BFH-Urteil vom 27.6.2018, X R 44/16
Umsatzsteuer-Vorauszahlungen, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres gezahlt werden, sind (gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG) im Vorjahr steuerlich abziehbar. Umstritten war jedoch die steuerliche Behandlung, wenn der Fälligkeitstag auf einen Sonnabend (Samstag) oder Sonntag fällt. Der BFH hat hier nun für Klarheit gesorgt.
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Problemstellung
Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR). Sie leistete die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Dezember 2014 am 8.1.2015 (Wertstellung auf dem Bankkonto der Klägerin) und machte die Zahlung als Betriebsausgabe für das Jahr 2014 geltend.
Das Finanzamt versagte den Betriebsausgabenabzug im Jahr 2014, da die Umsatzsteuer-Vorauszahlung erst am 10. Tag des Folgemonats fällig geworden ist. Die 10-Tages-Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG sei generell nicht anzuwenden, wenn der Fälligkeitstag außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums liegt. Der 10.1.2015 war im vorliegenden Fall ein Samstag, so dass sich die Fälligkeit auf den folgenden Montag, 12.1.2015, verschoben hat. Somit liegt die Fälligkeit außerhalb der 10-Tages-Frist des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG. Eine Berücksichtigung im abgelaufenen Kalenderjahr kann aber nur erfolgen, wenn Zahlungs- und Fälligkeitszeitpunkt innerhalb der 10-Tages-Frist liegen.
Lösung
Der BFH stimmt zwar den Argumenten des Finanzamts zu, kommt aber dennoch zu einem anderen Schluss.
Zu Recht geht das Finanzamt davon aus, dass eine Rückverlagerung der Ausgabe nur erfolgen kann, wenn sowohl Zahlungs- als auch Fälligkeitszeitpunkt innerhalb der 10-Tages-Frist liegen. Im Ausgangsfall ist die Zahlung unstreitig am 8. Januar (Abfluss hier acht Tage nach Beendigung des Kalenderjahres) und somit innerhalb der 10-Tages-Frist entrichtet worden. Anders als vom Finanzamt angenommen, liegt aber auch der Fälligkeitszeitpunkt innerhalb der 10-Tages-Frist. Bei der Ermittlung der Fälligkeit ist allein auf die gesetzliche Frist abzustellen; eine mögliche Verlängerung der Frist wegen eines Wochenendes oder gesetzlichen Feiertags spielt keine Rolle.
Umsatzsteuer-Vorauszahlungen sind (gemäß § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG) am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig. Im Ausgangsfall war die Umsatzsteuer-Vorauszahlung der Klägerin für den Dezember 2014 somit am 10.1.2015 und infolgedessen innerhalb des 10-Tages-Zeitraums fällig. Demnach liegen Zahlungs- und Fälligkeitszeitpunkt innerhalb der 10-Tages-Frist; die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Dezember 2014 kann als Betriebsausgabe im Jahr 2014 erfasst werden.
Im Ausgangsfall war entscheidend, dass die Zahlung innerhalb des 10-Tages-Zeitraums geleistet wurde. Wäre die Zahlung erst am Montag, 12.1.2015, ausgeführt worden, so wäre sie zwar fristgerecht, aber außerhalb des 10-Tages-Zeitraums erfolgt. In diesem Fall hätte die Ausgabe nicht mehr im Jahr 2014 berücksichtigt werden können. - Bei Überweisungen ist der Tag des Zahlungseingangs auf dem Konto der zuständigen Finanzkasse (Betragsgutschrift/Tag der Wertstellung) maßgebend (vgl. § 224 Abs. 2 Nr. 2 AO). Demnach muss der Steuerpflichtige selbst dafür Sorge tragen, die Zahlung rechtzeitig anzuweisen. Der BFH stellt demgegenüber auf den Zeitpunkt des Abflusses vom Bankkonto des Steuerpflichtigen ab. Der Zeitpunkt des Abflusses (bzw. Zuflusses) bestimmt, wann der Geldausgang bzw. Geldeingang beim Bilanzierenden zu erfassen ist. Wenn also beispielsweise die Umsatzsteuer-Vorauszahlung am 10. Tag des Monats geleistet wird, findet zwar der Abfluss noch innerhalb der Zehn-Tages-Frist statt; die im Januar getätigte Zahlung darf noch als Betriebsausgabe im Vorjahr angesetzt werden. Die Wertstellung beim Finanzamt erfolgt dann aber – je nach Zahlungsmethode – ein paar Tage später, so dass hier unter Umständen mit Säumniszuschlägen seitens des Finanzamts zu rechnen ist.
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Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 11/2018
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