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News & Beiträge

Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung als Vorbehaltsaufgabe der Wirtschaftsprüfer?

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

IDW und WPK fordern Exklusiv-Rechte ein

 

Mit der nahenden Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (NBR) geraten auch Fragen zur Prüfung mehr und mehr in den Fokus. Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) und die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) haben sich nun aktuell dafür ausgesprochen, die NBR-Prüfung als Vorbehaltsaufgabe des eigenen Berufsstands auszugestalten. Werden andere Berufsgruppen damit ausgegrenzt?


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Rahmen der Verwirklichung des europäischen Green Deal (Agenda zum ökologischen Umbau des EU-Wirtschaftssystems) wird sich die Anzahl der Unternehmen, die einen Bericht über ihr nachhaltiges Wirtschaften zu erstellen haben, von bisher rund 500 auf rund 15.000 erhöhen. Zudem wird nach Angaben der WPK vom 25.5.2023 die Mehrheit der bundesweit über 18.500 Unternehmen der öffentlichen Hand (davon rund 16.000 auf kommunaler Ebene) über Verweisungen in Landesgesetzen, Satzungen oder Gesellschaftsverträgen unmittelbar oder mittelbar betroffen sein. Noch nicht erfasst sind die indirekt von den neuen Pflichten erfassten Unternehmen (vgl. dazu hier). Wer soll die Prüfung all dieser Berichte verantworten?

 

 

Lösung

In einer an das Bundesministerium der Justiz (BMJ), das Bundesministerium für Finanzen (BMF) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gerichteten Eingabe vom 4.5.2023 hat das IDW die aus seiner Sicht wichtigsten Punkte zur Umsetzung der Vorschriften der Europäischen Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz: CSRD) in nationales Recht dargelegt, was bis zum 6.7.2024 geschehen muss. Hinsichtlich der Zuständigkeit für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung plädiert das IDW für eine Lösung als Vorbehaltsaufgabe, da der Abschlussprüfer des Unternehmens der bestgeeignete Prüfer auch für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sei. Anlässlich eines Pressegesprächs der WPK am 25.5.2023 zu diesem Thema wurde Andreas Dörschell, Präsident der Wirtschaftsprüferkammer (WPK), noch deutlicher: „Die CSRD sieht vor, dass grundsätzlich der Abschlussprüfer eines Unternehmens auch die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung durchführen soll. Der Vorstand der WPK spricht sich dafür aus, dies eins zu eins in Deutschland umzusetzen. Nicht zielführend ist nach Ansicht des Vorstands das in der CSRD auch vorgesehene Wahlrecht für die Mitgliedstaaten, optional andere Wirtschaftsprüfer mit der Prüfung zu betrauen sowie auf einer zweiten Stufe unabhängige Prüfungsdienstleister.“ Es wird sogar der Anspruch formuliert, dass insgesamt gesehen der Wirtschaftsprüfer der „geborene Prüfer“ für Nachhaltigkeitsinformationen im Lagebericht sei (vgl. WPK, Eckpunktepapier zur Umsetzung der CSRD, 14.2.2023; IDW, Eingabe zur CSRD, 4.5.2023). Sachgerecht wäre dann aus IDW-Sicht auch eine zwingende Integration des Prüfungsvermerks zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Bestätigungsvermerk. Ein einheitlicher Bestätigungsvermerk würde zudem die Übersichtlichkeit für die Stakeholder (z.B. Investoren, Lieferanten, Kunden, Mitarbeitende) erhöhen.

Die Gestaltung als Vorbehaltsaufgabe ist nach Meinung der WPK nicht mittelstandsfeindlich. Es sei nicht zu erwarten, dass hieraus eine Konzentration des Prüfermarkts resultiert, so der Präsident Dörschell am 25.5.2023 (siehe unter https://www.wpk.de/neu-auf-wpkde/wpk/2023/sv/pressemitteilung-abschlusspruefer-als-begleiter-der-unternehmen-auf-ihrem-weg-zu-den-europaeischen-na/): „Die Abschlüsse der in Deutschland zukünftig in der Nachhaltigkeitsberichterstattung prüfungspflichtigen Unternehmen werden von der gesamten Breite des mittelständisch geprägten Wirtschaftsprüferberufs geprüft.“

Das kann man aber auch ganz anders sehen und wie Schüttler in DB 2023, 1237, die Gefahr einer weiteren Konzentration auf dem Prüfermarkt in den Vordergrund stellen: „Es sollte keine neue Vorbehaltsaufgabe kodifiziert werden. Vielmehr sollte der deutsche Gesetzgeber erlauben, dass auch andere Wirtschaftsprüfer und Prüfungsdienstleister die Nachhaltigkeitsberichterstattung prüfen dürfen.“

Hintergrund ist, dass die maßgebende, noch umzusetzende EU-Richtlinie nämlich ein nationales Wahlrecht vorsieht: Prüfung durch den Abschlussprüfer, Prüfung durch einen anderen Wirtschaftsprüfer (Art. 34 Abs. 3 BilanzRL) oder Prüfung durch einen unabhängigen Erbringer von Bestätigungsleistungen (Art. 34 Abs. 4 BilanzRL). Die Gefahr einer weiteren Konzentration auf dem Prüfermarkt sieht nach Schüttler auch die EU-Kommission: „Sie hält es für wünschenswert, dass die Unternehmen auf eine größere Auswahl an unabhängigen Erbringern von Bestätigungsleistungen und andere Wirtschaftsprüfer als dem Abschlussprüfer zurückgreifen können (vgl. CSRD, 14.12.2022, Tz. 61).“

 

 

Praxishinweise:

  • Das IDW spricht sich dafür aus, dass die Prüfung zum Nachhaltigkeitsprüfer künftig in das Wirtschaftsprüferexamen integriert wird. Dies spiegele zum einen die Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und deren Prüfung wider, ermögliche zum anderen aber auch ein modernes und einheitliches Berufsbild. Dadurch würde auch die Attraktivität für den Berufsnachwuchs gesteigert.
  • Das stimmt zwar – gilt entsprechend aber auch für andere Berufsgruppen, wie insoweit engagiert sich fortbildende Bilanzbuchhalter und Controller (siehe zuletzt etwa hier). Nach wie vor gilt: Selbstständigen Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhaltern eröffnet sich ein äußerst attraktives Beratungsfeld, indem sie KMU-Kunden zeigen, wie sie nachhaltigkeitsbezogene Informationen identifizieren und sammeln sowie ESG-Risiken (Environmental/Umwelt, Social/Soziales, Governance/verantwortungsvolle Unternehmensführung und -überwachung) managen können!
  • Auch angestellte BC-Experten sollten sich aufraffen, da sich für sie bei insoweit noch nicht (oder nicht ausreichend) aktiven Arbeitgebern ganz neue Perspektiven eröffnen und sie insoweit lange haltende Pluspunkte sammeln können, die angesichts des eklatanten Fachkräftemangels sicher auch auf dem Gehaltszettel wiederzufinden sein werden (siehe hier, dort die Praxishinweise am Ende). Zudem werden Einschätzungen bekannt, wonach selbst schon gesetzte Nachhaltigkeitsziele wegen des Fachkräftemangels nicht mehr erreicht werden können – so die am 15.5.2023 veröffentlichte Studie der Managementberatung Horváth, in der 2/3 der befragten CFOs angeben, dass ihre Abteilung an Personalmangel leidet (siehe unter https://www.horvath-partners.com/de/presse/detail/horvath-studie-cfo-studie-jeder-vierte-finanzvorstand-sieht-nachhaltigkeitsziele-fuer-2023-als-unerfuellbar-an).


Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 6/2023

BC2023624

 

 

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