OFD Frankfurt, Verfügung vom 25.2.2021, S 2342 A – 89 – St 210
Die Entwicklung des letzten Jahres 2020 führt vermehrt zur Wahrnehmung von Online-Formaten im Seminarbereich. Für die steuerliche Beurteilung von Online-Weiterbildungen ist folgende Auffassung zu vertreten:
Die Einräumung eines unentgeltlichen Nutzungsrechts durch den Arbeitgeber für nicht arbeitsplatzbezogene Online-Weiterbildungsmaßnahmen stellt beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil und somit Arbeitslohn gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar.
Eine Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit im Sinne des § 3 Nr. 19 Buchst. b EStG ist gegeben, wenn durch die Bildungsmaßnahme Kenntnisse/Fertigkeiten vermittelt werden, die ganz allgemein der Berufstätigkeit förderlich sein können.
Das Format der Weiterbildungsmaßnahme ist für die Anwendung des § 3 Nr. 19 S. 1 Buchst. b EStG unerheblich. Deshalb können sowohl Video-Schulungen als auch eLearning-Angebote ohne einen Dozenten nach § 3 Nr. 19 S. 1 Buchst. b EStG begünstigt sein.
Praxis-Info!
Berufliche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen des Arbeitgebers führen nicht zu Arbeitslohn, wenn diese Bildungsmaßnahmen im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Dies wird angenommen, wenn durch die Bildungsmaßnahme die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers erhöht werden soll (LStR 19.7 Abs. 2 S. 1). Diese allgemeine Voraussetzung gilt unabhängig davon, wer Rechnungsempfänger der Bildungsmaßnahme ist.
Bei Fort-/Weiterbildungsleistungen, bei denen der Arbeitnehmer bezogen auf die jeweilige Maßnahme Rechnungsempfänger ist, wird auch dann von einem ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ausgegangen, wenn
der Arbeitgeber die Übernahme bzw. den Ersatz allgemein oder für die besondere Bildungsmaßnahme zugesagt hat und
der Arbeitnehmer – im Vertrauen auf diese zuvor erteilte Zusage – den Vertrag über die Bildungsmaßnahme abgeschlossen hat.
In den Fällen, in denen aus ganz überwiegend betrieblichem Interesse ein Arbeitgeberersatz gewährt wird, ist ein Werbungskostenabzug für die vom Arbeitnehmer wirtschaftlich nicht getragenen Aufwendungen auszuschließen. Hierzu hat der Arbeitgeber auf der ihm vom Arbeitnehmer zur Kostenübernahme vorgelegten Originalrechnung die Höhe der Kostenübernahme anzugeben und eine Kopie dieser Rechnung zum Lohnkonto zu nehmen.
Aus umsatzsteuerlicher Sicht sollte die Rechnung stets auf den Arbeitgeber lauten, damit die formalen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind.
Die Steuerfreiheit kommt allerdings – wie stets bei beruflichen Weiterbildungsleistungen – nicht in Betracht, wenn die Leistungen überwiegend Belohnungscharakter haben.
Beispiel Abrechnung einer beruflichen Fortbildungsmaßnahme: Die nichtselbständig tätige Bilanzbuchhalterin A nimmt an einer Online-Fortbildung zum Thema „Neuregelungen bei der Umsatzsteuer” teil, zu der sie sich selbst anmelden musste. Sie erhält daher vom Veranstalter der Fortbildungsmaßnahme eine Rechnung über 750 €. Ihr Arbeitgeber hatte ihr allerdings bereits vor der Anmeldung die Kostenübernahme schriftlich zugesagt. Behandlung: Obwohl die Arbeitnehmerin – bezogen auf die Fortbildungsmaßnahme – Rechnungsempfängerin ist, handelt es sich um eine nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führende Leistung im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. |
Eine Weiterbildungsleistung im Sinne des § 3 Nr. 19 Buchst. b EStG kann eine Berufsausbildung sein. Auch ein Erlernen neuer Fähigkeiten ist begünstigt (z.B. Sprachkurse, Computerkurse). Dem Arbeitnehmer soll die Möglichkeit eröffnet werden, künftig eine andere Tätigkeit ausüben zu können. Übt der Arbeitnehmer eine Tätigkeit aus, die durch Technologien ersetzt werden kann oder vom Strukturwandel betroffen ist, und eignet er sich daher z.B. digitale Kompetenzen an oder strebt er eine Ausbildung in einem „Engpassberuf“ an, hat die Weiterbildung keinen Belohnungscharakter. Es kann sich hierbei sowohl um interne als auch externe Weiterbildungsmaßnahmen handeln. Begünstigt sind alle Arbeitnehmer, auch Geringverdiener und Gesellschafter-Geschäftsführer – soweit keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt – sowie steuerlich anzuerkennende Ehegatten-Arbeitsverhältnisse bzw. Arbeitsverhältnisse mit Lebenspartnern.
[Anm. d. Red.]
BC 6/2021
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