FG Düsseldorf, Urteil vom 24.11.2020, 6 K 3291/19 F (Revision zugelassen)
Für die Annahme einer finanziellen Eingliederung einer Organgesellschaft in den Organträger reicht grundsätzlich eine einfache Mehrheit der Stimmrechte. Doch wie sieht es aus, wenn die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag eine qualifizierte Mehrheit für Abstimmungen auf der Gesellschafterversammlung fordert?
Praxis-Info!
Problemstellung
Die Organträgerin war zu rund 80% am Stammkapital der Organgesellschaft beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag der Organgesellschaft enthielt u.a. die folgenden beiden Regelungen:
- Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn die erschienenen Gesellschafter 100% des Stammkapitals vertreten.
- Beschlüsse der Gesellschaft bedürfen einer Mehrheit von 91% aller in der Gesellschafterversammlung anwesenden Stimmen, soweit nicht das Gesetz oder die Satzung eine höhere Mehrheit vorschreibt.
Im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung gelangten die Finanzbehörden zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft nicht gegeben seien, da keine finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger vorliegt. Beschlüsse auf der Gesellschafterversammlung können nur mit einer Mehrheit von mindestens 91% gefasst werden. Der Organträger verfügt aber nur über 80% der Stimmanteile.
Aus Sicht des Organträgers haben die Minderheitsgesellschafter ihr Recht auf Gewinnverteilung mit Abschluss des Gewinnabführungsvertrags abgegeben. Der Gewinnabführungsvertrag überlagere die Rechte der Gesellschafter und Organe der Organgesellschaft.
Lösung
Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf widerspricht der Auffassung der Klägerin. Analog zur BFH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Organschaft geht das FG Düsseldorf davon aus, dass der Organträger auch bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft über eine qualifizierte Stimmrechtsmehrheit verfügen muss, wenn laut Satzung der Organgesellschaft für deren Beschlüsse generell oder ganz überwiegend eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. Nur so ist gewährleistet, dass der Organträger gegenüber der Organgesellschaft seinen Willen durchsetzen kann. Der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags ist dabei unerheblich. Insofern liegt im Ausgangsfall keine körperschaftsteuerliche Organschaft vor.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 1/2021
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