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Rückstellung für Insolvenzverwaltervergütung

Prof. Dr. Christian Zwirner und Michael Vodermeier

Bildung einer Rückstellung für die Insolvenzverwaltervergütung nicht vor Abschluss des Insolvenzverfahrens

 

Eine Rückstellung für eine Insolvenzverwaltervergütung ist bei sowohl betrieblich als auch privat veranlassten Schulden nicht zulässig, da die Voraussetzungen der Abzugsfähigkeit nicht gegeben sind. Unabhängig davon hängen laut dem Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz auch die rechtlichen und wirtschaftlichen Bezugspunkte der Verpflichtung zur Vergütung des Insolvenzverwalters vom Ende des Insolvenzverfahrens ab. Im Ergebnis ist eine Rückstellung vor dem Ende des Insolvenzverfahrens somit nicht zulässig.

 


 

Praxis-Info!

Das FG Rheinland-Pfalz hat in seinem Urteil vom 19.9.2023 (5 K 1800/19) über die Bildung einer Rückstellung für die Insolvenzverwaltervergütung entschieden. Die Bildung einer Rückstellung für die Insolvenzverwaltervergütung war in dem Verfahren nach Auffassung des FG Rheinland-Pfalz gleich aus mehreren Gründen unzulässig.

 

 

Problemstellung

Gegenstand des Verfahrens war die Zulässigkeit der Bildung einer Rückstellung vor Abschluss des Insolvenzverfahrens. Im vorliegenden Fall wurde das Insolvenzverfahren sowohl über das private als auch über das betriebliche Vermögen eröffnet. Für die Streitjahre wurde eine Rückstellung für die Insolvenzverwaltervergütung vorgenommen, der wiederum eine Berechnung zur Aufteilung derselbigen auf den betrieblichen sowie den privaten Bereich zugrunde gelegt wurde. Die Insolvenzverwaltervergütung belief sich demnach auf 87,83% für den betrieblichen Bereich und auf 12,17% für den privaten Bereich.

Die Bildung der Rückstellung wurde vom Finanzamt abgelehnt und folglich in den Steuerbescheiden der Streitjahre nicht berücksichtigt.

 

 

Lösung

Das FG Rheinland-Pfalz kam aus folgenden Gründen zur Unzulässigkeit der Rückstellungsbildung:

Laut FG Rheinland-Pfalz scheidet die Bildung einer Rückstellung für die Insolvenzverwaltervergütung aus, wenn private Schulden bestehen. Hierfür orientiert sich das FG Rheinland-Pfalz an der Rechtsprechung des BFH zu den Überschusseinkünften (BFH Urt. v. 7.8.1990 – IX R 139/86). Die Durchführung des Insolvenzverfahrens dient nach § 1 InsO dazu, die Gläubiger des Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird. Das Verbraucher­insolvenzverfahren betreffe den Steuerpflichtigen als Person und damit die private Lebensführung, da die geordnete Befriedigung der Gläubiger ermöglicht werden soll und diese Schuldentilgung dem Vermögensbereich des Steuerpflichtigen zuzurechnen ist. Laut FG Rheinland-Pfalz gilt dies auch für das Regelinsolvenzverfahren im vorliegenden Fall, sodass die Insolvenzverwaltervergütung nicht abzugsfähig ist, wenn auch private Schulden bestehen.

Die Insolvenzverwaltervergütung erfülle zudem nur das objektive Tatbestandsmerkmal einer Betriebsausgabe (§ 4 Abs. 4 EStG) bzw. von Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG) im Sinne eines objektiven Zusammenhangs der Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung, nicht aber das subjektive Tatbestandsmerkmal. Hierfür müssen die Aufwendungen der Einkünfteerzielung subjektiv zu dienen bestimmt sein.

Laut FG Rheinland-Pfalz ist überdies der Antrag auf Durchführung eines Insolvenzverfahrens entscheidend für das Entstehen der Insolvenzverwaltervergütung, welcher wiederum multikausalen Ursprungs und somit keiner einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen sei. Als mögliche Ursache kommen beispielsweise kritische Lebensereignisse, wie Scheidung, Tod eines Partners, Krankheit oder Unfall oder Zahlungsschwierigkeiten wegen unwirtschaftlicher Haushaltsführung oder längerfristigem Niedrigeinkommen, in Betracht. Auch die Kenntnisse und Fähigkeiten des Steuerpflichtigen sind hierbei von Bedeutung, wenn eine Selbständigkeit aufgrund der Fehler des Steuerpflichtigen in Bereichen wie Geschäftsführung, Kalkulation, Planung, Akquise, Personalführung, Überwachung, Disziplin oder Selbsteinschätzung usw. scheitert. Mangels Betriebsausgabe komme daher die Bildung einer Rückstellung nicht in Betracht, denn die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzte voraus, dass die betrieblich veranlasste Verbindlichkeit bei Entstehen als Betriebsausgabe abzugsfähig wäre.

Losgelöst von den fehlenden Tatbestandsvoraussetzungen einer Betriebsausgabe bzw. von Werbungskosten könne laut FG Rheinland-Pfalz bei Vorliegen von betrieblichen und privaten Schulden allenfalls von gemischt veranlassten Aufwendungen auszugehen sein. Durch das Insolvenzverfahren sollen nämlich nicht nur die Gläubiger betrieblicher, sondern auch privater Verbindlichkeiten befriedigt werden. Zur steuerlichen Berücksichtigung der Aufwendungen ist wiederum eine Aufteilung der Aufwendungen nach objektiven Kriterien erforderlich.

Laut FG Rheinland-Pfalz fehlt es allerdings bisher an Rechtsprechung hinsichtlich eines möglichen Aufteilungsmaßstabs einer sowohl betrieblich als auch privat veranlassten Insolvenzverwaltervergütung. Grundsätzlich kämen zwar folgende Aufteilungsmaßstäbe in Betracht:

  • nach Maßgabe der angemeldeten privaten und unternehmerischen Verbindlichkeiten (wie beim Vorsteuerabzug),
  • nach dem Verhältnis der aus der Masse befriedigten privaten und betrieblichen Insolvenzforderungen,
  • nach dem Verhältnis der zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger eingesetzten privaten und betrieblichen Vermögensmassen,
  • nach Zeitaufwand, sprich wie viel Zeit der Insolvenzverwalter jeweils für die privaten bzw. betrieblichen Insolvenzforderungen, das private bzw. betriebliche Vermögen und/oder die privaten bzw. betrieblichen Insolvenzgläubiger aufgewendet hat.

Allerdings komme es je nach Anwendung des einen oder des anderen Aufteilungsmaßstabs zu derart unterschiedlichen Ergebnissen, dass die Trennung willkürlich sei und die Aufwendungen daher insgesamt dem Abzugsverbot unterliegen.

Daneben ist laut FG Rheinland-Pfalz eine Rückstellung für eine Insolvenzverwaltervergütung auch deshalb nicht zulässig, da die rechtliche Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung erst mit Beendigung des Insolvenzverfahrens bestehe. Der Insolvenzverwalter könne regelmäßig erst dann die Festsetzung seiner Vergütung verlangen, wenn lediglich der Schlusstermin und die Schlussverteilung ausstehen. Der rechtliche Bezugspunkt der Verpflichtung liege nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft. Damit mangelt es am rechtlichen Entstehen der Verpflichtung vor dem Ende des Insolvenzverfahrens.

Unabhängig davon liege auch der wirtschaftliche Bezugspunkt der Insolvenzverwaltervergütung nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft. Notwendige Voraussetzung einer ungewissen Verbindlichkeit ist allerdings, dass ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag liegt. Laut Ausführungen des FG Rheinland-Pfalz ist die Vergütung des Insolvenzverwalters aber davon abhängig, dass am Ende des Insolvenzverfahrens überhaupt eine Masse zur Vergütung des Insolvenzverwalters vorhanden ist. Wirtschaftlich verursacht kann der Vergütungsanspruch somit erst am Ende des Insolvenzverfahrens sein, wenn klar ist, ob Masse zur Vergütung des Insolvenzverwalters vorhanden ist.

Im Ergebnis ist die Bildung einer Rückstellung für die Insolvenzverwaltervergütung vor dem Ende des Insolvenzverfahrens nicht zulässig. Das FG Rheinland-Pfalz kommt damit zu der Schlussfolgerung, dass eine Rückstellung für die Vergütung des Insolvenzverwalters im laufenden Insolvenzverfahren und damit vor dessen Abschluss (aus verschiedenen Gründen) nicht zulässig ist.

 

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

WP/StB Michael Vodermeier, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München

 

BC 10/2024

BC20241006 

 

 

 

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