Entwurf eines BMF-Schreibens vom 2.2.2021, III C 3 – S 7340/19/10003 :022; DOK 2021/0109263
Das Jahressteuergesetz (JStG) 2020 führt zu umfassenden Änderungen des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Dabei handelt es sich vorwiegend um zwingende Änderungen aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben. Das Spektrum der Neuregelungen umfasst sehr unterschiedliche Bereiche des Umsatzsteuerrechts (z.B. Rechnungsberichtigung, Telekommunikationsdienstleistungen, Fernverkäufe).
Hierzu hat das Bundesfinanzministerium den Entwurf eines Anwendungsschreibens verfasst, der die Regelungen im JStG 2020 im Einzelnen darlegt sowie anhand von Beispielen erläutert. Im Folgenden wird hierzu ein kleiner Ausschnitt in konzentrierter Form wiedergegeben.
Die Verbände haben Gelegenheit, zu diesem Entwurfsschreiben bis zum 26.2.2021 Stellung zu nehmen.
Praxis-Info!
Einbeziehung von Betreibern elektronischer Schnittstellen in fiktive Lieferketten (UStAE 3.18)
Hierbei geht es um Warenlieferungen mit drei Beteiligten:
- Im Drittland ansässiger Unternehmer (z.B. Südkorea).
- Betreiber der elektronischen Schnittstelle: elektronische Marktplätze, Plattformen oder Portale sowie alle anderen vergleichbaren elektronischen Handelsplätze; es genügt, wenn dieser weder unmittelbar noch mittelbar an der Bestellung oder Lieferung der Gegenstände beteiligt ist.
- Endabnehmer in der EU, z.B. Frankreich (Nichtunternehmer).
Bei folgenden Konstellationen wird der Betreiber der elektronischen Schnittstelle – bei Überschreiten der Umsatzsatzschwelle von 10.000 €! – ab dem 1.7.2021 zum Steuerschuldner für die Umsatzsteuer, die bei diesen Lieferungen anfällt:
- Die Beförderung oder Versendung der Warenlieferungen beginnt (Waren in einem Lager innerhalb der EU, z.B. in Deutschland) und endet im Gemeinschaftsgebiet (hier: Frankreich).
- Fernverkäufe: Es werden aus dem Drittlandsgebiet (z.B. Südkorea) Gegenstände in Sendungen mit einem Sachwert (ohne Transport- und Versicherungskosten, Steuern und Abgaben) von höchstens 150 € in das Gemeinschaftsgebiet (z.B. nach Frankreich) eingeführt.
Tatsächlich liegt in beiden Fällen lediglich ein einziges Verkaufsgeschäft vor. Für umsatzsteuerliche Zwecke werden jedoch zwei Lieferungen fingiert (angenommen):
- Die Lieferungen des Händlers (z.B. Südkorea) an den Plattformbetreiber/Marktplatz (elektronische Schnittstelle) sind regelmäßig steuerfrei (sog. unbewegte Lieferungen).
- Demgegenüber sind die Lieferungen des Schnittstellenbetreibers an den Nichtunternehmer (in Frankreich) steuerbar und steuerpflichtig (bewegte Lieferungen).
Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle hat nun zwei Möglichkeiten:
- Er kann das besondere Besteuerungsverfahren im Sinne des § 18j UStG (über das Bundeszentralamt für Steuern – BZSt) in Anspruch nehmen und den Umsatz darüber erklären.
- Andernfalls hat er den Umsatz im Bestimmungsland (hier: Frankreich) im allgemeinen Besteuerungsverfahren zu erklären.
Bei Fernverkäufen aus dem Drittland (Sachwert ≤ 150 €) ist der Transport durch den Lieferanten (z.B. Südkorea) selbst oder mit seiner Billigung durch Dritte (z.B. Spediteur) an den Abnehmer vorzunehmen. Es handelt sich nicht um Abholfälle (der Abnehmer befördert oder versendet)! |
Ort der Lieferung beim Fernverkauf (UStAE 3c.1)
Bei innergemeinschaftlichen Fernverkäufen (z.B. von Deutschland nach Frankreich) bestimmt sich der Ort der Lieferung regelmäßig nach dem Bestimmungslandprinzip. Das heißt: Der Ort der Lieferung befindet sich dort, wo sich der Gegenstand bei Beendigung der Beförderung oder Versendung an den Erwerber (Nichtunternehmer) befindet (hier: Frankreich). Zu den beiden Möglichkeiten des Besteuerungsverfahrens siehe oben.
Dies gilt nicht, wenn u.a. die Umsatzsatzschwelle von 10.000 € unterschritten wird (vgl. § 3c Abs. 4 S. 1 UStG); in diesem Fall wäre die Lieferung am Sitz des Lieferanten (hier: Deutschland) steuerbar und steuerpflichtig (Ursprungslandprinzip).
- Dieselbe Unterscheidung gilt, wenn ein im Drittland ansässiger Händler (z.B. Südkorea) aus dem Lager seiner Betriebsstätte in Deutschland Waren an den Wohnsitz der Privatperson in Frankreich versendet (innergemeinschaftlicher Fernverkauf).
- Wird die Ware durch einen im Drittland ansässigen Händler (z.B. Südkorea) aus dem Lager im Drittland (hier: Südkorea) über Deutschland an den Wohnsitz der Privatperson in Frankreich versendet (Einführung der Ware in einen anderen EU-Mitgliedstaat (hier: Deutschland) als den, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands an den Erwerber endet (hier: Frankreich)), gilt Folgendes: Der Ort der Lieferung verlagert sich ebenfalls an den Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Beförderung oder Versendung an den Erwerber befindet (hier: Frankreich). Der Sachwert der Waren darf in diesem Fall allerdings nicht höher als 150 € sein.
- Auch bei innergemeinschaftlichen Fernverkäufen ist der Transport durch den Lieferanten selbst oder mit seiner Billigung durch Dritte (z.B. Spediteur) an den Abnehmer vorzunehmen. Es handelt sich nicht um Abholfälle (der Abnehmer befördert oder versendet)!
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Vertiefungshinweis: Die umsatzsteuerlichen Änderungen im Jahressteuergesetz 2020 erläutert Schritt für Schritt – mit Umsetzungsbeispielen, Schaubildern und Praxishinweisen – Bathe in BC 2020, 562 ff. (Heft 12), BC 2021, 25 ff. (Heft 1) und BC 2021, 66 ff. (Heft 2). |
[Anm. d. Red.]
BC 3/2021
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