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Kurskorrektur bei den ESRS: Reduzierung der Offenlegungspflichten

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Auswirkungen der Omnibus-Initiativen

 

Die Konsultationsfrist zu den am 31.7.2025 veröffentlichten Änderungsvorschlägen der Europäischen Beratungsgruppe für Finanzberichterstattung (EFRAG) läuft am 29.9.2025 aus. Die Vorschläge sehen eine deutliche Reduzierung der Offenlegungspflichten vor – insgesamt um ca. 68%, in den sog. Cross-Cutting-Standards (übergreifenden Normen: ESRS 1 und ESRS 2) um etwa 49%. Was sollte trotz der noch ausstehenden Finalisierung jetzt schon getan werden?


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Wie bereits anderweitig mehrfach berichtet, hatte die EU-Kommission im Rahmen der Omnibus-Initiative die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) beauftragt, die Europäischen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS – European Sustainability Reporting Standards) zu vereinfachen. Ziel ist es, Bürokratie abzubauen, pragmatische Lösungen zu ermöglichen und mehr Klarheit zu schaffen. Mit den daraufhin am 31.7.2025 von der EFRAG vorgelegten Änderungsvorschlägen ist eine deutliche Reduzierung der Offenlegungspflichten absehbar – insgesamt um ca. 68%. Dennoch ist festzustellen: Der Charakter der ESRS und die Ziele werden grundsätzlich bewusst beibehalten. Was ist nun zu tun?

 

 

Lösung

 

1. Wesentliche Änderungen im Überblick

Aus Sicht der mittelständischen Beratungsgesellschaft Rödl & Partner sind laut Angaben von Dipl.-Kfm. WP/CPA Dr. Christian Maier (Partner, Head of Sustainability Services) vom 9.9.2025 besonders zu begrüßen:

  • Klarstellungen zu bislang offenen Fragen, auch wenn diese noch nicht abschließend geklärt sind,
  • eine klarere Strukturierung durch die Verschiebung der Anwendungsanforderungen (AR) unter die jeweiligen Anforderungen an die Offenlegung (Disclosure Requirements – DR),
  • der Abbau von Doppelungen sowie die Streichung freiwilliger Angaben.

Hierbei sind die geplanten Änderungen der übergreifenden Standards ESRS 1 und ESRS 2 zu den allgemeinen Grundsätzen entscheidend; denn diese Aktualisierungen haben Auswirkungen auf alle anderen Themenstandards. Wichtig ist zunächst, dass die Zahl der verpflichtenden Datenpunkte im ESRS 2 vor allem durch das Streichen narrativer Datenpunkte (Angaben qualitativer Art) sinkt. So wurden beispielsweise die GOV-1 und GOV-2-Datenpunkte (Offenlegung bestimmter Informationen in Zusammenhang mit der Unternehmensführung) unter GOV-1 zusammengefasst, um Dopplungen zu vermeiden. Angaben zu Strategie und Geschäftsmodell wurden verdichtet, freiwillige Angaben entfallen vollständig.

Aus Sicht der Rödl-Experten rücken damit künftig zwei Prinzipien stärker in den Fokus:

  • Fair Presentation: Unternehmen müssen eine aussagekräftige, für Nutzer verständliche Berichterstattung liefern.
  • Wesentlichkeitsanalyse: Als Filter für die relevanten Themen gewinnt sie weiter an Bedeutung, obwohl nun vereinfachte Optionen zugestanden werden sollen.

 

 

2. Vereinfachte doppelte Wesentlichkeitsanalyse

Im Rahmen der doppelten Wesentlichkeitsanalyse, der auch zukünftig eine herausragende Bedeutung zukommen wird (so der mehrfach geäußerte Tenor anlässlich des von Rödl am 23.9.2025 in Frankfurt/M. veranstalteten ESG Day 2025), ist nach Angaben von Christian Maier neu, dass ein pragmatischer Top-Down-Ansatz ausdrücklich zulässig ist: Unternehmen können sich zunächst auf eindeutig wesentliche und potenziell zukünftig wesentliche Themen konzentrieren, und zwar basierend auf den Elementen Geschäftsmodell, Wertschöpfungskette, Branchenpraxis oder strategische Relevanz. Soweit dabei Themen als unwesentlich eingestuft werden, können sie von der weiteren Analyse ausgeschlossen werden.

Wichtig! Das ermöglicht also die Konzentration auf das Wesentliche!

Zudem wurde die Themenliste (ehemals ESRS 1 AR-16, nun zum jetzigen Zeitpunkt im Appendix C von ESRS 1 zu finden) kompakter gestaltet und auf zwei statt auf drei Themenebenen begrenzt. Die Themenliste ist nicht bindend, soll aber gemäß EFRAG-Vorschlag ein integraler Bestandteil des Standards bleiben und vom berichtenden Unternehmen unter Berücksichtigung ggf. weiterer unternehmensspezifischer Themen genutzt werden.

 

 

3. Anpassungen bei der Bewertung von Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs)

Laut EFRAG-Vorschlag besteht künftig die Möglichkeit, den Schweregrad von Auswirkungen direkt (quasi in Summe) zu bewerten, ohne dass die einzelnen Kriterien wie Ausmaß oder Umfang einzeln betrachtet werden müssen. Eine zwingend quantitative oder zeithorizontbasierte Bewertung soll entfallen.

 

 

Wichtig!

 

Sehr bedeutsam ist aus Sicht der Rödl-Experten, dass die EFRAG die viel diskutierte „Brutto-vs.-Netto“-Betrachtung präzisiert: Negative Auswirkungen werden grundsätzlich vor Berücksichtigung von Abhilfemaßnahmen im Berichtszeitraum bewertet (Brutto-Betrachtung). Nur wenn die Maßnahmen dauerhaft die Schwere oder Eintrittswahrscheinlichkeit reduzieren, dürfen sie berücksichtigt werden (Netto-Betrachtung).

Hinsichtlich der Angabe positiver Auswirkungen gilt: Nur wenn Unternehmen negative Auswirkungen Dritter mindern oder verhindern, darf dies als positive Auswirkung klassifiziert und berichtet werden.

 

 

 

4. Empfehlungen

Zur Frage, was Unternehmen jetzt tun sollten, lauten die Rödl-Empfehlungen vom 9.9.2025, die am 23.9.2025 auf dem sog. ESG-Day bestätigt und vertieft wurden:

  • Wesentlichkeitsanalyse starten oder überprüfen: Falls noch nicht vorhanden, beginnen Sie jetzt.
  • Falls bereits erfolgt, prüfen Sie die Ergebnisse vor dem Hintergrund der neuen Klarstellungen – z.B. Definition positiver Auswirkungen, Brutto-/Nettobetrachtung.
  • Abgleich mit neuen Datenpunkten: Überprüfen Sie, welche für Sie als wesentlich im Rahmen der Offenlegung erhalten bleiben; identifizieren Sie kritische Kennzahlen.
  • Datenkonzepte entwickeln: Legen Sie robuste Prozesse für kritische Kennzahlen und Metriken fest; beginnen Sie frühzeitig mit der Datensammlung, um Übergangsprobleme zu vermeiden.

 

 

 

Dr. Christian Maier

 

 

Praxishinweise:

  • Weitere Informationen insbesondere zu ESRS 2 sind im Gut-zuwissen-NL vom 25.9.2025 einsehbar. Die bisherigen Minimum Disclosure Requirements (MDRs – Mindestanforderungen an die Offenlegung) heißen nun General Disclosure Requirements (GDRs – Allgemeine Offenlegungspflichten). Inhalte zu Policies, Actions and Targets (PATs – Konzepte, Maßnahmen und Ziele) wurden stärker gebündelt und reduziert.
  • Die öffentliche Konsultation läuft bis zum 29.9.2025. Anschließend muss die EFRAG bis zum 30.11.2025 ihre Empfehlung („technical advice“) an die EU-Kommission übermitteln. Auch diese kann wiederum Änderungen an der Empfehlung vornehmen, bevor die überarbeiteten ESRS als delegierter Rechtsakt verabschiedet werden und damit die aktuell gültige Fassung vom 31.7.2023 ablösen. Laut EU-Kommission ist die Finalisierung der ESRS-Überarbeitung bis zum Jahr 2027 geplant.
  • Die vorgesehenen Erleichterungen unterstreichen, dass Nachhaltigkeit trotz Omnibus-Verfahren ein aktuelles Thema im Mittelstand bleibt, siehe dazu die Empfehlungen im BC-Newsletter vom 20.3.2025.


 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

 

BC 10/2025 

BC20251016

 

 

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