BMF-Schreiben vom 15.8.2019, IV C 5 – S 2342/19/10007 :001; DOK 2019/0678827
Die Finanzverwaltung hat ein sehr umfangreiches, erstmaliges Anwendungsschreiben zur seit 1.1.2019 geltenden Steuerbefreiungsvorschrift von Fahrtkostenzuschüssen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer herausgegeben (§ 3 Nr. 15 EStG). In diesem Anwendungsschreiben differenziert die Finanzverwaltung nicht zwischen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einerseits und Privatfahrten andererseits, sondern zwischen Fernverkehr und Nahverkehr. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Praxis-Info!
Personenfernverkehr
Zum Personenfernverkehr gehören Fernzüge der Deutschen Bahn (ICE, IC und EC), Fernbusse auf festgelegten Linien oder Routen und Haltepunkten sowie vergleichbare Züge anderer Anbieter (z.B. TGV, Thalys). Die Steuerfreiheit von Arbeitgeberleistungen (Sachleistungen und Barzuschüsse) für Fahrberechtigungen im Personenfernverkehr gilt nur für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für dauerhafte Fahrten zu einem Arbeitgeber-Sammelpunkt oder einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet.
Arbeitgeberleistungen für Privatfahrten im Personenfernverkehr sind steuerpflichtig. Geht eine Fahrberechtigung im Personenfernverkehr über die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte hinaus, ist die Arbeitgeberleistung anteilig in Höhe des regulären Verkaufspreises für die Strecke Wohnung/erste Tätigkeitsstätte für den entsprechenden Gültigkeitszeitraum steuerfrei. Der den regulären Verkaufspreis für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte übersteigende Betrag ist steuerpflichtig.
Personennahverkehr
Zum Personennahverkehr gehören alle öffentlichen Verkehrsmittel, die nicht zum Personenfernverkehr zählen; ausgenommen sind grundsätzlich Taxen. Die Steuerfreiheit von Arbeitgeberleistungen (Sachleistungen und Barzuschüsse) für Fahrberechtigungen im Personennahverkehr gilt unabhängig von der Art der Fahrt, also sowohl bei Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als auch bei reinen Privatfahrten.
Zusammentreffen mit Fahrten, die zu Reisekosten führen
Erhält der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber eine Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr (z.B. eine BahnCard), die neben den Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte auch für Fahrten eingesetzt werden kann, die zu steuerfreien Reisekosten führen (= Fahrten im Rahmen beruflich veranlasster Auswärtstätigkeiten, Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung), ist die Steuerbefreiungsvorschrift für Reisekosten gegenüber der Steuerbefreiungsvorschrift für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vorrangig anzuwenden. Das Anwendungsschreiben enthält hierzu aussagekräftige Beispielsfälle.
Anrechnung auf Entfernungspauschale
Die steuerfreien Arbeitgeberleistungen (Sachleistungen und Barzuschüsse) mindern insgesamt (auch der Anteil für Privatfahrten) die als Werbungskosten abziehbare Entfernungspauschale (§ 3 Nr. 15 S. 3 EStG); die im vorhergehenden Absatz beschriebene vorrangige Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschrift für Reisekosten ist daher für den Arbeitnehmer vorteilhaft. Die steuerfreien Arbeitgeberleistungen sind im Lohnkonto des jeweiligen Arbeitnehmers aufzuzeichnen und in dessen Lohnsteuerbescheinigung anzugeben.
Die präzisierenden Regelungen in diesem BMF-Schreiben sind auf das sog. Jahressteuergesetz 2018 („Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ vom 11.12.2018, BGBl. I 2018, 2338) zurückzuführen (vgl. BC 2018, Heft 12, 562 ff.). Danach wurde zum 1.1.2019 zur Verringerung der Umweltbelastungen sowie des Energieverbrauchs die Steuerbegünstigung von zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährten Arbeitgeberleistungen (Zuschüsse und Sachbezüge) zu den Aufwendungen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr der Arbeitnehmer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte wieder eingeführt. Zudem wurde die Steuerbegünstigung auf private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr erweitert. Begünstigt sind: - die Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Zurverfügungstellung von Fahrausweisen,
- Zuschüsse des Arbeitgebers zum Erwerb von Fahrausweisen und Leistungen (Zuschüsse und Sachbezüge) Dritter, die mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis erbracht werden.
In die Steuerbefreiung werden auch die Fälle einbezogen, in denen der Arbeitgeber nur mittelbar (z.B. durch Abschluss eines Rahmenabkommens) an der Vorteilsgewährung beteiligt ist. Die Steuerfreiheit gilt nicht für Arbeitgeberleistungen (Zuschüsse und Sachbezüge), die durch Umwandlung des ohnehin geschuldeten Arbeitslohns finanziert werden, da nur zusätzliche Leistungen begünstigt werden. Zuvor (vom 1.1.2004 bis 31.12.2018) gehörten Arbeitgeberleistungen (Zuschüsse und Sachbezüge) für Fahrten des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet oder zu einem vom Arbeitgeber dauerhaft festgelegten Sammelpunkt zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. |
Dipl.-Finanzw. (FH) Jürgen Plenker, Krefeld
BC 9/2019
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