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Zweifelsfragen zur Übertragung und Überführung von einzelnen Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 EStG

BC-Redaktion

OFD Frankfurt, Verfügung vom 10.4.2019, S 2241 A-117-St 213

 


 

 

Ergänzung zum BMF-Schreiben vom 12.9.2013, BStBl. I, 1164, Tz. I.1.a) und II.1.a):

Das Verfahren X R 28/12 sowie die diesbezügliche Vorlage an den Großen Senat des BFH (GrS 1/16) sind zwischenzeitlich ohne Entscheidung der vorgelegten Rechtsfrage beendet worden.

Allerdings sind nunmehr zur Thematik zwei neue Verfahren am BFH anhängig geworden (BFH X R 18/18 und X R 19/18), sodass Einspruchsverfahren weiterhin nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO ruhen.

Durch Beschluss der Referatsleiter des Bundes und der Länder wurden weitere Zweifelsfragen geregelt:

 

Behandlung von Verbindlichkeiten, die mit einem nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut in Zusammenhang stehen

 

Sachverhalt:

Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft wird ein Grundstück (Anlagevermögen), das bisher im Eigentum der Obergesellschaft (OG) stand und zu einem Teil (1) für eigenbetriebliche Zwecke der OG genutzt und zum anderen Teil (2) an die Untergesellschaft (UG) vermietet war, nach § 6 Abs. 5 EStG (für den Teil 1 gegen Minderung von Gesellschaftsrechten und für den Teil 2 unentgeltlich) auf den Gesellschafter X der OG übertragen. Das mit diesem Grundstück zusammenhängende Darlehen bleibt unverändert bestehen; es wird von X nicht übernommen. Auch die Nutzung beider Grundstücksteile bleibt unverändert.

Vor der Übertragung gehörte Teil 1 des Grundstücks zum Gesamthandsvermögen der OG, Teil 2 zum Sonderbetriebsvermögen der OG bei der UG. Das Darlehen war bisher, soweit es auf den Teil 1 des Grundstücks entfällt, in der Gesamthandsbilanz der OG und, soweit es auf den Teil 2 des Grundstücks entfällt, als negatives Sonderbetriebsvermögen der OG bei der UG ausgewiesen.

Nach der Übertragung stellt Teil 1 des Grundstücks Sonderbetriebsvermögen des X bei der OG und Teil 2 des Grundstücks Sonderbetriebsvermögen des X bei der UG dar.

 

Lösung:

Das mit Teil 1 des Grundstücks (Fall des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG) im Zusammenhang stehende Fremdfinanzierungsdarlehen bleibt – wegen der Veräußerung gegen Minderung von Gesellschaftsrechten – in vollem Umfang eine betriebliche Schuld der OG.

Das mit Teil 2 des Grundstücks (Fall des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 3 EStG) im Zusammenhang stehende Fremdfinanzierungsdarlehen wird, soweit ein Beteiligungsverhältnis zwischen der übertragenden OG und dem übernehmenden X unverändert besteht (also entsprechend dem Anteil des X an der OG), zu einer betrieblichen Schuld im Sonderbetriebsvermögen des X bei der UG.

Wegen der insoweit unentgeltlichen Eigentumsübertragung (Rz. 1 und 8 S. 2 des BMF-Schreibens vom 8.12.2011, BStBl. I, 1279) wird der restliche Fremdfinanzierungsanteil zum Teil 2 zu einer privaten Schuld der übrigen Gesellschafter der OG.

 

 

Anwendung des § 6b EStG bei Übertragung/Veräußerung von Wirtschaftsgütern zwischen personenidentischen Schwestergesellschaften

 

Sachverhalt:

Die Ehegatten A und B führen in der Rechtsform einer GbR einen Betrieb, zu dessen Betriebsvermögen ein vermietetes Einfamilienhaus gehört. Das Einfamilienhaus soll aus dem Gesamthandsvermögen der GbR in eine neu gegründete, gewerblich geprägte GmbH & Co. KG (die Kommanditanteile halten die Ehegatten zu jeweils 50%) übertragen werden. Die Übertragung soll gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an A und B (Buchung auf dem jeweiligen Kapitalkonto von A und B bei der KG) erfolgen.

 

Lösung:

Gegen die Annahme einer Veräußerung im Sinne der §§ 6b und 6c EStG bestehen Bedenken, denn die Übertragung der Immobilie erfolgt gegen Minderung von Gesellschaftsrechten von A und B an der GbR und eine entsprechende Erhöhung von Gesellschaftsrechten von A und B an der personenidentischen KG; im Ergebnis liegt nur eine „Verschiebung” von bisher schon bestehenden Gesellschaftsrechten und gerade keine „Gewährung” von zusätzlichen (neuen) Gesellschaftsrechten vor, wie sie für die Annahme eines tausch- oder veräußerungsähnlichen Vorgangs regelmäßig verlangt wird.

Eine Anwendung von § 6b und § 6c EStG ist daher nicht zuzulassen.

 

 

Praxis-Info!

Nach allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen sind die stillen Reserven, die in dem übertragenen Wirtschaftsgut enthalten sind, aufzudecken; der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts (z.B. eines Grundstücks) wäre Bemessungsgrundlage für die Anschaffungskosten des Erwerbers. Diese Rechtsfolge schließt allerdings § 6 Abs. 6 S. 4 EStG für die in § 6 Abs. 5 EStG geregelten Fallgestaltungen aus, um die dort geregelten Umstrukturierungen nicht durch steuerlich nachteilige Folgen zu behindern. Aufgrund der Fortsetzung des (mit-)unternehmerischen Engagements sind solche Umstrukturierungen steuerlich begünstigt (durch § 6 Abs. 5 EStG). Voraussetzung: Die Besteuerung der durch die Buchwertverknüpfung nicht aufgedeckten stillen Reserven ist sichergestellt.

Der Wertansatz (Buchwert oder Teilwert) von Einzelwirtschaftsgütern des Betriebsvermögens, die

  • übertragen (= Rechtsträgerwechsel mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums) bzw.
  • überführt (= nur Wechsel der steuerlichen Zuordnung zu einem anderen Betriebsvermögen ohne Rechtsträgerwechsel)

werden, ist in § 6 Abs. 5 S. 4 EStG geregelt. Dabei handelt es sich um eine abschließende Aufzählung der zum Buchwert möglichen Übertragungs- bzw. Überführungsvorgänge. Die Regelung knüpft die Buchwertübertragung von Einzelwirtschaftsgütern für Übertragungen an eine dreijährige Behaltefrist beim Übernehmer. Der Übernehmer darf das zuvor übertragene Wirtschaftsgut in diesem Zeitraum nicht verkaufen oder entnehmen, ansonsten ist die Übertragung rückwirkend mit dem Teilwert anzusetzen. Mit anderen Worten: Die stillen Reserven werden dann rückwirkend realisiert.

EStR 6.15 stellt hierzu klar: Diese rückwirkende Gewinnrealisierung tritt auch dann ein, wenn sich durch die Übertragung des Wirtschaftsguts der Anteil des übertragenden Gesellschafters am Wirtschaftsgut gar nicht verändert hatte.

 

Beispiel Übertragung eines unbebauten Grundstücks:

Unternehmer U ist als einziger Kommanditist an einer GmbH & Co. KG beteiligt. Die Komplementär-GmbH ist am Vermögen der KG nicht beteiligt. U übertrug am 1.8.2015 ein unbebautes Grundstück (Buchwert: 100.000 €, Teilwert: 300.000 €) unentgeltlich aus seinem Einzelunternehmen auf die GmbH & Co. KG. Die Einkommensteuererklärung des Jahres 2015 gab er im Dezember 2016 beim Finanzamt ab. Die GmbH & Co. KG veräußerte das Grundstück im Juli 2019 für 320.000 €.

 

Lösung:

Die Übertragung des Grundstücks hat zunächst (gemäß § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG) zwingend zum Buchwert zu erfolgen. Sofern die GmbH & Co. KG das Grundstück mit seinem Teilwert ansetzen sollte, würde die Gewinnrealisierung durch eine negative Ergänzungsbilanz des U (Minderwert Grundstück: 200.000 €) neutralisiert.

Die dreijährige Behaltefrist begann jedoch erst im Dezember 2016 mit Abgabe der Einkommensteuererklärung des U für das Jahr 2015. Die Veräußerung durch die GmbH & Co. KG innerhalb der Veräußerungsfrist führt daher rückwirkend zur Aufdeckung der stillen Reserven in Höhe von 200.000 € im Einzelunternehmen des U im Veranlagungszeitraum 2002. Die GmbH & Co. KG realisiert dann durch den Verkauf im Jahr 2019 lediglich stille Reserven in Höhe von 20.000 € (320.000 € ./. 300.000 €).

 

 

 

Bitte beachten!

Sofern es sich um ein abnutzbares Wirtschaftsgut, etwa ein Gebäude, handelt, ergäbe sich durch den Teilwertansatz nachträglich für die GmbH & Co. KG eine höhere AfA-Bemessungsgrundlage und eine höhere Gebäude-AfA in den Folgejahren.

 

 

Gemäß EStR 6b.1 Abs. 1 S. 5 ist in solchen Fällen des rückwirkenden Teilwertansatzes die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG zulässig (Gewinnübertragung), wenn die Übertragung des nach § 6b EStG begünstigten Wirtschaftsgutes entgeltlich (z.B. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) erfolgt ist.

§ 6b EStG ist jedoch lediglich auf die Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter anwendbar (insbesondere Grundstücke und Gebäude). Daher können nicht alle nachträglichen Gewinnrealisierungen infolge der Anwendung des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG durch die Bildung von 6b-Rücklagen im Rahmen von Bilanzänderungen ausgeglichen werden.

 

 

[Anm. d. Red.] 

 

BC 8/2019 

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