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Der gläserne Bürger? Luca und die Schweizer Konten

Christian Thurow

 

Letzte Woche (KW 1/2022) wurde bekannt, dass die Mainzer Polizei unzulässigerweise über das Gesundheitsamt Mainz Datenabfragen aus der sog. Luca-App vorgenommen hat. Die App dient eigentlich zur Kontaktnachverfolgung im Falle einer Corona-Infektion. Der Vorgang wirft einmal mehr ein Schlaglicht auf das sensible Verhältnis des Datenschutzes zwischen Staat und Bürger. Auch im Steuerrecht spielt dies eine Rolle, wie zwei aktuelle Urteile des Finanzgerichts (FG) Köln zeigen.


 

 

Praxis-Info!

 

Im ersten Fall (Urteil des FG Köln vom 27.10.2021, 2 K 2835/19, Revision zugelassen) geht es um die Frage, ob das Finanzamt die aus der Schweiz erhaltenen Angaben über Vermögensbestände eines Steuerpflichtigen auf einem Schweizer Konto sowie einem Schweizer Depot speichern und verarbeiten darf oder ob es die entsprechenden Daten löschen muss.

Aus Sicht des Kläger ist die Speicherung der reinen Vermögensdaten verfassungswidrig, da in Deutschland keine Vermögensteuer existiere und daher kein Grund für die Speicherung der Vermögensangaben bestehe. Für die Ermittlung der konkreten Steuerlast sei der Vermögenswert an sich unerheblich und die Erfassung nicht notwendig. So müssten auch deutsche Steuerzahler mit ausschließlich inländischen Konten keine Angaben zu ihrem Vermögensbestand machen.

Aus Sicht des FG Köln besteht aber hier kein Unterlassungs- bzw. Löschungsanspruch. Das Steuerhinterziehungsrisiko ist im Falle von Auslandskonten deutlich höher, sodass die Situation des Klägers mit anderen Steuerinländern mit ausschließlich inländischen Konten nicht vergleichbar ist. Hierdurch werde auch nicht das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.

In einem weiteren Fall hat sich das FG Köln (Urteil vom 27.10.2021, 2 K 1415/21, Revision zugelassen) mit der Rechtmäßigkeit eines Kontenabrufs auseinandergesetzt. Zwischen Kläger und Finanzamt gab es Streit über die Festsetzung von Säumniszuschlägen.

Das Finanzamt bereitete Vollstreckungsmaßnahmen vor und veranlasste dafür eine Kontenabfrage beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Aus Sicht des Klägers seien dadurch seine Datenschutzrechte verletzt worden. Gegen die strittigen Säumniszuschläge waren Rechtsmittel eingelegt worden. Der Ausgang des Verfahrens war zum Zeitpunkt der Kontenabfrage noch offen. Auch hätte das Finanzamt zunächst eine Vermögensauskunft vom Kläger beantragen müssen. Nur wenn der Steuerpflichtige dieser Verpflichtung zur Vermögensauskunft nicht nachkomme, sei vom Instrument der Kontenabfrage Gebrauch zu machen.

In Bezug auf ein Urteil des OVG Rheinland-Pfalz weist das FG Köln die Klage mit der Begründung ab, dass nach Art. 78 DSGVO nur eine formale gerichtliche Überprüfung vorgesehen ist, nicht aber eine inhaltliche. Mit anderen Worten – das Gericht kann nur überprüfen, ob eine datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde tätig geworden ist und im Sachverhalt entschieden hat. Das Gericht habe aber keine rechtliche Handhabe dafür, den Inhalt der Entscheidung zu würdigen.

Gegen beide Urteile wurde Revision eingelegt. Besonders im zweiten Fall ist der Ausgang spannend, geht es hier doch um die Frage, ob Bürger das Recht haben, Entscheidungen von Behörden juristisch anzufechten, oder ob es quasi ein- und widerspruchsfreie Rechtsgebiete gibt. Wie der Luca-Fall in Mainz zeigt, wäre es wünschenswert, wenn der Bürger im Zweifelsfall auch eine inhaltliche gerichtliche Überprüfung seines Datenschutzes gegenüber dem Finanzamt durchsetzen könnte.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

BC 2/2022

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