FG Düsseldorf, Urteil vom 26.4.2018, 11 K 789/14 F (Revision zugelassen)

Im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung festgestellte Mehrergebnisse einer Personengesellschaft werden in der Regel gemäß dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel den Gesellschaftern zugerechnet. Doch kann im Falle von betrügerischen Handlungen ein anderer Verteilungsschlüssel geboten sein, wie das Finanzgericht (FG) Düsseldorf klarstellt.
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Problemstellung
Der Kläger A war Mitgesellschafter bei einer Steuerberater-GbR (= Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Die Gewinnermittlung der GbR erfolgte mittels Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR). Die Abschlüsse wurden vom zweiten Mitgesellschafter CB erstellt. Es war vereinbart, dass CB ein Vorabgewinn von 240.000 € und A ein Vorabgewinn von 120.000 € zustehen soll. Der darüber hinausgehende Gewinn war hälftig zwischen den Gesellschaftern zu teilen. Die Gesellschafter trennten sich im Streit.
Jeder der Gesellschafter erstattete eine Selbstanzeige, woraufhin vom Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung eine Fahndungsprüfung durchgeführt wurde. Dabei kam heraus, dass CB diverse Honorareinnahmen an der Buchhaltung vorbei auf seinem Privatkonto vereinnahmt hatte. Darüber hinaus hatte CB Bareinnahmen und erhaltene Schecks veruntreut. Die Mehreinnahmen wurden den GbR-Gesellschaftern nach dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet.
Aus Sicht des Klägers sind die von der Steuerfahndung festgestellten Mehrergebnisse als Sonderbetriebseinkünfte zulasten des zwischenzeitlich verstorbenen CB zu erfassen. Der Kläger führt an, er habe von den im Fahndungsbericht genannten Mehrergebnissen keine Kenntnisse gehabt. Durch eine Einsichtnahme in die interne Leistungserfassung oder eine etwaige Prüfung der monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) habe ihm dies nicht auffallen können, da die Buchhaltung auf Einnahmen- und Ausgabenbasis geführt wurde.
Lösung
Das FG Düsseldorf folgt der Auffassung des Klägers nur teilweise. Zwar ist gemäß BFH-Rechtsprechung der durch eine steuerliche Betriebsprüfung nachträglich festgestellte Mehrgewinn einer Personengesellschaft grundsätzlich allen Gesellschaftern nach dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen. Doch kann bei einer Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) ausnahmsweise davon abgewichen werden. Dies setzt voraus, dass ein Gesellschafter ausstehende Vermögenswerte am noch nicht realisierten Gesellschaftsvermögen vorbei vereinnahmt und die anderen Gesellschafter dem nicht zustimmen.
Ein späterer Ausgleich unter den Gesellschaftern kann erst in dem Veranlagungszeitraum Berücksichtigung finden, in dem dieser tatsächlich erfolgt. Zu unterscheiden ist der Sachverhalt, bei dem ein Gesellschafter unberechtigte Entnahmen aus dem bereits realisierten Gesellschaftsvermögen veruntreut. Hier bleibt es bei einer Verteilung des Gewinns auf Basis des vereinbarten Aufteilungsschlüssels.
Im Ausgangsfall hat CB Einnahmen am Gesellschaftsvermögen vorbei vereinnahmt. Eine Zustimmung des Klägers lag dafür nicht vor. Zwar kann die Zustimmung auch durch konkludentes (schlüssiges) Handeln erfolgen, also z.B. der Duldung einer vom Gesellschaftsvertrag abweichenden praktischen Handhabung durch die Gesellschafter über einen längeren Zeitraum. Die Feststellungslast einer solchen Zustimmung trägt dabei der Gesellschafter, der die Beträge am Gesellschaftsvermögen vorbei vereinnahmt hat. Dies ist im Ausgangsfall aus Sicht des FG Düsseldorf nicht geschehen. Somit ist nicht erwiesen, dass der Kläger von den Vereinnahmungen wusste und sie duldete. Demzufolge stellen die auf das Privatkonto des CB geflossenen Beträge Sonderbetriebseinnahmen dar und sind dem Kläger nicht zuzurechnen.
Anders verhält es sich dagegen bei den Bargeldeinnahmen und den veruntreuten Schecks. Die Übergabe von Bargeld und Schecks an einen Mitarbeiter führen bereits zu einem Zufluss bei der GbR. Somit sind die Beträge aus dem bereits realisierten Gesellschaftsvermögen veruntreut worden. In einem solchen Fall bleibt es jedoch bei einer Verteilung der Mehrergebnisse nach dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel.
Der Fall zeigt die Risiken von Bargeld- und Scheckeinnahmen. Gemäß BFH-Rechtsprechung schließt der geheime Vorbehalt eines empfangsbevollmächtigten Gesellschafters einer Personengesellschaft, den erhaltenen Vermögensvorteil (z.B. Bargeld oder Scheck) zu veruntreuen, den Zufluss bei der Personengesellschaft nicht aus. |
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 7/2018
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