LSG Hamburg Urt. v. 6.8.2025 – L 2 U 30/24 (Revision nicht zugelassen)

Ein Unfall auf dem Weg zur Arbeit zählt dann als Arbeits- bzw. Wegeunfall, wenn er sich nach dem Verlassen des Wohnbereichs ereignet. Doch wann genau wird der Wohnbereich bei einem Mehrfamilienhaus verlassen? Hierzu hat sich nun das Landessozialgericht (LSG) Hamburg abschließend geäußert.
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Problemstellung
Der Kläger wohnte in einem Mehrfamilienhaus, welches über eine eigene Tiefgarage verfügte. Die Garage konnte sowohl durch das Treppenhaus als auch von außen betreten werden. Auf dem Weg zur Arbeit verließ der Kläger seine Wohnung und versuchte die Garage von außen zu betreten. Dabei stürzte er im Treppenhaus und zog sich eine Verletzung an der Hand zu.
Sein Antrag auf Anerkennung der Verletzung als Arbeitsunfall wurde abgelehnt. Dies wurde damit begründet, dass die Garage mit dem Wohngebäude eine Einheit bilde. Erst wenn die Außentür durchschritten worden ist, liegt ein Arbeitsunfall vor. Im Ausgangsfall hat der Kläger mit Betreten des Treppenhauses den Außenbereich wieder verlassen, da das Treppenhaus auch direkt durch das Mehrfamilienhaus betreten werden konnte.
Aus Sicht des Klägers liegt hier eine Ungleichbehandlung von Ein- und Mehrfamilienhaus vor. Bei einem Einfamilienhaus wird der Wohnbereich bei Durchschreiten der Wohnungstür verlassen. Es kann daher nicht sein, dass bei einem Mehrfamilienhaus die Außen- und nicht die Wohnungstür als Schwelle von Außen- und Wohnbereich angesehen wird.
Lösung
Wie schon das erstinstanzliche Sozialgericht widerspricht auch das Landessozialgericht der Auffassung des Klägers. Nach ständiger Rechtsprechung beginnt der Versicherungsschutz erst mit dem Verlassen des häuslichen Bereichs, wobei dieses Verlassen mit dem Durchschreiten der Außentür des von dem Versicherten bewohnten Gebäudes erfolgt. Bei Mehrfamilienhäusern ist dabei auf die Außentür und nicht auf die Wohnungstür abzustellen. Ist eine Garage vorhanden, welche direkt vom Wohngebäude aus zu erreichen ist, so findet das Verlassen bei der Durchfahrt aus dem Garagentor statt.
Im Ausgangsfall fand der Unfall daher im häuslichen Bereich statt. Der Kläger hatte diesen zwar kurz verlassen, ist aber mit Betreten des auch vom Haus aus zugänglichen Treppenhauses wieder in diesen zurückgekehrt.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 10/2025
BC20251010