BFH-Beschluss vom 30.4.2019, V B 43/17
Lehnt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) einen Antrag auf Vergütung der in einer bestimmten Rechnung ausgewiesenen Mehrwertsteuer als abziehbare Vorsteuer ab und wird dieser Bescheid formell und materiell bestandskräftig, kann der Steuerpflichtige die Vorsteuerbeträge nicht in einem weiteren Antrag erneut geltend machen.
Praxis-Info!
Problemstellung
Das Unternehmen U stellte am 7.2.2014 einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2013 in Höhe von 13.932,39 €. Gegenstand des Antrags war eine Rechnung der Firma W vom 25.7.2013. Diese Rechnung war zuvor Gegenstand eines Antrags auf Vorsteuervergütung vom 20.11.2013 für den Zeitraum Juli bis September 2013. Dieser Antrag wurde vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) mit Bescheid vom 13.12.2013 abgelehnt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Den weiteren Antrag auf Vorsteuervergütung vom 7.2.2014 lehnte das BZSt mit Bescheid vom 10.3.2014 mit Hinweis auf die Bestandskraft des Bescheides vom 13.12.2013 ab.
Den hiergegen vom U eingelegten Einspruch wies das BZSt als unbegründet zurück.
Lösung
Das BZSt hat zutreffend die hier streitige Rechnung nicht berücksichtigt, weil über die im Zusammenhang mit dieser Rechnung geltend gemachte Vorsteuer bereits mit Bescheid vom 13.12.2013 bestandskräftig entschieden worden ist.
U hatte die Vergütung der aufgrund der Rechnung vom 25.7.2013 abziehbaren Vorsteuer (nach § 60 S. 1 UStDV) bereits zum Gegenstand seines Antrags vom 20.11.2013 gemacht. Darüber hatte das BZSt bestandskräftig entschieden. Denn U hatte den Bescheid vom 13.12.2013 nicht angefochten. Deshalb kann die Rechnung vom 25.7.2013 nicht erneut zum Gegenstand des streitigen Vergütungsverfahrens gemacht werden.
§ 60 S. 1 UStDV besagt:
„Vergütungszeitraum ist nach Wahl des Unternehmers ein Zeitraum von mindestens drei Monaten bis zu höchstens einem Kalenderjahr.“
Im Unterschied zu einer Steuerfestsetzung steht der Bescheid des BZSt, in dem es den Antrag auf Steuervergütung verweigert, nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Vielmehr handelt es sich um eine vorbehaltlose Ablehnung des Antrags auf Steuerfestsetzung. Das bedeutet: U muss sich gegen die Ablehnung seines Antrags vom 20.11.2013 wehren, wenn es der Auffassung ist, die dem Antrag zugrunde liegende Rechnung sei nicht zutreffend berücksichtigt worden. |
Auch nach Unionsrecht (Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12.2.2008) kann sich der Erstattungsantrag nur auf Rechnungen beziehen, die von vorangegangenen Erstattungsanträgen nicht umfasst sind. Die Ablehnung der Vergütung erwächst in materielle Bestandskraft, wenn der Steuerpflichtige es versäumt, gegen diese Steuerfestsetzung vorzugehen.
Weiterführende Praxishinweise: Die wesentlichen Schritte des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens innerhalb der EU sind (vgl. Braun/Gerold, BC 2009, 564 f., Heft 12): - Die Einreichung des Antrags erfolgt regelmäßig in elektronischer Form beim Bundeszentralamt für Steuern.
- Nach Prüfung auf Vollständigkeit und Zulässigkeit des Antrags hat die zuständige Behörde den Antrag innerhalb von 15 Tagen an den Erstattungsmitgliedstaat weiterzuleiten.
- Über den Eingang des Antrags beim Ansässigkeitsstaat sowie beim Erstattungsmitgliedstaat erhält der Unternehmer eine Eingangsbestätigung.
- Der Erstattungsstaat hat bei der Bearbeitung des Antrags ebenfalls gewisse Fristen zu beachten.
- Nach Ergehen einer positiven Entscheidung des Erstattungsmitgliedstaats ist der Vergütungsbetrag innerhalb von 10 Kalendertagen auszuzahlen. Bei verspäteter Auszahlung wird der Vergütungsbetrag zugunsten des Unternehmers nach den jeweils geltenden nationalen Vorschriften verzinst.
- Bei einer Ablehnung des Antrags steht dem Unternehmer das Einspruchsverfahren im Erstattungsstaat offen.
- Seit dem Veranlagungsjahr 2015 sind mit dem Antrag auf Vergütung der Vorsteuer die eingescannten Original-Rechnungen und -Einfuhrbelege zu übermitteln. Voraussetzung: Das Entgelt für den Umsatz oder die Einfuhr beträgt mindestens 1.000 €, bei Rechnungen über den Bezug von Kraftstoff mindestens 250 € (§ 61 Abs. 2 S. 3 UStDV). Da diese Belege zusammen mit dem Antrag auf Vorsteuer-Vergütung auf elektronischem Weg einzureichen sind, ist eine Übermittlung als Kopie nicht möglich. Bislang mussten die Unternehmer ihre auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck auf Papier abgegebenen Vorsteuer-Vergütungsanträge eigenhändig unterschreiben. Eine solche Unterschrift ist bei auf elektronischem Weg übermittelten Anträgen nicht mehr erforderlich. Letztlich stellt jede elektronische Kopie auch eine Kopie des Originals dar. Nach Auffassung von Sölch/Ringleb (UStG, § 18, Rn. 872) ist die Regelung in § 61 Abs. 2 S. 3 UStDV lückenhaft. Es kann nicht im Sinne des Verordnungsgebers sein, elektronische Rechnungen oder Belege zunächst auszudrucken und anschließend wieder einzuscannen. Zulässig sollte sein, die elektronische Rechnung bzw. den elektronischen Beleg elektronisch zu übermitteln.
- Bei begründeten Zweifeln jeglicher Art besteht für das BZSt (nach § 61 Abs. 2 S. 4 UStDV) allerdings die Möglichkeit, die Vorlage von Rechnungen im Original zu verlangen.
Das BZSt ist aus Vertrauensschutzgesichtspunkten gehalten, den Antragsteller auf die Unvollständigkeit eines Antrags hinzuweisen. Wird jedoch der Vergütungsantrag am letzten Tag der Abgabefrist gestellt, besteht diesbezüglich keine Verpflichtung mehr seitens des BZSt. Sofern die im amtlich vorgeschriebenen Datensatz des Erstattungsantrags erforderliche Rechnungsnummer fehlerhaft angegeben wird, führt dies nicht in jedem Fall zur Unwirksamkeit des Vorsteuer-Vergütungsantrags. Nur wenn die Erklärung im Antrag als „inhaltsleer“, mithin als nicht erfolgt angesehen werden könnte, wäre eine fehlende Angabe der geforderten Rechnungsnummer anzunehmen. Dann liegt ein unvollständiger und damit unwirksamer Antrag vor. Die Angabe der Referenznummer einer Rechnung statt der Rechnungsnummer mag zwar inhaltlich nicht zutreffend sein, sie ist jedoch nicht „inhaltsleer“ und verfügt über einen eigenständigen Erklärungswert. In der Anlage zum Vorsteuer-Vergütungsantrag beim BZSt trägt die maßgebliche Spalte nicht die Bezeichnung „Rechnungsnummer“, sondern ist mit „Beleg-Nr“ überschrieben. |
[Anm. d. Red.]
BC 7/2019
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