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Bewertung ungewisser Verbindlichkeiten – Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nach Inkrafttreten des BilMoG

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 20.11.2019, XI R 46/17

 

Ist durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) die formelle Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz durchbrochen worden, so dass lediglich eine „Restmaßgeblichkeit“ besteht? Gibt es nunmehr ein eigenständiges steuerrechtliches Bewertungskonzept? Das Urteil des BFH zu dieser Frage fällt eindeutig aus.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine GmbH bildete eine Ansammlungsrückstellung in der Handelsbilanz (Rückstellung, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist). Hierbei wurden auch geschätzte Kostensteigerungen bis zum Erfüllungszeitpunkt mit einbezogen. Die Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten betraf Verpflichtungen zur Rekultivierung von Grundstücken aufgrund des Abbaus und der Verwertung von Rohstoffen. Der ermittelte Erfüllungsbetrag wurde abgezinst. Der Wertansatz in der Handelsbilanz betrug rund 296.000 €.

In der Steuerbilanz erfolgte die Rückstellungsbildung ohne Berücksichtigung von Kostensteigerungen und Abzinsung. In der Steuerbilanz wurde ein Wert von rund 348.000 € angesetzt.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung stellte der Prüfer den Unterschiedsbetrag (gekürzte steuerrechtliche Rückstellung in Höhe von 331.000 € ./. 296.000 €) in der Steuerbilanz in eine „Rücklage für Rückstellungsauflösung“ gemäß EStR 6.11 2012 ein. Die Rücklage war jährlich zu 14/15 gewinnerhöhend aufzulösen.

Aus Sicht der GmbH war mit Einführung des BilMoG die formelle Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für den konkreten Bilanzansatz in der Steuerbilanz aufgehoben worden. Es bestehe seitdem nur noch eine materielle Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB für die Steuerbilanz, soweit diese nicht durch steuerrechtliche Spezialvorschriften durchbrochen werde. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a) bis f) EStG stellt eine solche Spezialvorschrift dar, so dass sich hier ein eigenständiges steuerrechtliches Bewertungskonzept ergibt.

Aus Sicht von Finanzamt und erstinstanzlichem Finanzgericht ist der Maßgeblichkeitsgrundsatz in formeller Hinsicht durch das BilMoG nicht aufgehoben worden. Somit bildet der handelsbilanzielle Rückstellungswert weiterhin die Obergrenze für den steuerbilanziellen Wert.

 

 

Lösung

Der BFH schließt sich in seinem Urteil der Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht an. Grundsätzlich folgt die Bewertung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz den handelsrechtlichen Vorschriften, soweit dem steuerrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Aus der im Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG enthaltenen Regelung, wonach Rückstellungen „höchstens insbesondere“ mit den Beträgen nach den folgenden Grundsätzen in Buchst. a) bis f) anzusetzen sind, folgt: Die sich ergebenen Rückstellungsbeträge dürfen den handelsbilanziellen Wertansatz nicht überschreiten.

Der BFH widerspricht auch der Auffassung, dass aufgrund des Wegfalls der formellen (umgekehrten) Maßgeblichkeit die steuerbilanziellen Werte grundsätzlich nicht mehr von der Handelsbilanz abhängig seien. Auch nach Inkrafttreten des BilMoG bleibt regelmäßig eine Bindung an den gewählten handelsrechtlichen Bilanzansatz bestehen. Somit bildet der Handelsbilanzwert für eine Rückstellung auch nach dem Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze.

 

 

Bilanzierungshinweis:

Ein wesentliches Charakteristikum des BilMoG ist die Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit in der Handelsbilanz. Dementsprechend hat beispielsweise die Sonderabschreibung des § 6b EStG keine Grundlage mehr in der Handelsbilanz.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 3/2020

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