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EZB senkt erneut Leitzinsen – um 0,25 Basispunkte

Prof. Dr. Christian Zwirner und Sebastian Schöffel

Die EZB senkt aufgrund der rückläufigen Inflationsraten und der schwächelnden Wirtschaft erneut ihre Leitzinsen

 

Aufgrund der massiv gestiegenen Inflationsraten im Zuge des Ukraine-Kriegs hat die Europäische Zentralbank (EZB) zwischen Juli 2022 und Oktober 2023 zehnmal in Folge eine Anhebung der Leitzinsen bis auf 4,00% (Einlagensatz) vorgenommen. Aufgrund der rückläufigen Inflation im Jahr 2024 erfolgte im Juni 2024 erstmals wieder eine Senkung der Leitzinsen. In der jüngsten Sitzung im Juni 2025 beschloss der EZB-Rat, die Leitzinsen zum achten Mal in Folge zu senken. Der richtungsweisende Einlagenzinssatz beträgt nun 2,00%.



 

Praxis-Info!

Die wirtschaftlichen und geopolitischen Ereignisse, insbesondere der russische Angriffskrieg in der Ukraine und der Nahost-Konflikt prägen das aktuelle Wirtschaftsgeschehen und ebenso bereits die letzten Jahre. Eine Folge der Krisen der letzten Jahre war ein historischer Anstieg der Inflationsraten vor allem im Jahr 2022. Von März 2023 bis März 2024 ist das Inflationsgeschehen schließlich von 7,4% auf 2,2% zurückgegangen. In den Sommermonaten des Jahres 2024 verharrte die Inflationsrate auf einem Niveau etwas oberhalb der Zielinflationsrate von 2,0 %. Die Gesamtinflation im Euroraum betrug im Jahresdurchschnitt 2024 rund 2,4%. Volkswirte der EZB rechnen derzeit mit einer Gesamtinflation für das Jahr 2025 in Höhe von 2,0%, für das Jahr 2026 in Höhe von 1,6% und für das Jahr 2027 in Höhe von 2,0%.

Die Anfang April 2025 von der US-Regierung angekündigten Zollmaßnahmen führten zu massiven Turbulenzen an den Kapitalmärkten. Die Dimension der hierdurch an den Kapitalmärkten ausgelösten Dynamiken wird bei Betrachtung der Volatilität (Schwankungsbreite) des deutschen Leitindizes (DAX) deutlich: Diese war im April 2025 ähnlich hoch wie zu Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022. Im Verlauf des Mai 2025 normalisierte sich die Volatilität an den Kapitalmärkten wieder.

Grundsätzlich reagieren Geschäftsbanken auf eine gestiegene allgemeine Unsicherheit mit höheren Zinsforderungen für zu vergebende Kredite. Nach Ansicht der EZB hat sich das Risiko von steigenden Finanzierungskosten für Unternehmen aufgrund des Handelskonfliktes jedoch zwischenzeitlich wieder abgeschwächt.

Um in dem aktuellen schwierigen makroökonomischen Umfeld weiterhin positive Wachstumsimpulse zu geben, senkt die EZB die drei Leitzinssätze im Juni 2025 mit Wirkung zum 11.6.2025 um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Dies stellt die achte Zinssenkung in Folge dar.

  • Der Hauptrefinanzierungssatz beläuft sich nun auf 2,15%. Der Hauptrefinanzierungssatz ist der Zinssatz, zu welchem sich Banken Geld leihen können.
  • Gleichzeitig erfolgt eine Senkung des Zinssatzes für die Einlagefazilität, auch Einlagenzins genannt, auf 2,00%. Der Einlagenzinssatz gilt seit der zweiten Jahreshälfte 2024 als der für die Finanzmärkte richtungsweisende Zinssatz. Vorher galt das für den Hauptrefinanzierungssatz.
  • Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität wird zeitgleich auf 2,40% festgesetzt.

Trotz der bereits zuvor erfolgten Zinssenkungen stieg der Basiszinssatz nach IDW S 1 zuletzt zum 1.6.2025 um 0,25 Prozentpunkte auf gerundet 3,00% an. Damit liegt der Basiszinssatz erstmals seit November 2011, d.h. erstmals seit über einem Jahrzehnt wieder bei 3,00%.

Im Unterschied zum Einlagenzinssatz dient der Basiszinssatz als Grundlage für die Diskontierung zukünftiger Cashflows im Rahmen von Unternehmensbewertungen. Eine Änderung des Basiszinssatzes nach IDW S 1 hat relevante Auswirkungen auf Unternehmenswerte. Die Ableitung des Basiszinssatz erfolgt kapitalmarktorientiert anhand der Renditen von Anleihen der öffentlichen Hand (Bundesanleihen). Insofern werden künftige Zinssatzanpassungen der führenden Notenbanken wie FED (Federal Reserve; US-Notenbank) und EZB mittelbar auch Auswirkungen auf den Basiszinssatz haben. Sinkt das allgemeine Zinsniveau, dürfte dies in der Regel einen sinkenden Basiszinssatz und damit tendenziell und bei ansonsten unveränderten Bedingungen wieder steigende Unternehmenswerte zur Folge haben.

Die früheren Leitzinserhöhungen der Notenbanken hatten u.a. deutliche Auswirkungen auf die Fremdfinanzierungskosten für Unternehmen und private Haushalte, die seit Beginn der Leitzinserhöhungen deutlich angestiegen sind. Private Haushalte spüren den Anstieg der Fremdfinanzierungskosten, insbesondere bei der Aufnahme von Krediten zur Immobilienfinanzierung. Unternehmen mit einer hohen Fremdkapitalquote, die Investitionen jahrelang günstig refinanzieren konnten, müssen sich bei anstehenden Umschuldungen zukünftig zu ungünstigeren Konditionen finanzieren. Gleichzeitig führte das gestiegene Zinsniveau bei ansonsten gleichen Bewertungsparametern zu sinkenden Unternehmenswerten und damit zu erhöhten Wertminderungsrisiken.

Aufgrund der bereits vorgenommenen acht Zinssenkungen der EZB seit Juni 2024 erwarten Analysten im Sommer 2025 zunächst keine weiteren Zinssenkungen. Die nächste Zinssitzung der EZB ist für den 23./24.7.2025 geplant.

Die Entwicklung des für Unternehmensbewertungen relevanten Basiszinssatzes ist derzeit geprägt durch eine Gemengelage an sich überlagernden Effekten, daher ist die weitere Zinsentwicklung für das kommende zweite Halbjahr 2025 noch nicht abschätzbar.

Wenn das allgemeine Zinsniveau weiter sinkt, dürfte dies die Kapitalkosten der Unternehmen in der Weise beeinflussen, dass auch diese sinken werden. In der Folge steigen bei ansonsten unveränderten Bewertungsparametern die Unternehmenswerte und etwaige Wertminderungsrisiken nehmen ab. Insofern bleiben die Auswirkungen der aktuellen und künftigen Notenbankpolitik auf den Kapitalmarkt und die Unternehmenswerte abzuwarten.

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

StB Sebastian Schöffel, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München

 

 

BC 7/2025

BC20250714

 

 

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