FG Münster, Urteil vom 14.8.2019, 13 K 3170/17 K (Revision zugelassen)
Die Globalisierung macht auch vor deutschen Finanzgerichten nicht halt. So kommt es, dass ausländische Gesellschaftsformen zum Gegenstand von Gerichtsprozessen werden. Im ersten Schritt ist dabei zu prüfen, ob es sich bei der ausländischen Gesellschaft um eine Körperschaft oder eine Personengesellschaft handelt. Das Finanzgericht (FG) Münster hat hierzu in einem Urteil eine Reihe von Kriterien dargelegt.
Praxis-Info!
Problemstellung
Die Klägerin war eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht. Stifterin der Klägerin war eine auf den British Virgin Island ansässige Limited. Im Rahmen einer Klage gegen die Festsetzung der inländischen Einkünfte hatte das FG Münster zunächst die Rechtspersönlichkeit der Klägerin zu prüfen, also die Frage zu klären, ob es sich bei der Stiftung um eine Körperschaft oder eine Personengesellschaft handelt.
Lösung
Das FG Münster bezieht folgende Fragen in seinen Typenvergleich mit ein:
- Statuten: Verfügt die Gesellschaft über eine Satzung, welche die Eigenständigkeit und den Zweck der Gesellschaft festlegt? Der Wille der Gründer, eine rechtlich selbstständige Organisation zu formen, muss erkennbar sein. Im Ausgangsfall liegen eine einseitige Willenserklärung des Stifters zur Gründung der Stiftung, ein bestimmt bezeichnetes Stiftungsvermögen und ein bestimmt bezeichneter Stiftungszweck sowie Stiftungsstatuten vor.
- Eintrag ins Handelsregister: Ist die Gesellschaft in dem jeweiligen Handelsregister des Sitzlands eingetragen (z.B. Companies House in Großbritannien)? Im Ausgangsfall liegt eine Eintragung in das liechtensteinische Handelsregister vor.
- Organe: Verfügt die Gesellschaft über Organe, welche über die interne Willensbildung der Gesellschaft entscheiden und sie nach außen vertreten (z.B. Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat)? Im Ausgangsfall wird die Gesellschaft laut Statuten durch den Stiftungsrat vertreten. Dieser ist bei der Anlage und in der Verwaltung des Stiftungsvermögens vollständig frei, mit Ausnahme der dem sog. Protektor eingeräumten Zustimmungsvorbehalte.
- Eigenständiges Vermögen: Ist das Vermögen der Gesellschaft in seiner wirtschaftlichen Struktur von dem Vermögen des Gründers bzw. Inhabers getrennt? Im Ausgangsfall verfügt der Stiftungsrat über das Vermögen der Gesellschaft, so dass das Vermögen vollständig vom Vermögen des Stifters getrennt ist.
- Dauer der Gesellschaft: Ist die Gesellschaft auf Dauer angelegt? Hier ist vor allem die Frage entscheidend, ob der Gesellschaft ohne ihren Einfluss bzw. gegen ihren Willen die juristische Selbstständigkeit entzogen werden kann. Dies ist im Ausgangsfall nicht möglich. Die Stiftung bleibt bestehen, solange sie ihren Stiftungszweck sinnvoll erreichen kann. Eine Auflösung bedarf des einstimmigen Beschlusses des Stiftungsrats und der Zustimmung des Protektors. Der Stifter hat keine Möglichkeit, die Stiftung zu widerrufen.
- Im BMF-Schreiben vom 24.12.1999 (BStBl. I 1999, 1076, Anhang Anlage IV, Tabelle 1) hat das Bundesministerium der Finanzen eine Reihe von ausländischen Rechtsformen und ihre deutsche Entsprechung aufgelistet. Eine liechtensteinsche Stiftung wird in dem Schreiben als juristische Person bewertet.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 11/2019
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