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CSR-Berichterstattung: Fortschritte, aber noch klare Mängel

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

 

Derzeit sehen sich große, aber auch kleine Unternehmen hinsichtlich der Berichterstattung mit stark gestiegenen Erwartungen von außen konfrontiert: Dazu hat nicht zuletzt das in 2017 in Deutschland verabschiedete CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz beigetragen. Dieses verpflichtet große Unternehmen von öffentlichem Interesse dazu, über wesentliche nichtfinanzielle Belange Auskunft zu geben. Eine Bestandsaufnahme des aktuellen Entwicklungsstands und ein Ausblick auf neue Akzente war kürzlich in Köln Gegenstand der Schmalenbach-Tagung 2019. Parallel dazu und im Nachgang sind Aktivitäten auf internationaler Ebene in Gang gesetzt worden. Noch aber werden in der Praxis klare Mängel insbesondere bei Nachhaltigkeitsberichten beklagt.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Zu den in letzter Zeit stark angestiegenen Erwartungen an die Berichterstattung hat nicht nur das im März 2017 in Deutschland verabschiedete CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) geführt. So ist mit Beginn des Jahres 2019 insbesondere die klimabezogene Berichterstattung der Unternehmen verstärkt in den EU-Fokus geraten – hierüber wurde bereits im BC-Newsletter näher informiert. Beispielsweise sollen Unternehmen im Rahmen ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung beschreiben, wie sich der Klimawandel kurz-, mittel- und langfristig auf das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens auswirken könnte. Angestrebt wird vor allem auch, dass Unternehmen eine längerfristige Perspektive einnehmen, als es im Rahmen der finanziellen Berichterstattung üblich ist. Darüber hinaus sollen Unternehmen darüber berichten, welche klimabezogenen Risiken identifiziert wurden. Um eine bessere Vergleichbarkeit klimabezogener Informationen zu ermöglichen, wird die Verwendung von Schlüsselgrößen (Key Performance Indicators) vorgeschlagen.

Vor diesem höchstaktuellen Hintergrund fand am 11.4.2019 die diesjährige Schmalenbach-Tagung statt. Die dort vorgetragenen Lösungsansätze (vgl. dazu ausführlich Hillmer, KoR 2019, 354 ff.) waren durch Optimismus geprägt; es wurden aber auch deutliche Missstände angesprochen, die einige Wochen nach der Tagung kürzlich im Rahmen einer Cometis-Studie auf den Punkt gebracht wurden.

 

 

Lösung

Auch anlässlich der Schmalenbach-Tagung hatte Prof. Dr. Axel Haller (Lehrst. Financial Accounting and Auditing an der Universität Regensburg und Mitglied des Vorstands der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.) im Rahmen seines Berichts über Studienergebnisse zur CSR-Berichterstattung beklagt, dass eine sehr heterogene (verschiedenartige) Berichtslandschaft zu beobachten sei, die die Vergleichbarkeit erschwere. Die Darstellung außerhalb des Lageberichts überwiegt demnach deutlich, allerdings mit abnehmender Tendenz. Die Option „eigenständiger Bericht“ scheint im Vergleich 2017/2018 abzunehmen. Eine vollständige Integration in den Lagebericht findet sich fast ausschließlich bei den DAX-30-Unternehmen.

Während große Unternehmen primär nach den Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI) berichten, nutzen kleinere mit einer Mitarbeiteranzahl von weniger als 1.000 verstärkt den Deutschen Nachhaltigkeitskodex oder gar kein Rahmenwerk. Mögliche Gründe hierfür könnten in unterschiedlichen Interpretationen der Wesentlichkeitsanforderungen der Rahmenwerke und der nichtfinanziellen Erklärung liegen sowie eine empfundene Untauglichkeit für das Geschäftsmodell sein.

Der CSR-Berichterstattungsexperte stellte sehr infrage, ob die Kernziele der Normierung der CSR-Berichterstattung insoweit erreicht worden sind. Dies gilt insbesondere in Bezug auf das Ziel, das durch die neuen Vorgaben für die Berichterstattung unmittelbar auch das Handeln der Unternehmen beeinflusst und ein Anreiz geschaffen werden kann, nichtfinanziellen Belangen und damit verbundenen Risiken, Konzepten und Prozessen stärkeres Gewicht in der Unternehmensführung beizumessen.

Nicht zuletzt die Unterschiedlichkeit der Vorgehensweisen in der Berichterstattungspraxis wird dafür sorgen, dass die nichtfinanzielle Berichterstattung in 2019/2020 eher noch vermehrt auf der Agenda wissenschaftlicher und praxisorientierter Diskussions- und Arbeitsrunden stehen wird. Und das scheint auch dringend erforderlich; denn nach einem Bericht in der F.A.Z. vom 28.5.2019 sind Nachhaltigkeitsberichte oft mangelhaft:

„Die im vergangenen Jahr von 131 Unternehmen aus der DAX-Familie vorgelegten Nachhaltigkeitsberichte bieten spärliche Informationen und sind kaum miteinander vergleichbar.

Zu diesem Ergebnis kommen Kommunikationsberater der Cometis AG (spezialisiert auf Investor-Relations-Beratung) auf der Basis einer systematischen Auswertung der Berichte zur gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen (Corporate Social Responsibility; CSR).

Insbesondere seien die Kriterien für Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und gute Unternehmensführung – nach den englischen Begriffen Environment, Social und Governance mit ESG abgekürzt – noch immer stark von der subjektiven Wahrnehmung geprägt und stellen die EU-Kommission vor Schwierigkeiten, ein europäisches Regelwerk für die nachhaltige Ausrichtung des Finanzmarkts zu erstellen. Ähnlich vage fallen die ESG-Angaben deutscher Unternehmen aus. „Viele Berichte enthalten leider oftmals Worthülsen“ – so brachte es der Cometis-Vorstand Henryk Deter auf den Punkt (siehe dazu unter https://www.cometis.de/de/csr-berichte-noch-ohne-einheitliche-standards). Demzufolge werden messbare Daten zur Nachhaltigkeitsperformance zu selten berichtet. Oftmals sei weder ein Vergleich mit anderen Unternehmen möglich, noch werde eine Entwicklung im Zeitverlauf erkennbar.

 

 

 

Praxishinweise:

  • Für Controller/innen und Bilanzbuchhalter/innen leiten sich aus dem trotz aller Mängel unumkehrbaren Trend zur CSR- bzw. Nachhaltigkeitsberichterstattung verschiedene neue Anforderungen ab. Eine Voraussetzung für den weiteren Ausbau von entsprechenden Ansätzen ist, dass die in den Unternehmen genutzten informationsverarbeitenden Systeme in der Lage sind, nichtfinanzielle Informationen aufzubereiten. Die damit verbundenen Probleme dürften jedoch vor dem Hintergrund neuzeitlicher Entwicklungen im Rahmen von Big Data und Digitalisierung beherrschbar sein. Dies unterstreicht aber nochmals die Notwendigkeit für Experten im Berichtswesen, sich diesen neuen Themen zu öffnen und Kompetenzen zu entwickeln.
  • Aus deutscher und mittelständischer Sicht ist der bereits 2011 verabschiedete Nachhaltigkeitskodex (abrufbar unter www.nachhaltigkeitsrat.de/) nach wie vor besonderer Ausdruck dessen, dass CSR und Nachhaltigkeit sich als Leitlinien für unternehmerisches Engagement in der Gesellschaft zunehmend durchsetzen. Mit einer differenzierten Berichterstattung über Werteorientierung und deren Operationalisierung im Unternehmensalltag muss zudem der bereits anderenorts vom Verfasser in ZCG 2013, 44, adressierten Gefahr begegnet werden, „dass ethisch reflektiertes Handeln von kurzfristigen Renditeerwartungen in den Hintergrund gedrängt wird. Denn dann wäre durch Transparenz und Integrität der Geschäftsprozesse aufgebautes Vertrauenskapital nur allzu schnell wieder verspielt.“
  • Aktuell wurde hinsichtlich des Nachhaltigkeitsthemas die Frage aufgeworfen, ob Aufsichtsräte den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit bremsen? Mit strategischen Entscheidungen, Nachhaltigkeit in Unternehmen umzusetzen (so die oben eingangs von Haller angesprochene Grundforderung), sind nicht nur Manager in die Pflicht zu nehmen. Auch Aufsichtsräte müssen sich dem Wandel stellen. Individuelle Interessen von Aufsichtsratsmitgliedern stehen der systematischen Integration von Nachhaltigkeit in Entscheidungsprozesse jedoch oft entgegen. Dies ist eine der Kernaussagen in Jörn Hoppmanns Habilitationsschrift Organizational Strategies and Innovation toward Sustainability: A Behavioral Perspective, für die er mit dem MLP-Nachwuchspreis des Verbands der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. (VHB) am 13.6.2019 in Rostock ausgezeichnet wurde. Der Preisträger Jörn Hoppmann betonte, dass Nachhaltigkeit in Unternehmen in erster Linie eine Frage des individuellen und organisationalen Lernens sei. Darin könne ein wichtiger Beitrag gesehen werden, um das Thema aus seiner Ökologie-Nische zu holen und mitten in der Debatte um strategisches Management zu platzieren.

 

 

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

BC 7/2019 

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