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Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 21.7.2020, IX R 26/19

 

Die Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude ist bei Immobilen häufig mehr Kunst als Wissenschaft. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat hierzu eine „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)“ veröffentlicht. Der BFH stellt nun klar, dass es sich hierbei um exakt das handelt – eine Arbeitshilfe und keinen Ersatz für ein Sachverständigengutachten.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine Grundstücksgemeinschaft erwarb eine Eigentumswohnung mit Miteigentumsanteil im Wert von rund 118.000 € (einschließlich Nebenkosten). Laut Kaufvertrag (Kaufpreis: 110.000 €) war der anteilige Wert des Grundstücks mit 20.000 € zu beziffern. Entsprechend setzte die Grundstücksgemeinschaft die AfA-Bemessungsgrundlage mit rund 97.000 € (81,81%; 20.000/110.000 €) an.

Das Finanzamt kam unter Anwendung der vom BMF veröffentlichten „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)“ dagegen auf einen Gebäudeanteil von knapp 29.000 € (27,03%) und korrigierte die AfA entsprechend.

Aus Sicht der Grundstücksgemeinschaft sind bei der Kaufpreisaufteilung die tatsächlichen Verhältnisse nicht ausreichend gewürdigt worden:

  • Die Wohnung sei von einer Stararchitektin entworfen worden.
  • Kaufentscheidend seien insbesondere der Zustand, Zuschnitt und die Raumaufteilung der Wohnung gewesen.
  • Die Lage des Grundstücks sei nicht gut, da nah an Verkehrsadern und einem Platz mit hoher Kriminalitätsrate.

Das erstinstanzliche Finanzgericht folgt der Wertermittlung des Finanzamts.

 

 

Lösung

Der BFH schließt sich dem Revisionsantrag der Grundstücksgemeinschaft an – zumindest in Teilen. Zutreffend sind Finanzamt und erstinstanzliches Finanzgericht davon ausgegangen, dass nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Gebäude bestehen, da der vertragliche Kaufpreis für Grund und Boden 75% unter dem örtlichen Bodenrichtwert liegt. Bei dieser Diskrepanz (diesem Missverhältnis) handelt es sich um ein widerlegbares Indiz (Anzeichen). Der allgemein gehaltene Vortrag der Grundstücksgemeinschaft zu Zuschnitt, Zustand, Lage etc. ist nicht ausreichend, um die Indizienwirkung (Hinweischarakter) der Diskrepanz zu entkräften. Somit waren Finanzamt und Finanzgericht zu einer eigenen Kaufpreisaufteilung berechtigt. Eine solche Aufteilung hat anhand von realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude zu erfolgen.

Die Arbeitshilfe des BMF gewährleistet eine solche Verwendung realer Verkehrswerte nicht, da sie die zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das vereinfachte Sachwertverfahren verengt und der Kaufpreisaufteilung unzulässige Parameter zugrunde legt. Die Arbeitshilfe stellt auch keine Rechtsnorm oder die Finanzbehörden bindende Verwaltungsanweisung dar. Die Arbeitshilfe kann ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken nicht ersetzen. Insofern hat sie keine Bindewirkung für das Finanzgericht, welches nun im zweiten Rechtsgang die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zum Wert des Grund- und Gebäudeanteils nachzuholen hat.

 

 

 

Praxishinweise:

  • Im Ertragswertverfahren wird die Marktanpassung ausschließlich auf den Gebäudewertanteil verschoben. Im Sachwertverfahren wird dagegen sowohl beim Grund und Boden als auch beim Gebäude berücksichtigt, dass ein Marktteilnehmer bereit ist, für ein bebautes Grundstück in einer exponierten Lage deutlich höhere Kaufpreisanteile für den Grund und Boden und das Gebäude zu bezahlen. Der hohe Marktanpassungsfaktor wird deshalb erforderlich, weil in einem solchen Fall der Verkehrswert des Grundstücks über dem Substanzwert des Gebäudes, der Außenanlagen und des (fiktiv) unbebauten Grundstücks liegt.
  • Dem Gebäudeanteil sind auch die Modernisierungsaufwendungen zuzurechnen; denn es handelt sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG.
  • Im betrieblichen Bereich bzw. bei Unternehmen (Betriebsvermögen) wird ein Gesamtkaufpreis, der für ein Grundstück und ein Gebäude gezahlt wurde, nach dem Verhältnis der Teilwerte aufgeteilt (handelsrechtlich: beizulegende Zeitwerte; insbesondere die auf einem aktiven Markt ermittelbaren Marktpreise). Die Teilwerte sind für Grundstücke und Gebäude getrennt zu ermitteln; ein Subtraktionsverfahren durch Feststellung nur eines Werts ist also unzulässig. Die einzelnen Werte können aufgrund von Richtwerten ermittelt werden (siehe ausführlich Behringer, Ertragswertverfahren zur Bewertung von Immobilien: Umsetzung an einem Praxisfall, BC 2013, 442 ff., Heft 10). Da der Teilwert ein Schätzwert ist, ist die Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter nicht nach Maßgabe einer mathematisch nachprüfbaren Berechnung vorzunehmen, sondern hat – weil für jedes der Wirtschaftsgüter eine Bandbreite möglicher Teilwertansätze besteht – auf der Grundlage einer Schätzung zu erfolgen.
  • Zur Ermittlung der Verkehrswerte empfiehlt es sich, ein Gutachten durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen. Gutachten von Banken für Zwecke des Beleihungswerts werden dem Unternehmer dabei nicht immer zur Verfügung gestellt. Da ein Gutachten auch mit Kosten verbunden ist, zögern Unternehmer häufig mit dessen Beauftragung und benutzen stattdessen die von der Finanzverwaltung herausgegebene „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)“.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 12/2020

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