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BVBC-AK: Ausstrahlung der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf KMU

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

 

Auch in der vierten Sitzung des BVBC-Arbeitskreises Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) lag am 27.4.2023 in Essen der Fokus auf den Verpflichtungen, denen sich KMU stellen müssen. Diese Verpflichtungen bestehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollte dennoch als Chance betrachtet werden, nicht als bürokratielastiges Muss.

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Nach dem Auftakt am 4.7.2022 in Hamburg und den Fortsetzungen am 6.9.2022 in Duisburg sowie am 7.12.2022 in Aachen fand am 27.4.2023 die vierte Sitzung des BVBC-Arbeitskreises Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) in Essen statt (Gastgeber BVBC anlässlich seines Bundeskongresses 2023). Generalthema waren – ausgehend vom European Green Deal (Agenda zum ökologischen Umbau des EU-Wirtschaftssystems) und der Europäischen Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz: CSRD) der Stand der Regulierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Ausstrahlungen auf den Mittelstand. Dabei werden auch weitere Auswirkungen etwa seitens der Lieferkettenproblematik einzubinden sein. Zu Letzterem ist damit zu rechnen, dass der aktuell vorliegende Richtlinienentwurf der EU eher noch verschärft wird, weil es bereits Nachforderungen gibt.

 

 

Lösung

Der Arbeitskreisleiter Prof. Dr. Stefan Müller wies in seiner Einführung auf die Schwierigkeiten der Abgrenzung nachhaltiger Aktivitäten hin. Die Berichterstattungsprinzipien erstrecken sich auf die gesamte Wertschöpfungskette (sog. Scope 3 (Scope = Anwendungsbereich) auch außerhalb der Organisation, nicht nur auf das Unternehmen selbst). Dabei ist die Nachhaltigkeit in die Systeme zu integrieren, also kein separates Nachhaltigkeitssystem quasi als Stabsstelle zu schaffen. Lieferanten können ebenso wie z.B. Kapitalgeber nach Nachhaltigkeits-Infos fragen. Zusammenfassend bestehen für den Mittelstand nach den Angaben der auf Müller folgenden Referentin Lisa Warnke folgende Herausforderungen:

  • Hoher Umfang von Offenlegungspflichten
  • Selbst Vorreiter erfüllen bisher lediglich ca. 30% der Vorgaben
  • Systeme zur Erhebung, Auswertung und Zusammenführung der Informationen müssen implementiert werden (und prüfbar sein)
  • Die Wesentlichkeitsanalyse ist aufzusetzen
  • Mittelbare Pflicht zur Informationsweitergabe entlang der Wertschöpfungskette
  • Erhöhter Druck auch für die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung, u.a. durch Kreditinstitute, Lieferanten, Kunden, Gesellschaft etc.

Nach einem Überblick über den aktuellen Entwicklungsstand der ESRS (European Sustainability Reporting Standards) durch Lisa Warnke wurde von Christof Kocher und Jana Bibow über die ESEF-Umsetzung informiert (European Single Electronic Format – ESEF), also die zukünftigen Möglichkeiten einer Nachhaltigkeitsberichterstattung im elektronischen Berichtsformat. Es folgte ein Erfahrungsbericht von Dr. Nadja Thomas, als Kommunikationsexpertin verantwortlich für das Thema „Nachhaltigkeit bei der Trianel GmbH“. Sie wurde in 2018 von der Geschäftsführung mit dieser Aufgabe betraut; nach einer Einarbeitungszeit konnte bereits 2019 ein erster Nachhaltigkeitsbericht erstellt werden. Ziel war es dabei insbesondere auch, für entsprechende Nachfragen von Banken und Versicherungen gewappnet zu sein. Tatsächlich wurde dann in Kreditgesprächen nach CSR-Kennzahlen gefragt. Ebenso besteht Interesse an solchen Informationen seitens der Mitarbeitenden und Nachwuchskräfte. Nadja Thomas zeigte sich überzeugt, dass Nachhaltigkeit den Unternehmenswert erhöht und den Blick für die Unternehmensentwicklung insgesamt schärft.

Nach einem anspruchsvollen Strategieprozess sei die Trianel GmbH in Bezug auf die Nachhaltigkeit mittlerweile gut aufgestellt, so mit der Fokussierung auf erneuerbare Energien und Flexibilitätsoptionen (Speicher, Wasserstoff). Parallel hat es eine kulturelle Transformation gegeben (Leitbild-Prozess, Neujustierung der Marke, Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagements). Seit 2020 werden jährlich CSR-Berichte erstellt, zum ersten Mal 2021 mit einer Klimabilanz, in 2022 geprüft gemäß dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK). Noch aber werden – so schränkte Nadja Thomas ein – die wichtigen Entscheidungen vorrangig anhand von Kosten-Nutzen-Analysen gefällt, nicht nach Nachhaltigkeitskriterien. Die zunehmende Orientierung an den neuen ESG-Standards (ESG: Environmental/Umwelt, Social/Soziales, Governance/verantwortungsvolle Unternehmensführung und -überwachung) ermöglicht aber eine zielgenaue Weiterentwicklung der Nachhaltigkeit bei der Trianel GmbH. Allerdings wirft die Wesentlichkeitsanalyse noch viele Fragezeichen auf. Auf dem Weg zur ESG-Konformität sind folgende Schritte vorgesehen:

  • Sensibilisierung der Führungskräfte für das Thema und kommende Pflichten
  • Festlegung eines ESG-Gremiums
  • Entwicklung der ESG-Standards beobachten
  • Einbeziehung des Aufsichtsrats
  • Wesentlichkeitsanalyse
  • Überprüfung und Anpassung von internen Richtlinien (Dienstwagenrichtlinie z.B.)
  • Erweiterung der Managementinstrumente (Compliance, Risikomanagement).

Anschließend wurde die Sicht der Wirtschaftsprüfung behandelt. Thomas Scholz (PKF) erläuterte den Spannungsbogen von der freiwilligen Prüfung bis hin zu den zu erwartenden Prüfungspflichten. Ab 2025 soll es Prüfungen mit begrenzter Sicherheit und einer Negativaussage geben. Das heißt: Es sind keine Sachverhalte bekannt geworden, die zu der Annahme veranlassen, dass wesentliche falsche Darstellungen enthalten sind. Voraussichtlich ab dem Geschäftsjahr 2028 soll es Prüfungen mit hinreichender Sicherheit und einer Positiv-Aussage wie bei einer gesetzlichen Abschlussprüfung geben. Erforderlich sind insoweit spezifische Prüfungsstandards.

 

 

Praxishinweise:

  • Für die Trianel GmbH fasste die Nachhaltigkeitsbeauftragte Nadja Thomas zusammen: Das Unternehmen sei insgesamt gut für die künftigen Anforderungen aufgestellt. Die Etablierung von Nachhaltigkeitskriterien in bestehende Strukturen ist aber noch erforderlich. Es geht nicht mehr nur um Profitabilität, sondern es sind mehr Informationen beispielsweise zur Wertschöpfungsentstehung erforderlich. Das Unternehmen wird nicht mehr nur aus der Sicht der wirtschaftlichen Leistungskraft betrachtet, sondern umfassend mit einem 360-Grad-Blick.
  • Zum Thema „Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung“ erwartet Scholz eine Riesenaufgabe, die Wirtschaftsprüfer allein gar nicht bewältigen können, sodass auch andere Berufsgruppen zum Zuge kommen werden, wenn sie z.B. als ESG-Fachberater zertifiziert sind. Zu prüfen ist,
    – ob der Nachhaltigkeitsbericht mit den ESRS-Anforderungen übereinstimmt,
    – ob die vom Unternehmen genutzten Verfahren mit den ESRS übereinstimmen,
    – ob die Pflichten zur Offenlegung und zum elektronischen Tagging (Markierung, Zuordnung) der Nachhaltigkeits-Infos eingehalten wurden,
    – ob die Berichtsvorgaben des Art. 8 der Taxonomie-VO umgesetzt wurden.
  • Die Einladung zur 5. Sitzung des Arbeitskreises Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) ist bereits ergangen. Sie wird online am Mittwoch, 17.5.2023, von 9 Uhr bis 12 Uhr, stattfinden. Nehmen Sie gerne teil, auch wenn Sie noch nicht als AK-Mitglied registriert sind. Und am 5.9.2023 soll dann in Köln die 6. Sitzung stattfinden.


Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 6/2023

BC2023603 

 

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