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Zusammenhänge von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette und Reportingpflichten

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Wesentliche Aspekte einer BVBC-AK-Sitzung vom 5.9.2023 in Köln

 

KMU werden mit der schrittweisen Ausweitung der EU-Gesetzgebung zum Reporting bereits durch ihre Rolle als Zulieferer mittelbar immer weitreichendere Transparenz- und Berichtspflichten erfüllen müssen. Hinzukommen die Anforderungen, die sich aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ergeben, sodass die Zusammenhänge mit den Reportingpflichten ein wichtiger Themenkreis sind.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Am 5.9.2023 begrüßte der AK-Leiter Univ.-Prof. Dr. Stefan Müller zahlreiche in Köln anwesende und via MS Teams zugeschaltete Teilnehmer zur sechsten Sitzung des Arbeitskreises (AK) Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) des BVBC e.V., die beim Bundesanzeiger Verlag in Köln stattfand. Zur Umsetzung der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive – Europäische Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung) in deutsches Recht lag seinerzeit der Referentenentwurf immer noch nicht vor. Hierbei werden aber wenige Überraschungen erwartet, da es kaum Mitgliedstaatenwahlrechte gibt. Diese beziehen sich vor allem auf den Bereich der Prüfung (zur Verengung als Vorbehaltsaufgabe siehe zuletzt Hillmer im BC-Newsletter vom 14.9.2023). Vermutlich wird es zu einer rückwirkenden Anwendungspflicht kommen, da die Mitgliedstaaten bis Mitte 2024 Zeit haben, um die CSRD in nationales Recht umzusetzen, das dann jedoch bereits ab Januar 2024 anzuwenden ist. Hinzu kommen die Anforderungen, die sich aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ergeben, sodass die Zusammenhänge mit den Reportingpflichten ein zentrales Thema der AK-Sitzung waren.

 

 

Lösung

In einem Impulsvortrag ging die Rechtsreferentin Ursula Stiens vom Bundesanzeiger Verlag auf diese Zusammenhänge von CSRD/ESRS (European Sustainability Reporting Standards – EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung) und LkSG ausführlich ein. Sie zeigte die Unterschiede und Schnittmengen im Schutzbereich sowie die Unterschiede bei den unmittelbar und mittelbar betroffenen Unternehmen auf. Von CSRD/ESRS mittelbar betroffen sind Unternehmen in der Wertschöpfungskette von berichtspflichtigen Unternehmen. Die rechtlichen Anforderungen aus dem LkSG wurden von der Referentin in einer Schematisierung der einzelnen Sorgfaltspflichten veranschaulicht. Die nur wenigen Kapitalgesellschaften auferlegten Pflichten weiten sich entlang der Wertschöpfungskette stark aus.

Vor allem ging Stiens auch auf die mittelbare Betroffenheit von KMU im Rahmen des LkSG ein. In mehreren Aspekten muss eine Zusammenarbeit der verpflichteten Unternehmen mit ihren (kleineren) Zulieferern stattfinden, damit die Pflichten des LkSG erfüllt werden können. Wichtig sind für KMU aber auch die Handreichungen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), die verdeutlichen, welche Pflichten für sie nicht bestehen, was nicht zulässig ist und was sie beachten sollten.

Vor allem ist es nicht zulässig, dass Zulieferer pauschal zusichern müssen, dass keine Risiken oder Verstöße vorliegen. Dennoch bzw. gerade deshalb ist eine Zusammenarbeit unabdingbar. Das LkSG fordert hierzu einen risikobasierten Ansatz, d.h., nur relevante Themen werden betrachtet (vgl. Wesentlichkeitsanalyse gemäß Reportinganforderungen). Inhaltliche Übereinstimmungen mit den ESRS gibt es vor allem im Bereich Soziales, aber auch im Bereich Umwelt (ESRS E2 und E5). Es ist wichtig, so betonte die Referentin, sich frühzeitig mit den Anforderungen zu beschäftigen, auch wenn Unternehmen bisher nur indirekt betroffen sind.

Im Anschluss an den Vortrag fand ein reger Austausch unter den Teilnehmern statt. Hierbei wurde zum einen auf die Frage eingegangen, ob es sich bei den BAFA-Handreichungen um feste Vorgaben handelt. Da der Bericht im Rahmen des LkSG beim BAFA eingereicht werden muss und dessen Mitarbeiter die Prüfung übernehmen, ist es ratsam, sich an den Hinweisen und Leitfäden des BAFA zu orientieren. Auch gibt es bereits erste Berichte, dass das BAFA sich die Praxis anschaut und zum Teil bereits Fragen an Unternehmen stellt.

Zwar besteht für KMU keine Pflicht zu einer eigenen Risikoanalyse und Prüfung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen. Auch sind kein eigenes Beschwerdeverfahren und kein eigener Bericht an das BAFA vorgesehen. Dennoch sollten KMU, so Stiens, auch ohne rechtliche Verpflichtung die Mitwirkung intensiv gestalten: Vorteile sind

  • das frühzeitige Erkennen von Risiken,
  • Wettbewerbsvorteile,
  • die Erleichterung der Verhandlungen mit ihren Kunden und
  • die Einhaltung der eigenen Legalitätspflicht sowie
  • die Einhaltung weiterer ggf. künftiger Pflichten, z.B. aus der CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – Sorgfaltspflichten der Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit) oder den ESRS.

 

 

Praxishinweise:

  • Für den Einstieg in die Themen „LkSG und CSRD“ für nicht berichtspflichtige Unternehmen wurde geraten, sich zunächst mit dem eigenen Geschäftsbereich zu beschäftigen und dann die Betrachtung auf die Lieferkette sowie die Risikoanalyse zu erweitern. Oft sei diese Art des strategischen Denkens in KMU noch nicht verankert, und so könne ein entsprechendes Vorgehen bereits erhellende Erkenntnisse bringen. Wichtig sei, dass mehrere Abteilungen in die Prozesse eingebunden werden und die Mitarbeitenden über die Thematik in Kenntnis gesetzt werden.
  • In einem weiteren Impulsvortrag stellten Eddie Tjin (kaufmännischer Geschäftsführer des AGA Norddeutscher Unternehmensverbands, eddie.tjin@aga.de) und Lina Warnke (Referentin Betriebswirtschaft und Studien, lina.warnke@aga.de) das AGA-Nachhaltigkeitssiegel vor. Ausgangspunkt war eine Befragung der Mitgliedsunternehmen, die Anfang 2022 stattfand. Demnach hat für 77% der befragten Unternehmen Nachhaltigkeit einen (sehr) hohen Stellenwert im Unternehmen. Vor allem soziale Themen, aber auch der Energieverbrauch sind besonders relevant. Hauptgründe, warum sich die Unternehmen mit Nachhaltigkeit befassen, sind die eigene ökologische und soziale Verantwortung, Anforderungen von Geschäftspartnern sowie die Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber (mehr dazu demnächst in einem separaten Beitrag).


Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

BC 10/2023

BC20231018

 

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