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Steuerhinterziehung bei Ausfuhrlieferung

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 12.3.2020, V R 20/19

 

Das Ausstellen einer unterfakturierten Zweitrechnung führt nicht dazu, die Steuerfreiheit für die Ausfuhrlieferung aufgrund einer vom Abnehmer zulasten des Steueraufkommens eines Drittstaats begangenen Steuerhinterziehung zu versagen.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Ein Kfz-Händler lieferte im Streitjahr 2013 Kraftfahrzeuge aus dem Inland in die Türkei an dort ansässige Abnehmer. Er nahm dabei die Steuerfreiheit für Ausfuhrlieferungen nach § 6 UStG in Anspruch.

Das Finanzamt gewährte keine Steuerfreiheit für die Ausfuhrlieferung von 20 Kraftfahrzeugen. Die Fahrzeuge seien zwar über eine Spedition tatsächlich in die Türkei geliefert worden (vgl. § 6 Abs. 2 UStG); der deutsche Kfz-Händler habe sich jedoch aktiv an einem Betrugsmodell beteiligt. Ermöglicht wurde dies durch unterfakturierte Zweitrechnungen, die das Entgelt im Vergleich zu den zutreffenden Erstrechnungen nicht vollständig ausgewiesen hätten (günstigere Konditionen). Die Zweitrechnungen wurden dem türkischen Zoll bei der Zollabfertigung als Handelsrechnungen vorgelegt. In der Türkei seien mit diesen Rechnungen die Sonderverbrauchsteuer ÖTV (Özel Tüketim Vergisi) und die Umsatzsteuer KDV (Katma Deger Vergisi) bei der Einfuhr hinterzogen worden.

 

Die Erstrechnungen wurden in der Buchführung des deutschen Kfz-Händlers zutreffend verbucht.

Entsprechend der EuGH-Rechtsprechung zu innergemeinschaftlichen Lieferungen seien die Ausfuhrlieferungen nicht steuerfrei, da der inländische Kfz-Händler wusste oder hätte wissen müssen, dass die von ihm bewirkten Umsätze mit einer Steuerhinterziehung der Erwerber verknüpft war. Auch wenn nicht unmittelbar das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gefährdet wurde, sei eine Unterscheidung zwischen innergemeinschaftlichen Lieferungen und Ausfuhrlieferungen nicht erforderlich, wie sich aus der BFH-Rechtsprechung ergebe. Die Steuerfreiheit ergebe sich aus der Besteuerung mit Umsatzsteuer im Bestimmungsland. Abweichendes sei auch nicht der erst nach dem Streitjahr in Kraft getretenen Neuregelung in § 25f UStG zu entnehmen.

 

Lösung

Das Ausstellen einer unterfakturierten Zweitrechnung führt nicht dazu, die Steuerfreiheit für die Ausfuhrlieferung aufgrund einer vom Abnehmer zulasten des Steueraufkommens eines Drittstaats begangenen Steuerhinterziehung zu versagen. Das Vorliegen der gesetzlichen Befreiungsvoraussetzungen in § 6 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 und 2 UStG werde nicht infrage gestellt. Weitere Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist die Beibringung eines eindeutigen und leicht nachprüfbaren Ausfuhrnachweises, z.B. Ausfuhrbestätigung der Grenzzollstelle, Spediteurbescheinigung (§ 8 Abs. 1 UStDV).

Es steht der Steuerfreiheit nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 und 2 UStG nicht entgegen, wenn der Lieferer bei der Ausstellung einer z.B. unterfakturierten Zweitrechnung für die Ausfuhrlieferung wusste oder hätte wissen müssen, dass der Abnehmer mit dem gelieferten Gegenstand eine Steuerhinterziehung zulasten des Steueraufkommens eines Drittstaats begeht.

 

Praxishinweise:

  • Eine Ausfuhrlieferung ist jedoch steuerpflichtig, wenn der Verstoß gegen eine formelle Anforderung den sicheren Nachweis verhindert.
  • Auch in einer Zollunion besteht keine Grundlage dafür, zollrechtliche Verstöße zwingend mit steuerrechtlichen Sanktionen bewehren zu müssen.
  • Im Übrigen steht es dem deutschen Finanzamt frei, den zuständigen türkischen Behörden auf der Grundlage der hierfür einschlägigen gesetzlichen Regelungen alle Informationen zu übermitteln, die dort für die Abgabenerhebung erforderlich sind.

 

 

 

Das Ausstellen einer unterfakturierten Zweitrechnung für eine Ausfuhrlieferung gefährdet nicht das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, wie sich aus den zwischen den Steuerbefreiungen für innergemeinschaftliche Lieferungen und für Ausfuhrlieferungen bestehenden Unterschieden ergibt. Entscheidend ist die Sicherstellung der Erwerbsbesteuerung beim verpflichteten Abnehmer innerhalb der EU bzw. keine Schädigung des unionalen Steueraufkommens. Selbst dann, wenn eine Besteuerung der Einfuhr im Drittstaat nicht vorgesehen ist, ist die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung zu gewähren. Aus der Verkürzung von Einfuhrumsatzsteuer in einem Drittstaat folgt kein Nachteil für das gemeinsame Mehrwertsteuersystem.

 

[Anm. d. Red.]  

 

 

BC 9/2020

becklink431114

 

 

 

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