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Nachträgliche Werbungskosten aus Bürgschaftsübernahme für Firmenkredit

Dr. Hans-Jürgen Hillmer
BFH-Urteil vom 16.11.2011, VI R 97/10

 

Ausgaben zur Tilgung einer Bürgschaftsverpflichtung durch den Arbeitnehmer einer Gesellschaft führen auch dann zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn eine Gesellschafterstellung vereinbart ist.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Streitfall hatte der Leiter Rechnungswesen einer GmbH im Zuge der Erhöhung von deren Kontokorrentkredit eine Bürgschaftsverpflichtung übernommen. Dies tat er in seiner Funktion als Arbeitnehmer der GmbH. Nachträgliche Werbungskosten können diesem Arbeitnehmer insoweit entstehen, wenn er nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringen muss, er also im Rahmen der Bürgschaft in Anspruch genommen wird und Ausgaben zur Tilgung der Bürgschaftsverpflichtung anfallen. Entscheidend für die Qualifizierung als Werbungskosten ist, dass die Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung beruflich veranlasst gewesen sein muss.

Streitig war nun, ob der Rechnungswesenleiter die Bürgschaft in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer geleistet hatte oder ob dies durch eine in Aussicht genommene Gesellschafterstellung überlagert wurde, wie es die Vorinstanz angenommen hatte. Denn ist der Steuerpflichtige nicht nur Arbeitnehmer einer Gesellschaft, sondern auch deren Gesellschafter, kann die Übernahme einer Bürgschaft auch durch seine Gesellschafterstellung veranlasst sein. Für den Streitfall problemverschärfend geht die Rechtsprechung sogar davon aus, dass die Übernahme einer Bürgschaft oder anderer Sicherheiten durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer mit nicht nur unwesentlicher Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft regelmäßig weniger durch die berufliche Tätigkeit, sondern eher durch die Gesellschafterstellung veranlasst ist.

 

 

Lösung

Zwar war der Rechnungswesenleiter im zeitlichen Zusammenhang mit der Bürgschaftsübernahme zum Geschäftsführer bestellt und eine Gesellschafterstellung vorbereitet worden. Tatsächlich kam es aber nicht zur Eintragung der entsprechenden Beschlüsse in das Handelsregister, und wenige Monate später wurde das Insolvenzverfahren über die GmbH eröffnet; daher endete im Folgemonat auch das Arbeitsverhältnis mit dem bürgenden Rechnungswesenleiter. Der BFH ließ – wie schon das Finanzgericht (FG) – keinen Zweifel daran, dass die Übernahme der Bürgschaft im Zusammenhang mit dem Beruf und der Arbeitnehmerstellung des Rechnungswesenleiters stand. Abweichend von der FG-Auffassung verneint der BFH einen weiteren Veranlassungszusammenhang mit der geplanten Gesellschafterstellung des Klägers, weil dieser nicht Gesellschafter der GmbH geworden ist.

 

 

Praxishinweise:

  • Der Fall zeigt einmal mehr: Bürgschaftsübernahmen sind und bleiben in aller Regel risikobehaftet. Immerhin besteht bei beruflicher Veranlassung die Möglichkeit, die Aufwendungen im Fall der Inanspruchnahme steuerlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzusetzen.
  • Stehen Aufwendungen mit mehreren Einkunftsarten (z.B. aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit, aus Vermietung und Verpachtung) in einem objektiven Zusammenhang, sind sie nach ständiger BFH-Rechtsprechung (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 25.11.2010, VI R 34/08, BFHE 232, S. 86, BFH/NV 2011, S. 680) bei der Einkunftsart zu berücksichtigen, zu der sie nach Art und Weise die engere Beziehung haben. Maßgebend sind insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls (BFH-Beschluss vom 10.2.2005, IX B 169/03, BFH/NV 2005, S. 1057).
  • Selbst für den Fall, dass die Gesellschafterstellung nicht nur vorbereitet, sondern wirksam durchgeführt worden wäre, nennt der BFH für eine diesbezügliche Zuordnung „stets“ die Voraussetzung, „dass ein steuermindernder Abzug der Aufwendungen aus einer Anwendung des § 17 EStG möglich ist“. Der BFH geht sogar noch einen Schritt weiter, indem er formuliert: „Der steuermindernde Abzug der im steuerbaren Bereich angefallenen Aufwendungen ist … zwingend erforderlich. Ihre Beurteilung als einkommensteuerrechtlich irrelevante Ausgaben auf das Vermögen widerspricht dem das Einkommensteuergesetz prägenden objektiven Nettoprinzip.“
  • Es mag beruflich motivierte Bürgschaftsgeber vielleicht trösten: Entsprechende Belastungen aus Inanspruchnahmen sind aus BFH-Sicht in jedem Fall steuerlich ansetzbar. Diese Auffassung vertritt der BFH so uneingeschränkt und unzweideutig, dass es schwerfällt, sich Konstellationen vorzustellen, die Fragen nach einem Gestaltungsmissbrauch aufwerfen könnten.

 

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

BC 2/2012

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