FG Münster, Urteil vom 3.12.2019, 1 K 3320/18 L (Revision zugelassen)
Viele Firmen versuchen, ihre Marketing-Botschaft auf verschiedenen Kanälen zu platzieren. Dazu zählt auch die Werbung auf Autos. Umstritten ist, ob eine vom Arbeitgeber gezahlte Vergütung für die Anbringung von Werbung auf privaten Fahrzeugen der Arbeitnehmer dabei als Arbeitslohn zu werten ist.
Praxis-Info!
Problemstellung
Ein mittelständisches Unternehmen schloss mit einer Vielzahl von Mitarbeitern Mietverträge über Werbeflächen an ihren privaten Fahrzeugen ab. Für die Bereitstellung der Werbeflächen erhielten die Mitarbeiter ein Entgelt vom 255 €. Für die Anbringung der Werbung gab es zwei Varianten – als Aufkleber auf dem Kofferraumdeckel und als Kennzeichenhalter mit Werbeaufdruck.
Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung gelangte das Finanzamt zu dem Schluss, dass die Vergütung für die auf den Kennzeichenhalterungen angebrachte Firmenwerbung steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn darstelle. Entgegen der Auffassung des Unternehmens hielten die mit den Mitarbeitern abgeschlossenen Werbungsverträge einem Drittvergleich nicht stand. Werbung auf Kennzeichenhalterungen ist heutzutage üblich und weit verbreitet, eine Vergütung dafür sei aber am freien Markt nicht in diesem Umfang erzielbar.
Lösung
Das Finanzgericht (FG) Münster schließt sich in seinem Urteil der Auffassung des Finanzamts an. Bezüge und Vorteile, welche durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, stellen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar. Davon abzugrenzen sind Vorteile, die im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden.
Im Ausgangsfall ist ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers nicht zu erkennen, da das Unternehmen sein Interesse, eine optimale Werbewirkung zu erzielen, nicht ernsthaft in den Vordergrund stellt. Das Finanzgericht weist dazu auf die folgenden Punkte hin:
- Die Verträge sehen keine zeitliche oder entfernungsmäßige Mindestnutzung des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr vor.
- Die Verträge enthalten keine Reglungen zum sichtbaren Abstellen des Pkw im öffentlichen Raum.
- Die Verträge enthalten keine Vorgaben, das Auto in einem bestimmten Zustand zu halten.
- Die Verträge enthalten keine Regelungen zur Exklusivität (bezüglich des Anbringens von Werbung weiterer Firmen).
Die genannten Kriterien werden in der Regel in einschlägigen Werbeportalen abgefragt. Ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse an der Werbung ist nur dann zu bejahen, wenn durch eine konkrete Vertragsgestaltung die Förderung des Werbeeffekts im Vordergrund steht und sichergestellt wird. Außerdem war im Ausgangsfall die Laufzeit des Werbevertrags an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses geknüpft. Dies spricht auch dafür, dass die Entlohnung im Arbeitsverhältnis begründet liegt und nicht dem überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Unternehmens dient.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 3/2020
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