FG München, Urteil vom 19.4.2021, 7 K 1162/19
An Verträge zwischen einer Gesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter werden strenge Anforderungen gestellt. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen dabei vor allem die Dokumentation und die tatsächliche Durchführung des Vertrags. Doch – was genau muss dokumentiert werden? Die „essentialia negotii“, wie uns die in Latein bewanderten Richter des Finanzgerichts (FG) München wissen lassen.
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Problemstellung
Die Klägerin, eine GmbH, mietete von ihrem beherrschenden Gesellschafter in einer von diesem angemieteten Wohnung zwei Büroräume sowie die Mitbenutzung der Teeküche und der Toilette für einen monatlichen Mietpreis von 352,79 €. Der Gesellschafter unterzeichnete den schriftlichen Mietvertrag sowohl als Vermieter als auch im Namen der Klägerin als Mieter.
Das Finanzamt erkannte den Mietvertrag nicht an und sah in den Mietzahlungen eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Bemängelt wurde u.a., dass keine Vereinbarung über die Bedingungen der Nutzung der überlassenen Räume oder über die Zahlung der Mietnebenkosten getroffen worden sei.
Lösung
Das FG München widerspricht der Einschätzung des Finanzamts. Entscheidend für die steuerrechtliche Anerkennung von schuldrechtlichen Verträgen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter ist, dass von Anfang an klare und eindeutige Vereinbarungen vorliegen. Die Dokumentation muss die „essentialia negotii“ (den notwendigen Mindestinhalt eines Vertrags), also die wesentlichen Geschäftseigenschaften umfassen. Bei Mietverträgen sind dies: Mietobjekt, Mietpreis und Beginn des Mietverhältnisses. Im Ausgangsfall erfüllt der Mietvertrag diese Mindestanforderungen. Mittels Grundriss der Wohnung und Mietvertrag konnte die Klägerin glaubhaft darlegen, auf welche Räumlichkeiten sich der Mietvertrag bezieht.
Da keine Vereinbarung über die Mietnebenkosten vorliegt, handelt es sich bei dem Mietpreis um eine Bruttomiete im Sinne des § 556 BGB. Es greifen die weiteren Regelungen des BGB. Dies ist bei Untermietverhältnissen nicht unüblich. Insofern ist der Mietvertrag steuerlich anzuerkennen und nicht aus dem Gesellschafterverhältnis heraus veranlasst. Eine vGA liegt demzufolge nicht vor.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 7/2021
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