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Fremdübliche Verzinsung einer Darlehensforderung

Christian Thurow

BFH Urt. v. 22.2.2023 – I R 27/20

 

Unverzinsliche Darlehen einer Gesellschaft an ihren Gesellschafter stellen in der Regel eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) dar. Umstritten ist, woran sich die Höhe der vGA orientiert. Der BFH nennt hier mehrere zulässige Bewertungsmaßstäbe.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschaftergeschäftsführer bestand ein unverzinsliches Verrechnungskonto, welches eine Forderung der GmbH gegenüber dem Geschäftsführer auswies.

Aus Sicht des Finanzamts lag in Höhe der nicht erhobenen Zinsen eine vGA vor. Bei der Ermittlung der vGA setzte das Finanzamt einen „fremdüblichen“ Zinssatz von 4,5% an, welcher sich an der Höhe der Überziehungskreditzinssätze für private Haushalte orientierte.

Aus Sicht des Klägers lag keine vGA vor. Die GmbH hatte keine Kredite, sodass der Sollzinssatz unerheblich sei. Der Habenzinssatz der GmbH betrage 0%, weshalb der GmbH durch die unverzinsliche Überlassung von Kapital kein Nachteil entstehe.

 

 

Lösung

Wie schon das erstinstanzliche Finanzgericht widerspricht auch der BFH der Auffassung des Klägers. Durch die Kapitalüberlassung über das unverzinsliche Verrechnungskonto wird auf Ebene des Gesellschafters eine vGA ausgelöst.

Die Prüfung der Angemessenheit der veranschlagten vGA obliegt dabei dem Finanzgericht. Hat das überlassende Unternehmen Bankverbindlichkeiten, so kann der Sollzins als Vergleichsmaßstab dienen. Das Unternehmen könnte die an den Gesellschafter ausgereichten finanziellen Mittel nämlich zur Tilgung der Verbindlichkeiten nutzen. Dies stellt sozusagen die Obergrenze des möglichen Zinskorridors dar. Die Untergrenze bilden die Habenzinsen, da diese der Gesellschaft durch die Überlassung des Kapitals entgehen. Dieser Korridor gilt auch dann, wenn das Unternehmen keine Bankkredite in Anspruch nimmt, also keine eigenen Sollzinsen zahlt. Die überlassenen finanziellen Mittel könnten nämlich zugleich im Betrieb verwendet werden und somit eine Eigenkapitalverzinsung erzielen.

Sind keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar, ist es nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen (Margenteilung).

Der im Ausgangsfall vom Finanzamt verwendete Zinssatz ist nicht zu beanstanden, weil die streitige Darlehensgewährung ebenfalls den Charakter eines unbesicherten Privatkredits hat und innerhalb der Soll- und Habenzinsbandbreite liegt.

Bei der Ermittlung der vGA hat das Finanzamt auch zu Recht eine Zinseszinsberechnung vorgenommen – die im Vorjahr unterbliebenen Zinszahlungen wurden bei der Zinsberechnung des Folgejahres dem Kapital zugeschlagen. Das sog. „Zinseszinsverbot“ im Sinne des § 248 Abs. 1 BGB ist hier unbeachtlich.

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 6/2023

BC2023622

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