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Zinsschranke: Feststellung eines EBITDA-Vortrags

BC-Redaktion

OFD Frankfurt/M., Verfügung vom 17.7.2012, S 2742a A - 4 - St 51

 

Es ist gefragt worden, ob ein EBITDA-Vortrag auch in Wirtschaftsjahren entstehen kann, in denen die Zinserträge des Betriebs die Zinsaufwendungen übersteigen. Hierzu ist folgende Auffassung zu vertreten:

Für ein Wirtschaftsjahr mit einem positiven Zinsüberschuss (= Zinserträge eines Betriebs sind gleich hoch oder höher als die Zinsaufwendungen) entsteht kein EBITDA-Vortrag. Nach dem Wortlaut des § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 EStG entsteht ein EBITDA-Vortrag nicht in Wirtschaftsjahren, in denen § 4h Abs. 2 EStG die Anwendung von § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG ausschließt. Nach der von dem Gesetz vorgegebenen Prüfungsreihenfolge ist zunächst nach § 4h Abs. 2 EStG zu prüfen, ob überhaupt ein Anwendungsfall der Zinsschranke gegeben ist, weil

– der Nettozinsaufwand die Freigrenze überschreitet,

– der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalausstattung schlechter ist als die des Gesamtkonzerns,

bzw. eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung (§ 8a KStG) vorliegt. Erst wenn danach ein Anwendungsfall der Zinsschranke zu bejahen ist, sind nach § 4h Abs. 1 EStG die abziehbaren Zinsaufwendungen, das verrechenbare EBITDA, der Zinsvortrag und der EBITDA-Vortrag zu ermitteln.

§ 4h Abs. 1 Satz 1 EStG gibt dabei ausschließlich die rechnerische Ermittlung der abziehbaren Zinsaufwendungen vor und regelt nicht einen zusätzlichen „Escape“ für den Fall, dass die Zinserträge gleich hoch oder höher sind als die Zinsaufwendungen. Diese Fallgruppe ist von der Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG erfasst. Der Einschub „soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt“ ist in das Gesetz aufgenommen worden, um die absolute Höhe der Freigrenze zu definieren. Umfasst vom Wortlaut der Freigrenzenregelung sind aber auch die Fälle mit einem positiven Zinsüberhang, denn auch in diesem Fall betragen die Zinsaufwendungen nach Abzug der Zinserträge weniger als 3 Mio. €.

Im Übrigen kann auch nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ein EBITDA-Vortrag nicht in Wirtschaftsjahren entstehen, in denen die Zinserträge gleich hoch oder höher sind als die Zinsaufwendungen. Es gibt keinen Differenzierungsgrund, Fälle mit einem Nettozinsaufwand von weniger als 3 Mio. € anders zu behandeln als Fälle mit einem positiven Zinsüberschuss, denn beide Fallgruppen kennzeichnet der Umstand, dass die Zinsschranke von vornherein nicht zur Anwendung kommt. Der Gesetzgeber wollte beide Fallgruppen durch die Formulierung „ein EBITDA-Vortrag entsteht nicht in Wirtschaftsjahren, in denen Absatz 2 die Anwendung von Absatz 1 Satz 1 ausschließt“ von einem EBITDA-Vortrag ausschließen. Für die Anwendung des § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 EStG ist dabei auch nicht auf die Definition des § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 EStG zurückzugreifen. Denn nach der Systematik des Gesetzes ist für die Frage des EBITDA-Vortrags in einem ersten Schritt zu prüfen, ob im Grundsatz die Zinsschranke überhaupt zur Anwendung kommt. Nur wenn ein Anwendungsfall der Zinsschranke gegeben ist, kann ein EBITDA-Vortrag überhaupt entstehen. Die Höhe des EBITDA-Vortrags ist dann in einem zweiten Schritt nach § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 EStG zu ermitteln.

 

 

Praxis-Info!

Im Rahmen der Zinsschranke sind Zinsaufwendungen bis zur Höhe der Zinserträge (Zinssaldo) und darüber hinaus in Höhe von 30% des steuerlichen EBITDA sofort als Betriebsausgabe abzugsfähig.

 

 

EBITDA = earnings before interest, taxes, depreciation and amortization; das bedeutet „Ertrag vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände”.

Das steuerliche EBITDA errechnet sich wie folgt:

Gewinn vor Steuern

+ planmäßige Abschreibungen und Zinsaufwendungen

./. Zinserträge 

 

 

§ 4h Abs. 1 Satz 3 EStG sieht seit dem 1.1.2010 Folgendes vor: Liegen die tatsächlichen Zinsaufwendungen des Unternehmens höher als der Abzugsrahmen der Zinsschranke, kann der nicht ausgeschöpfte Teil des Abzugsrahmens in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorgetragen werden (EBITDA-Vortrag). Dieser EBITDA-Vortrag erhöht in den folgenden Wirtschaftsjahren die Abzugsmöglichkeit für Zinsaufwendungen.

 

 

Beispiel zur Berechnung des EBITDA-Vortrags:

 

a) Berechnung des negativen Zinssaldos:

Zinsertrag                    5,0 Mio. €

./. Zinsaufwand           35,0 Mio. €

= negativer Zinssaldo  30,0 Mio. €

 

b) Berechnung des steuerlichen EBITDA:

Steuerpflichtiger
Gewinn (gemäß
§ 4h Abs. 3 EStG)          20,0 Mio. €

+ Steuern                    10,0 Mio. €

+ Zinsaufwendungen    45,0 Mio. €

+ Abschreibungen        20,0 Mio. €

./. Zinserträge              15,0 Mio. €

= EBITDA                    80,0 Mio. €

 

Berechnung des abziehbaren Zinsaufwands:

80 Mio. x 30% =       24,0 Mio. €

 

Ergebnis: 24,0 Mio. € des negativen Zinssaldos sind steuerlich sofort als Betriebsausgabe abziehbar. Die verbleibenden 6,0 Mio. € (30,0 Mio. € ./. 24,0 Mio. €) sind steuerlich außerhalb der Bilanz vorzutragen. 

 

 

Allerdings entsteht kein EBITDA-Vortrag in den Wirtschaftsjahren, in denen (gemäß § 4h Abs. 2 EStG) die Anwendung der Zinsschranke ausgeschlossen wird (sog. Zinsschranken-Escape). Folglich erhöht sich der EBITDA-Vortrag nicht in den Wirtschaftsjahren, wenn folgende Ausnahmetatbestände erfüllt sind:

  • Der negative Zinssaldo ist kleiner als 3 Mio. € – maximal 2.999.999,99 € (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG); Folge: sofortiger Abzug als Zinsaufwand möglich.
  • Die Zinsschranke greift nur, wenn der Betrieb zu einem Konzern gehört (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG).
  • Die Escape-Klausel findet Anwendung (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG). Hierbei wird die Eigenkapitalquote des Betriebs mit der Eigenkapitalquote des Konzerns verglichen. Ist die Eigenkapitalquote des Betriebs gleich hoch oder höher als die des Konzerns, greift die Zinsschranke nicht. Maßgeblich für den Vergleich ist das Eigenkapital am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages. Um unvorhersehbare Schwankungen der Eigenkapitalquote aufzufangen und die Inanspruchnahme der Escape-Klausel – insbesondere in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld – zu erleichtern, darf die Eigenkapitalquote des Betriebs die des Konzerns um bis zu 2%-Punkte unterschreiten.

Der Nettozinsaufwand (Zinsaufwendungen ./. Zinserträge) ist in Höhe von 30% des verrechenbaren EBITDA abzugsfähig (siehe auch Berechnungsbeispiel oben):

  • Übersteigt das verrechenbare EBITDA den Nettozinsaufwand, ist der übersteigende Betrag (nach § 4h Abs. 1 Satz 3 EStG) vorzutragen.
  • Übersteigt hingegen der Nettozinsaufwand das verrechenbare EBITDA des laufenden Jahres, sind diese Zinsaufwendungen (nach § 4h Abs. 1 Satz 4 EStG) bis zur Höhe des EBITDA-Vortrags aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren abziehbar.

Die EBITDA-Vorträge mindern sich in ihrer zeitlichen Reihenfolge, wobei der älteste EBITDA-Vortrag zuerst verbraucht wird. Der Vortrag ist zeitlich auf fünf Jahre begrenzt, weshalb der EBITDA-Vortrag bis zum Ende des fünften Jahres nach Entstehen verbraucht sein sollte. Übersteigen Zinsaufwendungen des laufenden Jahres auch den EBITDA-Vortrag, sind sie in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (Zinsvortrag).

 

 

Anwendungshinweis:

Zum besseren Verständnis der Behandlung des EBITDA-Vortrags in den Folgejahren findet sich bei Wittkowski/Hielscher in der Januar-Ausgabe BC 2010, S. 15, ein Anwendungsbeispiel.

 

[Anm. d. Red.]

 

 

 

BC 9/2012 

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