BMF-Schreiben vom 7.3.2018, IV C 6 – S 2139/17/10001 :001; DOK 2018/0024866
Mithilfe der sog. § 6b-Rücklage kann die steuerpflichtige Aufdeckung stiller Reserven bei Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter (insbesondere Grund und Boden, Gebäude) verhindert werden. Die stillen Reserven werden hierbei auf andere neu angeschaffte Ersatzwirtschaftsgüter übertragen. Was ist dabei für Reinvestitionen im EU/EWR-Ausland nach § 6b Abs. 2a EStG vorgesehen?
Nach § 6b Abs. 2a Satz 1 EStG (in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2015 – StÄndG 2015) kann die festgesetzte Steuer, die auf einen Gewinn im Sinne des § 6b Abs. 2 EStG entfällt, auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden. Voraussetzung hierfür ist: Im Jahr der Veräußerung eines nach § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG begünstigten Wirtschaftsguts oder in den folgenden vier Jahren wird oder soll ein in § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG bezeichnetes Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt werden, das einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zuzuordnen ist.
Nach dem BFH-Urteil vom 22.6.2017 (VI R 84/14) bestehen gegen die Regelung des § 6b Abs. 2a EStG keine unionsrechtlichen Bedenken.
Abb.: Generelle Anwendung des § 6b EStG
1. Stellung des Antrags nach § 6b Abs. 2a Satz 2 EStG
Der Antrag kann (gemäß § 6b Abs. 2a Satz 2 EStG) zwar „nur im Wirtschaftsjahr der Veräußerung“ gestellt werden. Gemäß § 52 Abs. 14 Satz 1 EStG sind allerdings auch Gewinne (im Sinne des § 6b Abs. 2a EStG) begünstigt, die bereits vor dem Datum der Verkündung des StÄndG 2015 am 6.11.2015 entstanden sind.
Die Finanzverwaltung vertritt hier eine weite Auslegung: Der Antrag kann deshalb in allen Fällen berücksichtigt werden, in denen die materielle Bestandskraft des betroffenen Steuerbescheids noch nicht eingetreten ist. Bei vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr von Land- und Forstwirten ist der noch nicht bestandskräftig veranlagte Steuerbescheid maßgebend, in dem der anteilige Gewinn (im Sinne des § 6b Abs. 2a EStG) aus der Veräußerung des begünstigten Wirtschaftsguts erfasst ist.
Der Antrag (nach § 6b Abs. 2a EStG) kann auch im Rahmen einer Betriebsveräußerung gestellt werden. In diesem Fall findet mit Blick auf die gebotene unionsrechtskonforme Handhabung zugunsten des Steuerpflichtigen die Regelung in EStR 6b.2 Abs. 10 bei einer Betriebsveräußerung entsprechende Anwendung.
Demzufolge kann eine bereits gewährte Ratenzahlung nach § 6b Abs. 2a EStG auch noch für die Zeit weitergeführt werden kann, für die sie ohne Veräußerung des Betriebs zulässig gewesen wäre.
Der Antrag nach § 6b Abs. 2a EStG ist nicht formgebunden.
2. Behandlung von „Altfällen“
Sog. „Altfälle“ liegen vor:
- bei als Reinvestitionsrücklage erfasstem begünstigtem Veräußerungsgewinn vor der Verkündung des StÄndG 2015 am 6.11.2015,
- bei abgegebener Steuererklärung vor dem 6.11.2015,
- bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten für in § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG bezeichnete Wirtschaftsgüter, die vor Auflösung der Rücklage angeschafft oder hergestellt worden sind und einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR zuzuordnen sind.
In diesen „Altfällen“ ist das Jahr, in dem der Auflösungsbetrag für die nach § 6b Abs. 3 EStG gebildete Rücklage zu versteuern ist, als das Jahr der Veräußerung zu werten. Hierbei kommt es auf die Möglichkeit der Bilanzänderung nicht an.
3. Reinvestitionsabsicht im Rahmen des § 6b Abs. 2a Satz 2 EStG
Die Darlegung einer Reinvestitionsabsicht wird nach § 6b Abs. 2a EStG nicht gefordert. Damit reicht die objektive Möglichkeit künftiger grenzüberschreitender Aktivitäten aus. Es ist daher nicht zwingend, dass der Steuerpflichtige bereits vor Stellung des Antrags (nach § 6b Abs. 2a EStG) eine Betriebsstätte im begünstigten Ausland unterhält. Eine denkbare und mögliche spätere Reinvestition in das Betriebsvermögen einer EU/EWR-Betriebsstätte ist ausreichend.
Eine partielle oder ausbleibende Reinvestition in eine EU/EWR-Betriebsstätte führt nicht zu einer Aufhebung der gewährten Ratenzahlung nach § 6b Abs. 2a EStG.
Im Zuge der rückwirkenden Anwendung von § 6b Abs. 2a EStG genügt ein Stundungsantrag „für“ das betreffende Wirtschaftsjahr. Der Steuerpflichtige ist dann so zu stellen, als habe er die Stundung rechtzeitig beantragt. Allerdings gilt die Stundung lediglich für einen Stundungszeitraum von fünf Jahren. Innerhalb dieses Zeitraums wird die gestundete Steuer in fünf gleichen Jahresbeträgen zurückgeführt. Für die ratierliche Zahlung des Stundungsbetrags gilt § 36 Abs. 5 Sätze 2 bis 5 EStG entsprechend. Danach ist die erste Jahresrate innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten; die übrigen Jahresraten sind jeweils am 31. Mai der Folgejahre fällig. Die Jahresraten sind dabei nicht zu verzinsen. |
[Anm. d. Red.]
BC 4/2018
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