleibt; er mindert die Steuerbemessungsgrundlage. Wird die Höhe des Freibetrags überschritten, werden nicht die gesamten Einnahmen versteuert (Lohnsteuerpflicht), sondern nur der Teil der Einnahmen, der den Freibetrag übersteigt.
- Umsatzsteuerlich gilt weiterhin eine Freigrenze von 110 €. Die Freigrenze ist ein Betrag, bis zu welchem die Bemessungsgrundlage steuerfrei bleibt.
– Wenn der Betrag von 110 € (einschließlich Umsatzsteuer), der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt, nicht überschritten wird, ist umsatzsteuerlich von einer durch das überwiegende unternehmerische Interesse des Arbeitgebers veranlassten üblichen Zuwendung auszugehen. In diesem Fall ist der Arbeitgeber dem Grunde nach zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe ist nicht vorzunehmen.
– Übersteigt hingegen der Betrag, der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt, die Freigrenze von 110 € (einschließlich Umsatzsteuer), ist von einer überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlassten unentgeltlichen Zuwendung auszugehen. Mangels Bezug für das Unternehmen scheidet in diesem Fall eine Vorsteuerabzugsberechtigung aus. Die Frage der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe stellt sich daher von vornherein nicht. Dies gilt nicht nur für den übersteigenden Betrag, sondern für die gesamten Aufwendungen.
Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen können also nicht zum Teil unternehmerisch und zum Teil nichtunternehmerisch veranlasst sein. Entgegen der bisherigen Praxis fallen somit die lohn- und umsatzsteuerliche Beurteilung von Betriebsveranstaltungen auseinander.
Vorsteuerabzug für Aufwendungen zugunsten eines einzelnen Jubilars?
a) Frage
Steht einem Unternehmer (unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG) ein Vorsteuerabzug für Aufwendungen zugunsten eines einzelnen Jubilars zu, wenn
– der Betrag, der auf den einzelnen Teilnehmer entfällt, die steuerlich relevante Freigrenze von 110 € nicht überschreitet,
– aber über der Aufmerksamkeitsgrenze von 60 € nach Abschn. 1.8 Abs. 3 Satz 2 UStAE liegt?
b) Antworten
- Zu den Betriebsveranstaltungen gehören auch Jubilarfeiern, nicht aber die Ehrung eines einzelnen Jubilars; für Einzelfeiern gilt bereits lohnsteuerlich die Sonderregelung in R 19.3 Abs. 2 Nr. 3 LStR – 110 €-Freigrenze je Teilnehmer (vgl. BMF-Schreiben vom 7.12.2016, IV C 5 – S 2332/15/10001, BC 2017, 8 f., Heft 1). Danach sind übliche Sachleistungen des Arbeitgebers dann als Arbeitslohn anzusehen, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer mehr als 110 € je teilnehmender Person betragen (lohnsteuerlich ausnahmsweise geltende Freigrenze). Hierbei sind auch Geschenke bis zu einem Gesamtwert von 60 € in die Freigrenze einzubeziehen.
- Umsatzsteuerlich stellt die Ehrung eines einzelnen Jubilars keine Betriebsveranstaltung im Sinne von Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 UStAE dar. Die Freigrenze von 110 € kommt somit nicht zur Anwendung. Demzufolge sind sämtliche im Rahmen einer solchen Veranstaltung zugewendeten Leistungen grundsätzlich der Umsatzsteuer (unentgeltliche Wertabgabe) zu unterwerfen, wenn diese Leistungen zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
Ausnahme: - Eine Besteuerung scheidet jedoch aus, wenn der Leistungsbezug zuvor mit der Absicht erfolgt ist, diesen zu einem späteren Zeitpunkt unentgeltlich zuzuwenden. Denn in diesem Fall kann schon ein Vorsteuerabzug aus dem Leistungsbezug nicht geltend gemacht werden (vgl. Abschn. 15.15 Abs. 1 Satz 1 UStAE).
- Dies gilt jedoch nicht für die in diesem Zusammenhang zugewendeten Aufmerksamkeiten (z.B. Blumen, Genussmittel), sofern diese unterhalb der Grenze von 60 € bleiben (Abschn. 1.8 Abs. 3 Satz 2 UStAE). Für diese Aufmerksamkeiten ist der Vorsteuerabzug entsprechend der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Arbeitgebers möglich, ohne dass sie die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe auslösen (Abschn. 1.8 Abs. 2 Satz 7 und Abs. 3 sowie Abschn. 15.15 Abs. 2 UStAE).
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Angemeldete oder anwesende Teilnehmer maßgeblich?
a) Frage
Kann für Zwecke der Umsatzsteuer die Anzahl der angemeldeten Teilnehmer für die Freigrenze von 110 € herangezogen werden (Teilnahmefiktion)?
b) Antwort
Die Umsatzsteuer orientiert sich bei der Berechnung der Kosten, die auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallen, an den lohnsteuerlichen Grundsätzen. Demnach ist bei der Ermittlung der anteiligen Aufwendungen je teilnehmender Person auf die anwesenden Teilnehmer abzustellen, nicht auf die angemeldeten Teilnehmer. Dies gilt auch dann, wenn die Zahl der angemeldeten Teilnehmer deutlich höher ist als die Zahl der anwesenden Teilnehmer. Eine Sonderregelung kommt in diesem Fall auch für die Cateringkosten nicht in Betracht (vgl. BMF-Schreiben vom 7.12.2016, IV C 5 – S 2332/15/10001, BC 2017, 8 f., Heft 1).
[Anm. d. Red.]
BC 7/2017
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