Dr. Hans-Jürgen Hillmer
Wirtschaftslage 2024/2025 gemäß Creditreform-Analyse vom 13.3.2025

Die Stimmung im Handwerk ist auf dem tiefsten Stand seit der Weltfinanzkrise 2008/2009. Negative Kennzahlen lassen nur kleine Spielräume für Hoffnung auf Besserung zu. Umso wichtiger ist es, dass positive politische Signale zur Stärkung der deutschen Wirtschaftskraft nicht im Partei-Kleinklein zerredet werden.
Praxis-Info!
Problemstellung
Die Creditreform Wirtschaftsforschung hat am 13.3.2025 anlässlich der Münchener Handwerksmesse die neuesten Zahlen zur Wirtschaftslage und Finanzierung im Handwerk 2024/2025 veröffentlicht. Als Ursache gilt in erster Linie die Rezession, die vor allem dem Bausektor zu schaffen macht. Aber auch strukturelle Versäumnisse der Vergangenheit schlagen sich in den negativen Kennzahlen nieder. Die Stimmung unter den Betrieben ist so schlecht wie seit 15 Jahren nicht mehr. Der Geschäftslageindex fiel auf 45,8 Punkte und erreichte damit den niedrigsten Stand seit 2010. Lediglich 51,6% der von Creditreform befragten Betriebe bewerteten ihre Geschäftslage als gut oder sehr gut (Vorjahr: 55,3%). Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, sieht vor allem Bremsspuren in der Bauwirtschaft: „Umsatz, Personal, Eigenkapital, Insolvenzen – die Rezession trifft das Handwerk mit großer Wucht.“
Vier Problemdimensionen
1. Zunehmende Insolvenzen
Die Zahl der Insolvenzen im Handwerk stieg 2024 um 18,9% auf insgesamt 4.350 Fälle (2023: 3.660). Dies ist der höchste Wert seit 2016. Besonders stark betroffen sind das Handwerk für den gewerblichen Bedarf (plus 38,9%) und das Ausbaugewerbe (plus 21,8%). Einzig im Nahrungsmittelhandwerk gingen die Insolvenzzahlen zurück (minus 11,8%). Hantzsch stellt fest: „Vielen Handwerksbetrieben, vor allem im Baubereich, brechen die Aufträge weg. Gleichzeitig stiegen die Kosten für Kredite und Personal. Unter dieser Doppelbelastung brechen viele zusammen.“ Daher rechnen die Creditreform-Experten in den kommenden Monaten mit steigenden Insolvenzzahlen.
2. Sinkende Eigenkapitalquoten
Aus Sicht des Forderungsmanagements besteht auch Anlass zur Besorgnis, weil die Zahl der eigenkapitalschwachen Handwerksbetriebe steigt. 34,5% der Unternehmen verfügen über eine Eigenkapitalquote von weniger als 10% – dies ist der höchste Wert seit über einem Jahrzehnt (Vorjahr: 32,0%). Der Anteil der Betriebe mit einer Eigenkapitalquote von über 30% bleibt mit 25,4% hingegen stabil. Mit den Creditreform-Experten ist darauf hinzuweisen, dass der gestiegene Anteil eigenkapitalschwacher Firmen die Abhängigkeit von Fremdkapitalgebern und Kreditkonditionen erhöht. Zwar habe die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) die Finanzierungssituation leicht verbessert, doch vielen Betrieben fehle weiterhin die Ertragskraft.
3. Erdrückende Bürokratielasten
Weiter zunehmende Bürokratielasten werden für das Handwerk zu einem immer größeren Problem. 79,3% der befragten Betriebe berichteten von einer Zunahme des Verwaltungsaufwands; ein Drittel (32,9%) gibt an, wöchentlich mehr als zehn Stunden für administrative Aufgaben aufbringen zu müssen. Ein weiteres Viertel der Befragten (23,3%) investiert zwischen sechs und zehn Stunden pro Woche in Bürokratiearbeit. Hantzsch fasst zusammen: „Regulierungen und Dokumentationspflichten sind für die Unternehmen ein erheblicher Kostenfaktor und ein Wettbewerbsnachteil. Mehr als die Hälfte der Betriebe muss inzwischen einen Mitarbeiter für Bürokratieaufgaben abstellen, was zusätzliche Kosten verursacht.“ Die Grafik offenbart die negativen Folgen: zusätzliche Kosten und längere Wartezeiten für Kunden.

Abb.: Folgen der zunehmenden Bürokratielasten
4. Anhaltender Personalabbau
Die schwierigen Rahmenbedingungen spiegeln sich auch im anhaltenden Personalabbau. 22,9% der Betriebe reduzierten ihren Personalbestand, während nur 19,3% zusätzliches Personal einstellten. Hauptgründe für den Rückgang sind das altersbedingte Ausscheiden von Fachkräften und eine verhaltene Einstellungsbereitschaft aufgrund der unsicheren Wirtschaftslage. In den kommenden Monaten dürften saisonale Effekte wieder zu mehr Einstellungen führen. 21,4% der Betriebe planen eine Personalaufstockung, während 10,6% weiterhin Stellen abbauen wollen. Obwohl in der aktuellen Krise der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge den Anpassungsbedarf zwar abfedert, warnen die Creditreform-Experten jedoch davor, dass langfristig dem Handwerk die Fachkräfte fehlen werden.
Anzeichen für Entspannung
Allerdings gibt es neben steigenden Insolvenzzahlen und fehlendem Personal auch Zeichen der Hoffnung für diesen wichtigen Wirtschaftsbereich. Die Umsatzprognosen der Betriebe sind nicht mehr so pessimistisch wie im Vorjahr. Auch die Ertragsaussichten haben sich leicht verbessert, sind jedoch weiterhin mehrheitlich negativ.
Ein weiteres positives Signal liegt darin, dass die Investitionsbereitschaft wieder steigt. Der Anteil der investierenden Unternehmen kletterte von 41,5% auf 49,2% und erreichte damit das höchste Niveau seit Jahren. Obwohl eine rasche wirtschaftliche Erholung unwahrscheinlich ist, könnte laut Hantzsch das Handwerk zusammen mit der Binnennachfrage dazu beitragen, die Konjunktur zu stabilisieren.
Leichte Erholungstendenzen zeigt das Handwerk für den gewerblichen Bedarf. Im Bereich für private Kunden entwickelte sich das Reparaturgeschäft positiv: Verbraucher nutzen Gebrauchsgegenstände wie Pkw oder Haushaltstechnik länger, wodurch die Nachfrage nach Reparaturleistungen steigt.
- Zum Download dieser und weiterer Informationen siehe hier.
- Abzuwarten bleibt, ob und wie schnell die durchaus positiven Effekte im Rahmen des sog. Sondierungspapiers von CDU, CSU und SPD vom 8.3.2025 (siehe hier) tatsächlich umgesetzt werden. Ohne parteipolitischen Pragmatismus wird es nicht gehen. Eine mit erhobenem Zeigefinger geführte Wortbruch-Diskussion bringt das Land nicht weiter – im Gegenteil. Es muss jenseits persönlicher Befindlichkeiten gehandelt werden, und zwar schnell!
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Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld
BC 4/2025
BC20250408