Prof. Dr. Christian Zwirner
OLG Köln Beschl. v. 9.4.2024 – 28 Wx 2/24
Die Einreichung eines irrtümlich als vor Feststellung bezeichneten Jahresabschlusses genügt nicht der Offenlegungspflicht der §§ 325 f. HGB. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat in seiner Entscheidung vom 9.4.2024 entsprechend entschieden und hält damit an seiner ständigen Rechtsprechung fest. Zudem weist der Senat auf die Sorgfaltspflichten der Gesellschaft hin, die korrekte Offenlegung zu überprüfen. Das gilt auch dann, wenn ein fachkundiger Dritter zur Offenlegung beauftragt wurde.
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Mit Beschluss vom 9.4.2024 (28 Wx 2/24) äußert sich das OLG Köln zur Einreichung eines irrtümlich als vor Feststellung bezeichneten Jahresabschlusses und hält dabei an seiner ständigen Rechtsprechung fest. Demnach genügt die Einreichung eines irrtümlich als vor Feststellung bezeichneten Jahresabschlusses der Offenlegungspflicht nach §§ 325 f. HGB nicht. Ein bußgeldbewährter Verstoß im Sinne des § 334 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 HGB gegen die in § 328 Abs. 1a S. 1 HGB geregelten Inhaltsvorgaben der Offenlegung liegt in derartigen Konstellationen nicht vor.
Im zugrunde liegenden Sachverhalt wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500 € wegen unterlassener Einreichung der Jahresabschlussunterlagen für das Geschäftsjahr 2018 festgesetzt. Zuvor wurde der Beschwerdeführerin die Verhängung eines Ordnungsgelds wegen unterlassener Einreichung der Jahresabschlussunterlagen für das Geschäftsjahr 2018 angedroht, woraufhin die Beschwerdeführerin Einspruch einlegte, da die Unterlagen bereits zum 16.2.2020 eingereicht worden seien. Diese Unterlagen enthielten allerdings die Angabe: „Der Jahresabschluss ist vor der Veröffentlichung noch nicht festgestellt worden“. Am 2.11.2021 wurde der Einspruch verworfen und das angedrohte Ordnungsgeld festgesetzt.
Der Umstand, dass die Bezeichnung des Jahresabschlusses durch die Beschwerdeführerin als „vor Feststellung“ irrtümlich erfolgt ist, ändert hieran nichts. Diese Auslegung steht in Einklang mit dem Sinn und Zweck der Offenlegungspflicht, den Wirtschaftsverkehr durch Information der Marktteilnehmer und die Kontrollmöglichkeit der betroffenen Gesellschaften – angesichts deren nur beschränkter Haftung – effektiv zu schützen. Diesem Zweck dient auch das stark formalisierte Verfahren zur Durchsetzung der Offenlegungspflicht. Ein als noch nicht festgestellter Jahresabschluss bezeichneter Jahresabschluss hat nur den Charakter eines Entwurfs. Er reicht daher nicht aus, um die Marktteilnehmer angemessen zu informieren. Andernfalls wäre das Unternehmensregister keine verlässliche Informationsquelle mehr; mithin würde die Publizitätswirkung des Unternehmensregisters ausgehöhlt.
Das OLG Köln weist zudem auf die erhöhten Sorgfaltspflichten der Gesellschaft nach Erhalt der Androhungsverfügung und Nachfristsetzung hin. Auch wenn die Gesellschaft die Offenlegung durch einen fachkundigen Dritten (z.B. Steuerberater) durchführen lässt, hat die Gesellschaft dies zu überwachen und das Ergebnis der Offenlegung unverzüglich auf seine Richtigkeit zu prüfen. Die Versäumung der Offenlegungspflicht ist von der Gesellschaft verschuldet, wenn keine Überprüfung der Tätigkeit des fachlichen Dritten stattgefunden hat.
Die strengen formellen Anforderungen, die an die Erfüllung der Offenlegungspflicht gestellt werden, dienen der Sicherstellung der Publizitätswirkung des Unternehmensregisters. Dementsprechend hat die ständige Rechtsprechung herausgearbeitet, dass ein nicht festgestellter (oder irrtümlicher als solcher bezeichneter) Jahresabschluss nicht der Offenlegungspflicht genügt. Die Entscheidung des OLG Köln hebt auch die Sorgfaltspflichten aufseiten der Gesellschaften hervor, die trotz der Beauftragung eines fachkundigen Dritten zur Offenlegung zu überprüfen haben, ob die Offenlegung korrekt erfolgt ist.
Ergebnis: Bereits § 325 Abs. 1 Nr. 1 HGB macht deutlich: Allein ein festgestellter Jahresabschluss genügt den Anforderungen an die Offenlegungspflichten. Fehlt die Feststellung oder ist der Jahresabschluss nur vorläufig, erfüllt dieser Jahresabschluss nicht die gesetzlichen Offenlegungspflichten. |
WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)
BC 2/2025
BC20250210