BFH-Urteil vom 25.4.2018, VI R 51/16
Im Rahmen einer Betriebsaufgabe wird neben der Schlussbilanz noch die sog. Aufgabebilanz erstellt. Während der laufende Gewinn in der Schlussbilanz der normalen Besteuerung unterworfen wird, ist der in der Aufgabebilanz ermittelte Aufgabegewinn steuerbegünstigt. Es stellt sich die Frage, ob ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten (pRAP) in der Aufgabe- oder in der Schlussbilanz aufzulösen ist.
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Problemstellung
Der Kläger erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Im Rahmen der Finanzierung eines neuen Schweinestalls erhielt er einen Zinszuschuss nach dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm. Der Zinszuschuss wurde mittels eines pRAP auf die Laufzeit des Darlehens aufgeteilt. Im Rahmen einer späteren Betriebsaufgabe wurde der Schweinestall an einen anderen Landwirt verpachtet und das Darlehen privat weitergeführt.
Aus Sicht des Finanzamts war die Auflösung des pRAP in der Schlussbilanz vorzunehmen. Kläger und erstinstanzliches Finanzgericht vertraten dagegen die Auffassung, der pRAP sei nicht zugunsten des laufenden Gewinns aufzulösen, sondern beim Betriebsaufgabeergebnis zu berücksichtigen.
Hiergegen richtet sich die Revision des Finanzamts.
Lösung
Der BFH folgt in seinem Urteil der Auffassung von Kläger und Finanzgericht. Unstreitig war der pRAP zu Recht gebildet worden und war zur Betriebsaufgabe hin aufzulösen. Während die Schlussbilanz die laufende betriebliche Tätigkeit des Klägers – hier seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb – abschließt, werden in der Aufgabebilanz die veräußerten und in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter sowie die verbliebenen Schulden mit den Werten des § 16 Abs. 3 EStG angesetzt. Auf Basis des Betriebsvermögensvergleichs wird mit der Schlussbilanz also der Gewinn des letzten (Rumpf)Geschäftsjahres ermittelt, während mithilfe der Aufgabebilanz der tarifbegünstigte Aufgabegewinn errechnet wird.
Die Abgrenzung zwischen laufendem Gewinn und tarifbegünstigtem Aufgabegewinn erfolgt grundsätzlich auf Basis des zeitlichen und wirtschaftlichen bzw. sachlichen Zusammenhangs des einzelnen Geschäftsvorfalls mit
– dem laufenden Geschäftsbetrieb einerseits und
– der Betriebsaufgabe andererseits.
Im Ausgangsfall lag der Grund für die Auflösung des pRAP in der Überführung des Darlehens in das Privatvermögen des Klägers, so dass ein enger zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe gegeben ist. Da allein die Betriebsaufgabe zur Auflösung des pRAP führt, ist der hieraus entstehende Gewinn dem Aufgabegewinn zuzurechnen.
Etwas anderes hätte sich ergeben, wenn das Darlehen nicht in das Privatvermögen überführt, sondern vorzeitig getilgt worden wäre. In einem solchen Fall würde die Auflösung des pRAP nicht aufgrund der Betriebsaufgabe, sondern aufgrund der vorzeitigen Tilgung erfolgen. Ein direkter wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe wäre nicht gegeben; der Auflösungsgewinn müsste dann dem laufenden Gewinn zugerechnet werden.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 10/2018
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